Potsdamer Neueste Nachrichten 13.02.08

 

Gang durch den Regenbogen

Architektur der neuen evangelischen Grundschule Kleinmachnow soll das Lernen positiv beeinflussen

Die Schule fällt auf. Selbst in ihrer vorläufigen Unvollendung ist sie ein Hingucker. Ein Regenbogen zu ebener Erde. „Sie ist preisverdächtig“, raunt ein Besucher dem Architekten Wolfhardt Focke während der Einweihung des ersten Bauabschnitts der evangelischen Grundschule Kleinmachnow zu.

Es ist nicht das erste Lob, das der Baukünstler und seine Partnerin Christina Focke an diesem Tag hören. Das „ehrlichste“ Zeugnis haben ihnen die Kinder geschrieben: „Ich finde die ganze Schule schön“, resümierte eine Schülerin allumfassend.

Lange Zeit waren Schulen triste Lehranstalten mit einer starren Funktionalität, Typenbauten mit wenig Fantasie. Heute sehen Architekturpsychologen einen engen Zusammenhang zwischen der baulichen Qualität eines Hauses und der Leistungssteigerung und Kreativität der Schüler. In ihrem Buch „Schulen der Zukunft“ hat sich hat Dr. Rotraut Walden von der Uni Koblenz intensiv mit dem Zusammenhang von Architektur und Bildung beschäftigt und einen Fragebogen mit funktionalen, ästhetisch-gestalterischen, sozial-physischen, ökologischen, organisatorischen und finanziellen Aspekten entwickelt, dessen Ergebnisse „vorsichtige Generalisierungen auf den Schulbau für die Zukunft zulassen“.

Im Kleinmachnower Bäketal, wo die neue evangelische Grundschule ihren Platz hat, braucht es keiner allzu großen Wissenschaft, die das Zukunftspotenzial belegt. Der Auftrag an die Focke-Architekten lautete, eine Schule zu entwerfen, in der jahrgangsübergreifend gelernt werden kann und der Gemeinschaftssinn gefördert wird. Entstanden ist ein buntes Halbrund in den Farben des Regenbogens. Zitiert wird damit zum einen die biblische Geschichte des Regenbogens, den Gott nach der Sintflut als Band zwischen Himmel und Erde schuf. Zum anderen sind die Farben eine Orientierungshilfe: Die Grundschulzeit wird zu einem Gang durch den Regenbogen – die Erstklässler lernen im roten Haus, wechseln dann ins Orangene und beenden ihre Grundschulzeit im lila Haus. Die Unterrichtsräume der 5. und 6. Klassen setzten die Reihenfolge fort, sind aber eine Etage höher angeordnet, was als Ausdruck des Größerwerdens zu verstehen ist.

„Das Schulgebäude ist wie eine Lebenszeituhr“, so Wolfhardt Focke. Jedes Jahr rücken die Schüler ein Haus weiter – und bleiben dennoch unter einem gemeinsamen Dach. Durch das Rund ergibt sich die Möglichkeit, immer wieder an den Ausgangspunkt zurückzukehren, um zu reflektieren, wo alles begann.

Jeder einzelne Abschnitt beherbergt zwei Klassenräume, ein Lehrerzimmer für zwei Pädagogen und einen Gruppenarbeitsraum. Die Anordnung der Räume muss man sich wie ein breites Band vorstellen: Auf der einen Seite die Klassenzimmer, davor die Arbeitsräume, in denen das jahrgangsübergreifende Lernen stattfindet, sowie die Lehrerzimmer. Diese Anordnung wiederholt sich in jedem Farbabschnitt und bildet insgesamt ein Halbrund. Das alles Verbindende ist ein blauer Flur. Schiebetüren trennen die einzelnen Gemeinschaftsräume voreinander, doch sind alle Türen geöffnet, entsteht ein durchgehender Arbeitsraum, womit der Gemeinschaftssinn trefflich illustriert wird.

Bei der Gestaltung wurde bewusst auf die Wirkung von Farben geachtet. Das Blau im Flur hat eine atmungsaktive Wirkung und ist Ausdruck für Bewegung. Die Gemeinschaftsräume sind rot, was die Aktivität und Kreativität fördert. Das Gelb in den Unterrichtsräumen wirkt beruhigend und fördert die Konzentration. Die Gestaltung der Außenfassade hat trotz der unterschiedlichen Farben einen gemeinsamen Nenner: Sie besteht aus kleinen Tafeln, die im Sonnenlicht wie ein Blätterwald wirken und somit eine Verbindung zu dem geschützten Waldbiotop herstellen, in dem sich die Schule befindet und was ihre Lage so sensibel macht.

Zur Einweihungsfeier des ersten Bauabschnittes haben Schüler den Architekten aufgeschrieben, was ihnen an dem neuen Haus gefällt. Man kann auf den Fensterbänken arbeiten. Der Flur ist lang und groß. „Man kann direkt vom Klassenraum nach draußen in die Pause. Es gibt ein extra Tafellicht. Vor den Heizungen sind Magnettafeln. Die Schiebetüren sind toll.“ Kein Zweifel: Diese Schule gefällt.