Potsdamer Neueste Nachrichten 28.12.07
Gemeindevertreter erklären Freifläche zu Bauland / Anwohner befürchten Lärm und Verkehr
Kleinmachnow -
„Eigentlich kann man nur noch wegziehen“, meinte Ludwig Hoffmann, Anwohner der
Straße Wolfswerder resigniert, nachdem er und drei weitere Bürger in der
jüngsten Kleinmachnower Gemeindevertretersitzung die Situation in ihrem
Wohnumfeld geschildert hatten. Seit acht Jahren müssen sie Baulärm und
zeitweise blockierte Zufahrten hinnehmen. In drei Fällen wurden sogar Notarzteinsätze
durch Baufahrzeuge behindert. Aus Sicht der Anwohner wird sich auch künftig
daran nichts ändern, denn in der Sitzung wurden bereits die Weichen gestellt
für ein weiteres Wohngebiet am Buschgraben (PNN berichteten).
Mehrheitlich stimmte das Gremium nach langer Debatte einer Änderung des
Flächennutzungsplans (FNP) für diesen Bereich zu. Diese macht die bislang unbeplanten
Flächen zu Bauland, auf dem 53 Einfamilienhäuser entstehen sollen. Zwar
versuchte Bürgermeister Wolfgang Blasig (SPD) zu beschwichtigen, dass es sich
vorerst lediglich um eine FNP-Änderung sowie deren öffentliche Auslegung und
noch nicht um das konkrete Bauvorhaben handele. Doch die Anwohner machten
keinen Hehl aus ihrer Befürchtung, dass die Bebauungsabsichten schon längst
unter Dach und Fach seien. Ihren Verdacht, einer der letzten noch erhaltenen
Grünzüge werde nun zerstückelt, bestärkte zudem ein Zwischenruf von
Gemeindevertreterin Victoria Brammer (PRO): „Die Mauer ist doch schon weg!“
Dieser Einwurf veranlasste einen Bürger nachzufragen: „Sollen wir jetzt nach
Berlin gehen?“ Die Antwort blieb ihm die Gemeindevertreterin schuldig.
Dagegen forderten Herbert Franke (BIK)
und Barbara Sahlmann (Grüne), die Bedenken der Anwohner nicht zu ignorieren.
Auch CDU-Fraktionschef Ludwig Burkardt bekannte, dass seiner Fraktion die
Defizite in der Sache sehr wohl bekannt seien. Daher sei man bemüht, die
Belastungen für die Anwohner möglichst gering zu halten. So sollen Lösungen zur
verkehrlichen Erschließung gefunden werden, auch wenn solche Maßgaben momentan
formal noch nicht vorgesehen sind, so Burkardt. Zur Besonnenheit mahnte Fred
Weigert (FDP) in der Debatte, da das Areal in der Prioritätenliste bislang auf
Rang 4 stehe. „Das ist eine sehr geringe Priorität, um danach einen
Bebauungsplan aufzustellen“, sagte Weigert. Auch Nina Hille (SPD) warnte davor,
Ängste zu schüren. „Wir legen doch hier noch gar nicht fest, dass dort gebaut
wird.“ Also gebe es auch keinen Grund anzunehmen, dass morgen bereits die
Bagger kämen, meinte sie.
Anders sah das WIR-Vertreter John Banhart: „Die Erfahrungen aus der
Seebergerschließung zeigen, dass Weichen eben doch schon sehr früh gestellt
werden.“ Das könne man daher nicht so einfach wegdiskutieren und sich dann noch
hinter Gutachten verstecken. „Ich brauche doch kein Gutachten, um
festzustellen, ob ich die aktuelle Situation am Buschgraben behalten möchte.“
Denn das könne schließlich jeder Gemeindevertreter bei einem Spaziergang auch
selber entscheiden, sagte Banhart.
SPD-Fraktionschef Michael Scharp nannte es dagegen ein Märchen, dass mit der
Zustimmung für die FNP-Änderung auch schon für eine Bebauung votiert werde.
Gleichzeitig machte er deutlich, dass das Gremium sich darüber im Klaren sein
müsse, dass es über das Eigentum anderer entscheide. Privatbesitz sei das
höchste, durchs Grundgesetz geschützte Gut und daher gelte es abzuwägen
zwischen diesen Ansprüchen und denen der Anwohner, sagte Scharp.
Das nunmehrige Bauland gehört der Eigentümergemeinschaft Gérard. Dessen
Vorfahren hatten die Flächen bereits Anfang vorigen Jahrhunderts erworben,
teilweise parzelliert und mit Baurecht versehen. KiG/pek