Potsdamer Neueste Nachrichtene 11.02.08
In Potsdam steigt die Kaufkraft stärker als in Berlin
Um Berlin herum ist
es herrlich rot. Je weiter man sich von der Hauptstadt entfernt, desto mehr
verblasst die Farbe, und in der Region um Potsdam liegt von Violett bis Gelb
ein bunter Flickenteppich. Was die Karten der Nürnberger
Marktforschungsgesellschaft GfK-Geomarketing veranschaulichen, sind die
Kaufkraftzahlen in den einzelnen Regionen. Demnach haben die Einwohner der
Kreise, die an die Hauptstadt grenzen, das meiste Geld in der Tasche. „Im
Umland nimmt die Kaufkraft auf dem Niveau des Bundesdurchschnitts zu“, sagt Udo
Radtke, Einzelhandelsexperte bei dem Unternehmen. „Teilweise liegen die
Zuwachsraten sogar noch darüber.“
Die Kaufkraft beschreibt den Geldbetrag, der sich aus allen Einkünften eines
Haushaltes zusammensetzt, auch aus eventuell zu beziehenden staatlichen
Leistungen wie Arbeitslosengeld, Kindergeld oder Rente. Regelmäßige Ausgaben
wie Miete, Kreditraten und Sparrücklagen sind dabei nicht berücksichtigt. Der
Kaufkraftwert ist zum Beispiel für Handelsverbände, Unternehmen und Kommunen
interessant. Sie orientieren sich daran bei Standortentscheidungen und
Ansiedlungen. Auch wenn Brandenburg unter dem Bundesdurchschnitt liegt – die
Metropole im Zentrum macht das Land zum Kaufkraft-Sieger im Osten. Rund 16 300
Euro hat laut GfK-Studie jeder Brandenburger im Jahr 2008 zum Ausgeben übrig,
eine Steigerung um elf Prozent seit 2002. Zum Vergleich: Der durchschnittliche
Verbraucher in Thüringen hat nach dieser Berechnung 750 Euro weniger,
Sachsen-Anhalt liegt sogar um über 1000 Euro pro Einwohner und Jahr zurück.
National betrachtet sitzt aber auch bei den Brandenburgern das Geld nicht allzu
locker: Der Bundesdurchschnitt liegt 2500 Euro höher.
Je mehr man in die märkischen Regionen
eintaucht, desto unterschiedlicher stellt sich das von GfK errechnete
Shopping-Potenzial dar. Wo in beliebten Vorstadtorten wie Dahlwitz-Hoppegarten
(Märkisch-Oderland), Kleinmachnow (Potsdam-Mittelmark) oder Glienicke
(Oberhavel) der sogenannte Kaufkraft-Index teilweise ein Viertel über dem
Bundesmittel von 100 liegt, sinkt dieser Wert, je weiter man sich von der
Metropole entfernt. Am Berliner Stadtrand, wo Köpenick an Märkisch-Oderland
grenzt, ist der Indexwert mit 120 bis 128 punktuell genauso hoch wie im
wohlhabenden Grunewald. Peripherie-Landkreise wie die Uckermark und die
Prignitz bekommen vom Institut den Indexwert 80 bis 88 bescheinigt. Elbe-Elster
und Oberspreewald-Lausitz erreichen nur noch eine Kaufkraft von 77,4.
Potsdam hingegen erreicht in der Gesamtbetrachtung zwar ebenfalls lediglich
einen Indexwert von 93,6 und eine Kaufkraft pro Kopf von 17 534 Euro. Was den
Zuwachs angeht, ist Potsdam jedoch besser als die Bundeshauptstadt: Im
Vergleich zu 2007 sollen es dieses Jahr pro Kopf 500 Euro mehr sein. Der
Durchschnittsberliner kommt lediglich auf 400 Euro mehr. 700 Euro sind es
bundesweit.
Bei genauerem Hinsehen fällt zudem auf, dass es in Potsdam ein deutliches
Wohlstandsgefälle gibt. Im Norden, nahe der Glienicker Brücke etwa, und rund um
das Zentrum leben den GfK-Angaben zufolge Menschen, die im Schnitt fast ein
Viertel mehr zum Shoppen übrig haben (20 366 Euro) als der Durchschnittsbürger
am Stern und in Drewitz (16 438 Euro).
Diese markanten Zahlen sind für den Handel unerlässlich, wie Nils
Busch-Petersen Hauptgeschäftsführer vom Einzelhandelsverband
Berlin-Brandenburg, betont. Nicht etwa um die Geschäfte reihenweise in jene
Regionen zu verpflanzen, wo der Rubel rollt. „Dann wäre es schnell vorbei mit
der Idylle und somit auch der kaufkräftigen Klientel.“ Anhand der jährlichen
Marktforschungen aber wisse der Handel, wohin er das schicken muss, was
eigentlich die wenigsten in ihren Briefkästen finden wollen: Werbung.
Obwohl Brandenburg, wie alle neuen Bundesländer, um rund 15 Prozent hinter der
deutschen Durchschnittskaufkraft liegt, „fand während der letzten sechs Jahre
ein Angleichungsprozess statt“, heißt es bei der GfK. Die Menschen werden’s
gern hören.