Potsdamer Neueste Nachrichten 23.01.08
Ausgaben für Nahverkehr sollen in den nächsten Jahren gleich bleiben – trotz Bevölkerungsrückgangs
Potsdam - In
Brandenburg sollen trotz zurückgehender Bevölkerung mittelfristig weder
Bahnstrecken stillgelegt, noch Regionalzüge abbestellt werden. Das geht aus dem
Landesnahverkehrsplan bis zum Jahr 2012 hervor, den Infrastrukturminister
Reinhold Dellmann (SPD) gestern dem Kabinett vorstellte. Nach seinen Worten
sind derzeit in Brandenburg jeden Tag 144 000 Fahrgäste in Regionalzügen und
Bussen unterwegs, darunter viele Pendler nach Berlin. „Der Regionalverkehr in
Brandenburg und Berlin ist nach externen Studien einer der besten in Europa“,
betonte Dellmann. Ziel sei es, „auch schwach ausgelastete Strecken attraktiver
zu machen, um noch mehr Fahrgäste auf die Schiene zu bringen“. Dass dies
möglich ist, illustrierte der Minister anhand einer Zahl: Jeder zehnte
Brandenburger, der sich im Land bewegt, nutzt dafür bislang den öffentlichen
Nahverkehr. In Berlin ist es jeder Fünfte.
Als konkrete Beispiele nannte Dellmann die Strecken Michendorf- Jüterbog und
Frankfurt (Oder)-Eberswalde, wo Takte, Fahrpläne und Anschlüsse an Buslinien
verbessert werden sollen. Wichtigstes neues Vorhaben in dem Nahverkehrsplan ist
indes die geplante Anbindung des künftigen Großflughafens BBI in Schönefeld,
der von Berlin aus im 10-Minuten- Takt mit Regional- und S-Bahnen sowie im
15-Minuten-Takt mit einem Shuttle-Zug vom Berliner Hauptbahnhof aus angefahren
werden soll. Von Potsdam aus – und zwar über den Wissenschaftscampus Golm – ist
zum BBI ein Ein-Stunden-Takt vorgesehen. „Kein anderer Flughafen in Europa wird
so gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar sein wie der BBI“, so der
Minister.
Grundsätzlich kündigte Dellmann an,
dass das Land wie bisher jedes Jahr rund 400 Millionen Euro aus
Bundeszuweisungen für den Regionalverkehr ausgeben wolle, dessen Kosten aus dem
Ticketverkauf nur zur Hälfte gedeckt werden. Rund 80 Millionen Euro fließen
jeweils in Investitionen, für 320 Millionen Euro bestellt das Land bei der
Deutschen Bahn und anderen Unternehmen Verkehrsleistungen. Nachdem bereits 25
Prozent der Strecken im Wettbewerb vergeben worden sind, sollen nun weitere
Verbindungen ausgeschrieben werden – ab 2012 etwa die lukrative Regionalexpresslinie
1 (RE 1) Magdeburg-Berlin-Frankfurt (Oder).
Aus den Geldern, die im Zuge der Ausschreibung eingespart werden, sollen
zusätzliche Züge auf diesen viel befahrenen Strecken finanziert werden,
kündigte Dellmann an. Ansonsten gebe es für die Bestellung zusätzlicher Züge
aber kaum Spielräume, so Dellmann. Vorrang habe, dass auch kleinere Bahnhöfe –
häufig heruntergekommene Schandflecke – attraktiver werden und „einen
Mindeststandard an Service und Sicherheit für die Fahrgäste bieten“ sollen. So
will das Land Geld dazu geben, wenn auf einer Haltestation eine Infosäule mit
Notruffunktion eingerichtet wird.
Noch nicht entschieden ist, ob Falkensee und Velten an die Berliner S-Bahn
angebunden werden. Entsprechende Untersuchungen, ob dies wirtschaftlich ist,
sollen im Frühjahr vorliegen. Ähnliche Prüfungen laufen auch für die
Wiederherstellung der „Stammbahn“ von Potsdam über Kleinmachnow nach Berlin.
Kritik am Nahverkehrsplan übten unterdessen die Brandenburger Grünen. Der
Alltag der Fahrgäste sei geprägt durch ein bereits ausgedünntes Netz,
unpünktliche Züge und ein minimales Bus-Netz im ländlichen Raum, sagte
Landeschef Axel Vogel. Er forderte, Mittel aus dem Straßenbau in den Nahverkehr
umzuschichten.