Potsdamer Neueste Nachrichten 12.03.08
Schiffsverkehr und
Transportaufkommen haben zugenommen, weshalb der Schleusenausbau gerechtfertigt
wird
Kleinmachnow - Auf
dem Teltowkanal herrscht zunehmend Betriebsamkeit. Nach Angaben des Wasser- und
Schifffahrtsamtes Berlin (WSA) hat im vergangenen Jahr eine Gesamtladung von
1,11 Millionen Tonnen die Kleinmachnower Schleuse passiert – das sind 66
Prozent mehr 2006. „Seit einem Tiefpunkt im Jahr 2003 hat sich das
Güteraufkommen auf dem Teltowkanal inzwischen fast verdreifacht“, sagte
WSA-Leiter Rolf Dietrich gestern gegenüber den PNN.
Der Trend passt zum Plan: Spätestens 2012 soll mit dem Neubau der Schleuse
begonnen werden. Danach sollen durch eine 190 Meter lange Schleusenkammer
Großmotorgüterschiffe und Schubverbände von mehr als 100 Meter Länge fahren,
ohne das letztere entkoppelt werden müssen. Natur- und Umweltschutzverbände,
das Aktionsbündnis gegen den Havelausbau und vor Ort die Bürgerinitiative „pro
Kanallandschaft Kleinmachnower Schleuse“ halten den 50 Millionen teuren Neubau
für volkswirtschaftlichen Unsinn. Zuletzt zitierte Kleinmachnows
Grünen-Bundestagsabgeordnete Cornelia Behm als Beleg gegen das Projekt eine
aktuelle Studie des Bundes zu deutschlandweiten Verkehrsverflechtungen. Darin
wird für Brandenburg ein Rückgang des Güteraufkommens in der Binnenschifffahrt
bis zum Jahr 2025 um fast eine Million Tonnen prognostiziert.
Die Zahlen stehen ganz offensichtlich
im Widerspruch zu den Erhebungen des WSA. Einen „Unfall“ nennt dessen Leiter
Dietrich die Werte in der Bundes-Prognose. Denn diese lege für die märkische
Binnenschifffahrt Zahlen aus 2004 zugrunde – „dem schlechtesten Jahr seit
1945“, so Dietrich. Wenn wie geplant das bundesweite Grundlagengutachten für
regionale Verkehrsknoten spezifiziert werde, sei eine Korrektur für Brandenburg
zu erwarten. Denn schon 2007 habe es einen „kräftigen Anstieg“ des
Güterumschlages für märkische Häfen gegeben. Ein Plus von 16,7 Prozent
gegenüber 2006 gibt des Amt für Statistik Berlin-Brandenburg an. Insgesamt 4,2
Millionen Tonnen sind in Brandenburg und 3,3 Millionen Tonnen in Berliner Häfen
umgeschlagen worden, womit auch in der Bundeshauptstadt Zuwächse zu
registrieren sind. „Und der Zuwachs ist nachhaltig“, weiß Dietrich. Bei Stahl,
Schrott und Kohle ist das Transportgutaufkommen traditionell hoch. Hohe
Wachstumsraten sind bei Holz – als Brennstoff – und Getreide zu verzeichnen.
Auch chemische Erzeugnisse werden zunehmend über Wasserstraßen transportiert.
Zugenommen hat an der Schleuse Kleinmachnow auch der Verkehr von Güterschiffen
und Schubverbänden. 55 Schubverbände passierten die Schleuse, 23 mehr als im
Jahr zuvor. Damit wachse die Bedeutung des Teltowkanals als wichtiges
Bindeglied zwischen der Unteren Havel und der Oder-Spree-Wasserstraße. Große
Schubverbände können nicht, Tankmotorgüterschiffe dürfen nicht über die
Stadtspree fahren, so dass der Teltowkanal der einzige Zugang zu den Häfen und
Industriestandorten im Südosten Berlins und Brandenburgs ist. „Die zuletzt sehr
erfolgreiche Ansiedlungspolitik um die Industrie-, Gewerbe- und Hafenstandorte
in Königs Wusterhausen und Eisenhüttenstadt lässt erwarten, dass der
Güterverkehr auf dem Teltowkanal auch in den kommenden Jahren weiter dynamisch
wachsen wird“, so Dietrich. Daher gebe es zum Ausbau der Kleinmachnow Schleuse
auf 190 Meter Länge keine Alternative. Eine kürzere Schleusenkammer mit 115
Meter nutzbarer Länge würde deutlich größere Eingriffe in Natur und Landschaft
verursachen, da zusätzliche Koppelstellen für lange Schubverbände errichtet
werden müssten.
Grünen-Politikerin Behm überzeugt der aktuelle Trend nicht. Es sei eine Frage
der Verhältnismäßigkeit: Wo wenig sei, lese sich eine Zunahme in Prozent immer
beeindruckend. Doch 55 Schubverbände rechtfertigten den Schleusenausbau noch
immer nicht. Peter Könnicke