Potsdamer Neueste Nachrichten 03.03.08
Das Geforderte selbst vorleben
Standortkonferenz: SPD bekam reichlich Hinweise auf dem Weg zur mehr
regionaler Zusammenarbeit
Stahnsdorf -
Treffender hätte man den Stand nicht beschreiben können. Als Teltows
Bürgermeister Thomas Schmidt (SPD) sinnierte, dass es irgendwann mal eine
„Teltower Erklärung“ geben könnte, in der die enge Zusammenarbeit der Orte
annonciert wird, rief jemand aus dem Publikum: „Warum nicht Stahnsdorfer
Erklärung?“
Genau diese Eitelkeiten und Egoismen waren es, die Kleinmachnow, Teltow und
Stahnsdorf in der Vergangenheit behinderten, spürbar als Einheit zu agieren.
Workshops und Arbeitskreise gab es schon einige, auf denen Strategien
entwickelt und Aufgaben definiert wurden, wie die drei Orten besser kooperieren
können. Am vergangenen Freitag waren es die Sozialdemokraten der drei Kommunen,
die sich in Stahnsdorf zur Regionalen Standortskonferenz trafen. Knapp vier
Stunden wurde bilanziert, analysiert, referiert und visioniert.
Die Diskussion um ein engeres
Zusammenwirken oder gar eine Fusion der drei Orte hat in den vergangenen zwei
Jahren frische Nahrung bekommen, nachdem Brandenburg in neue Förderregionen
gegliedert wurde. Regionale Wachstumskerne heißen jene Gebiete, in denen die
Wirtschaft boomt und daher dank der Fördergunst weiter wachsen sollen – ganz
nach der Devise: Stärken stärken! In der Region Teltow erkannten die
Landesoberen zwar einige Branchen, die besondern kompetent und erfolgreich
sind, als Wachstumskern sehen sie Region aber nicht. Die Reaktionen der
hiesigen Akteure auf diese Absage: Verdruss, Empörung, Gleichgültigkeit. Es gab
die komische Idee einer Fusion zwischen Stahnsdorf und Kleinmachnow, worauf die
brüskierten Teltower für die Nachbarn in Teltow-Fläming schwärmten. Und nur
wenige appellierten, das Nein der Landesregierung als Auftrag zu verstehen,
enger zusammenzurücken und die Fähigkeit zum gemeinsames Handeln zu beweisen.
Woanders in der Mark ist das passiert. In Märkisch Oderland zum Beispiel. Dort
verabredeten sich elf Kommunen, Wege einer engeren Zusammenarbeit zu suchen, um
sich so für das nächste Casting neuer Regionaler Wachstumskerne attraktiv zu
machen. Verwaltung, Politik und Wirtschaft stiegen in ein gemeinsames Boot, zur
besseren Orientierung wurde ein Handlungspapier erarbeitet, zur Regieführung
leistet man sich eine Geschäftsstelle. Und als Signal nach außen
verabschiedeten die elf Kommunen und zwei Landkreise die „Neuenhagener
Erklärung“. „Es war und ist kein einfacher Prozess“, referierte Rainer
Schinkel, Wirtschaftsbeigeordneter von Märkisch Oderland, vor der durchaus
großen SPD-Kulisse in Stahnsdorf.
Am Teltowkanal scheint man davon weit entfernt. Zwar treffen sich hier seit
mittlerweile zehn Jahren die Gemeindevertreter und Stadtverordneten regelmäßig
in der Kommunalen Arbeitsgruppe „Der Teltow“, um Vorhaben, die für alle drei
Orte von Belang sind, zu besprechen. Aber wirklich Greifbares hat das Gremium
nicht vorzuweisen. „Es ist ein zahnloser Tiger“, meint Stahnsdorfs
SPD-Bürgermeisterkandidatin Ruth Barthels, wobei sie beileibe nicht die Erste
ist, die zu dieser Erkenntnis kommt. Allein die Idee, eine Skaterbahn als
Gemeinschaftswerk zu planen, zu finanzieren und bauen zu lassen, wird seit zwei
Jahren beredet.
