Potsdamer Neueste Nachrichten 13.03.08
Gemeinde würde „geknebelt“
Auch neuer Mietvertrag für Seeberg-Grundschule in der Kritik / Warnik:
"Experiment jetzt beenden"
Von Peter Könnicke
Kleinmachnow - Fast
vier Jahre ist es her, als die Kleinmachnower Gemeindevertreter beschlossen,
eine dritte Grundschule zu errichten. Um sich einen Neubau zu sparen, wählte
man das Haus 5 des Seeberg-Ensembles als Standort, wo nunmehr seit drei
Schuljahren unterrichtet wird. „Eine idealtypische Lösung“ jubilierte damals
SPD-Gemeindevertreter Jens Klocksin. „Ein intelligenter Umgang mit dem
Bestand“, sekundierte sein Fraktionskollege Michael Scharp.
Die Idee, das Haus von der Internationalen Schule – Eigentümerin des
Gebäudekomplexes – zu mieten und dieser es später für eigene Zwecke zu
überlassen, überzeugte schließlich auch die Skeptiker, die den Bedarf einer
weiteren Grundschule bezweifelten: „Einen besseren Standort als den Seeberg
gibt es nicht“, befand letztlich auch Bernd Pape von der Lokalunion.
Inzwischen hat sich die Tonart
geändert: In der heutigen Sitzung der Gemeindevertretung wird die
UBK/WIR-Fraktion beantragen, dass Bürgermeister Wolfgang Blasig (SPD) ein
Konzept für einen alternativen Standort der dritten kommunalen Grundschule
erarbeitet. Denn bislang ist es der Gemeinde und dem Management der Berlin
Brandenburg International School (BBIS) nicht gelungen, einen zufrieden
stellenden Mietvertrag auszuhandeln. Es ist unzureichend geklärt, wie nach Ende
des Mietverhältnisses die BBIS den Zeitwert der Investitionen abgelten will,
die von der Kommune in die Sanierung des Hauses gesteckt werden. Immerhin fünf
Millionen Euro sind dafür vorgesehen, etwa die Hälfte bereits ausgegeben.
„Entsetzt“ zeigte sich CDU-Fraktionschef Ludwig Burkardt über einen ersten
Vertragsentwurf, den Bürgermeister Blasig Mitte Februar vorlegte. Die
Abstandsregelung sei völlig unzureichend formuliert, monierte Burkardt.
Auch die zweite Version der betreffenden Regelung, die vorgestern an die
Gemeindevertreter verteilt wurde, wird zumindest vom WIR-Abgeordneten John
Banhart abgelehnt. Der Vertrag würde die Gemeinde in „unerträglicher Weise“
knebeln. Demnach könne die BBIS die Nutzung des Gebäudes aufkündigen, wenn die
Gemeinde bei der Festsetzung des Bebauungsplanes und der Verkehrserschließung
von den im städtebaulichen Vertrag festgesetzten Leitlinien abweicht. „Im
städtebaulichen Vertrag zwischen Gemeinde und BBIS heißt es jedoch bislang,
dass die Gemeinde nicht zu einer bestimmten Planung verpflichtet ist“, so
Banhart. „Das würde jetzt korrigiert werden und die künftige Gemeindevertretung
in ihren verfassungsgemäßen garantierten Rechten eingeschränkt werden.“ Die
Gemeinde wäre den Forderungen der BBIS ausgeliefert. Auch die Modalitäten der
Entschädigung der Gemeinde nach Ende der Mietzeit seien noch immer nicht
eindeutig geregelt. Die Formulierungen seien so, dass sich die BBIS leicht
eines großen Teils der Entschädigungsleistungen entziehen könnte. „Dieser
Knebelmietvertrag ist deshalb nicht akzeptabel“, befindet Banhart. Weitere
Investitionen dürften nur getätigt werden, wenn die Entschädigung zu einem
akzeptablen Zeitwert wirklich garantiert sei. WIR fordert, den Vertrag zu
korrigieren und die Verhandlungen mit Ruhe und Sachverstand zu führen. „Die
hastig zusammengeschriebenen Verträge zu Lasten der Gemeinde, der Steuerzahler und
der Schüler muss endlich ein Ende haben.“
Auch die Linken werden dem Mietvertrag nicht zustimmen – aus Prinzipientreue.
Denn sie waren von Beginn an gegen eine weitere Grundschule und folgten nicht
der damaligen Einladung des Sozialdemokraten Klocksin, „mit ins Boot zu
steigen“. Die Schule sei „Luxus“, argumentierten sie vor vier Jahren, der
Zuwachs an Grundschülern sei zeitlich begrenzt. „Kleinmachnow ist zugebaut, wir
werden in den nächsten Jahren keine gravierenden Einwohnerzuwächse haben“, so
Links-Fraktionschef Klaus-Jürgen Warnick. Daher ist ihm allein schon die
Laufzeit des Mietvertrages bis 2015 zu lang. „Wir müssen die Möglichkeit haben,
vorzeitig auszusteigen.“ Besser noch: „Das Experiment jetzt beenden.“ Schon
jetzt, so Warnick, werde die dritte Grundschule nur „künstlich am Leben
gehalten mit Hilfe der Schulbezirkssatzung, die Eltern „zwinge“, ihre Kinder
auf den Seeberg zu schicken.
„Verärgert“ urteilt Warnick über das Verhalten der einstigen Befürworter des
Seeberg-Standortes: Wir-Vertreter Banhart wende sich ungeniert um 180 Grad, die
CDU „eiert rum“, während die SPD „wenigstens zu ihrer Fehlentscheidung steht“.