Potsdamer Neueste Nachrichten 09.02.08
Nach neuesten Prognosen sehen BUND und Bürgerinitiative
bestätigt, dass ein Ausbau unnötig sei
Von Peter Könnicke
Kleinmachnow - Nach Bekanntwerden
der neuesten Prognosen für die Binnenschifffahrt nach Berlin und Brandenburg
wächst der Druck, auf den Ausbau der Havel und der Kleinmachnower Schleuse zu
verzichten.
In einem Offenen Brief an Ministerpräsident Matthias Platzeck fordert die
Bürgerinitiative „pro Kanallandschaft Kleinmachnower Schleuse“ die „zwingende
Intervention“, um das Millionen-Projekt zu verhindern. Für Winfried Lücking,
Flussexperte des Bundes für Natur und Umwelt, machen die aktuellen Zahlen
deutlich, „dass eine weitere Verbreiterung und Vertiefung von Havel und Spree,
der unter anderem 1800 Bäume zum Opfer fallen würden, nicht notwendig ist“.
Nach der jetzt vom
Bundesverkehrsministerium veröffentlichten Güterverkehrsprognose sinkt der
Gütertransport mit Binnenschiffen selbst bei einem Ausbau der Wasserstraßen von
und nach Berlin bis 2025 um 16 Prozent auf 2,6 Millionen Tonnen. Von und nach
Brandenburg reduziert sich das Aufkommen sogar um 26 Prozent auf 2,9 Millionen
Tonnen. Der für das Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nr. 17 geplante
Flussaufbau beruht auf einer Prognose von 1992: die ging für Berlin von einem Umschlagevolumen
von 14,4 Millionen Gütertonnen aus. Grund für die deutlich reduzierte
Transportmenge ist eine massive Abnahme von Massengütern wie Kohle, Baustoffen
und Bauschutt und der Niedergang der Schwerindustrie in Berlin. „Für eine wettbewerbsfähige
Binnenschifffahrt reichen daher die bisher erzielten Verbesserungen aus, die es
Schiffen mit bis zu 110 Meter Länge und einer Tragfähigkeit von 1500 Tonnen
ermöglicht, Berlin anzulaufen“, so Tilmann Heuser, Landesgeschäftsführer des
BUND Berlin.
Vor dem Hintergrund der aktuellen Prognosen forderte auch jüngst die
Kleinmachnower Bundestagsabgeordnete der Bündnisgrünen, Cornelia Behm,
wiederholt den Verzicht des Ausbaus der Machnower Schleuse auf 190 Meter Länge.
Der dafür notwendige Schiffsverkehr sei schlichtweg nicht zu erwarten.
Gleichfalls als Wiederholungsakt richtete gestern die Bürgerinitiative einen
Appell an Landesvater Platzeck, „wohl wissend, dass nur er es noch auf der
höchsten politischen Ebene vermag, ohne Zeitverzug ein Moratorium und eine
Überprüfung dieses Vorhaben zu erwirken“. Neben dem Argument des rückläufigen
Transportaufkommens betont die Bürgerinitiative vor allem die Folgen des
Klimawandels. Diese würden bei der Planung und bisherigen Realisierung des
Flussausbaus bewusst negiert. Schon während der Trockenphasen in den
vergangenen Jahren sei festgestellt worden, dass der Pegel des Teltowkanals am
Ufer des Machnower Sees und den anliegenden Uferauen deutlich gesunken war –
trotz des durch die Schleuse staugeregelten Wasserspiegels. „Dies bestätigt nur
ganz lebensnah, dass die Befürchtung einer dauerhaften Schädigung dieser
urwüchsigen Uferauenbereiche vollauf begründet ist“, da eine größere Schleuse
den Uferzonen noch mehr Wasser entzieht. „Sollte es zu der unwiederbringlichen
Vernichtung dieser schönen und beliebten Uferlandschaft an der Schleuse
Kleinmachnow kommen, dann tragen die dafür verantwortlichen Politiker der
jetzigen Brandenburger Landesregierung die volle Verantwortung“, heißt es in
dem Brief an Platzeck. Daher soll er sich dafür einsetzen, dass die Planung für
den Neubau der Schleuse Kleinmachnow zugunsten einer 115 Meter langen
Schleusenkammer überarbeitet wird.