Oder das Freibad Kiebitzberge, das gern als „Nagelprobe“ für die kommunale
Zusammenarbeit zitiert wird. Zwar teilen sich die drei Kommunen die Kosten für
den Betrieb des Bades auf Kleinmachnower Territorium. Doch eine gemeinsame
Betreibergesellschaft, über die seit mehr als zwei Jahre sinniert wird, ist in
weiter Ferne. Im Juni 2009 könnte sie gegründet werden, so der nun von Teltows
Bürgermeister Schmidt skizzierte Fahrplan. Bis dahin gelte es, alle rechtlichen
Unwägbarkeiten auszuräumen. Genau das diagnostiziert Ruth Barthels als Hemmnis
in der regionalen Zusammenarbeit: Auf halben Weg türmen sich rechtliche Hürden
auf, weil man zuvor die Gesetzeslage nicht ausreichend analysiert habe. Oft
würden zudem lokale Egoismen, fehlender Wille und mangelnde Motivation ein
besseres Miteinander blockieren.
Doch sind zu letzterem die Kommunen in einem Regionalen Wachstumskern
verpflichtet. „Das fordert die Landesregierung“, weiß Jutta Jahns-Böhm, die
heute für die Bundesregierung arbeitet und zuvor in der brandenburgischen
Staatskanzlei an den Mustern für die Neu-Gliederung der Mark mitgeschnitten
hat. Ihr Rat an die politischen Akteure drei Kommunen ist Kritik zugleich:
„Werden Sie selbst aktiv und exerzieren Sie jetzt schon vor, wozu die Region
als Wachstumskern verpflichtet wäre: Zusammenarbeit.“ Da müsse der eine
zugunsten des anderen auch mal nachgeben. Kleinmachnow, Teltow und Stahnsdorf
sollten den Status, den sie anerkannt haben wollen, „bereits jetzt vorleben“.
Handlungsfelder gibt es – nicht nur mit dem Freibad. So gibt es die Idee für
ein verbindendes Rad- und Wanderwegenetz entlang des Teltowkanals. Stahnsdofer,
Kleinmachnower und Teltower haben sich zu einer Interessengemeinschaft vereint,
um das Vorhaben zu verwirklichen. Inzwischen liegt sogar ein Gestaltungskonzept
vor. „Aber Politik und Verwaltung schaffen es nicht, sich über weitere Schritte
zu verständigen“, ärgert sich Initiativensprecher Manfred Kühn.
2130 Mitglieder zählt der Regionale Sportverein (RSV), dessen Name bereits
verrät, welches Einzugsgebiet er bedient. Der Service der Region indes spiegle
das nicht wider. „Ein regionales Sportstättenkonzept“, wünscht sich daher
RSV-Chef Michael Grunwaldt, was zum einen ein belastbaren Argument bei der
Akquise von Fördermitteln wäre und zum anderen ein abgestimmtes Handeln der
drei Kommunen befördert.
Und so gab es am Freitag weitere Ideen für mehr Kooperation: Regionalmarketing,
gemeinsame Standortwerbung, eine gemeinsame Schulentwicklungsplanung, eine
abgestimmte Verkehrplanung. Nicht nur für Landrat Lothar Koch, aufmerksamer
Zuhörer am Freitag, klang das vertraut. Doch während er früher mahnte, die drei
Kommunen sollen doch endlich handeln und nicht nur reden, offenbarte der
Landrat eine neue Erkenntnis: Ohne Hilfe schaffen es die Drei nicht. Koch könne
sich vorstellen, dass der Landkreis einen „deutlichen materiellen Beitrag“ für
die Gründung einer regionalen Entwicklungsgesellschaft leistet, bei der die
Fäden zusammenlaufen. Immerhin: Kochs Offerte kann man durchaus als
„Stahnsdorfer Erklärung“ verstehen.