Potsdamer Neueste Nachrichten 20.12.07
Potsdam/Kleinmachnow
- Für die Bürgerinitiative „pro Kanallandschaft Kleinmachnower Schleuse“ ist es
der blanke Hohn. Gerade hat sie erneut einen Brief an den Bundesverkehrsminister
geschrieben und gefordert, beim Ausbau der Wasserstraßen eine Denkpause
einzulegen (PNN berichteten). Da verkündet Brandenburgs oberster Verkehrsplaner
Reinhold Dellmann (SPD), dass die Landesregierung das Vorhaben des Bundes, Elbe
und Havel zwischen Magdeburg und Berlin auszubauen, uneingeschränkt
unterstützt. „Wir fühlen uns für dumm verkauft“, klagt Gerhard Hallmann,
Sprecher der Bürgerinitiative. Diese kämpft seit vielen Jahren gegen den Ausbau
der Kleinmachnower Schleuse auf 190 Meter, der im Rahmen des Verkehrsprojektes
spätestens im Jahr 2012 erfolgen soll.
Auf eine Anfrage der Landtagsabgeordneten der Linken, Anita Tack, antwortete
Minister Dellmann, dass der Nutzen des Verkehrsprojektes Deutsche Einheit Nr.17
vor allem der Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg zugute käme. Da das der
Berliner Senat inzwischen aber anders sieht und Bedenken zu den geplanten
Dimensionen des Flussausbaus hat, wollte Tack wissen, ob die brandenburgische
Landesregierung die Vorbehalte teilt und welche Konsequenzen sie daraus ziehe?
„Offenbar keine“, wie Tack ernüchternd feststellt. Dellmann beschreibt den
dringenden Bedarf der Binnenschifffahrt als alternativen Verkehrsträger zur
Bahn und Straße. Dafür seien die Planungen „unter effektiver Nutzung der
vorhandenen Ressourcen optimiert“ worden – vor allem was Eingriffe in Natur und
Landschaft betreffe.
Tack sieht das komplett anders: „Entgegen aller neuen Prognosen zum
Schifffahrtsaufkommen, gegen eine breite Bewegung für den Erhalt der Umwelt und
gegen die Bedenken des Berliner Senats unterstützt Brandenburgs
Infrastrukturmuseum immer noch das überdimensionierte Verkehrsprojekt.“ Noch
immer würden die Planungen größtenteils auf der 1992 euphorisch gemachten
Prognose beruhen, dass auf dem Abschnitt zwischen Magdeburg und Berlin jährlich
27 Millionen Tonnen übers Wasser transportiert werden. Vor einigen Jahren
wurden dann nur noch 4,4 Millionen Tonnen prognostiziert. Mit Spannung wird nun
das Ergebnis einer neuen Bewertung erwartet, die auf Verkehrszählungen aus dem
Jahr 2005 beruht.
In Kleinmachnow versteht
Initiativensprecher Hallmann die Haltung des Ministers nicht. Alle Warnungen,
dass sich die Folgen des Klimawandels durch einen Ausbau der Flüsse noch
verstärken, würden ignoriert. Hallmann gibt der Platzeck-Regierung die
Hauptschuld, dass es keine Abkehr vom Ausbau der Havel, des Teltowkanals und
der Kleinmachnower Schleuse in den geplanten Dimensionen gibt. „Ich vermisse
den politischen Druck aus Brandenburg“, so Hallmann.
Ähnlich sieht es Andreas Bernig, Landtagsabgeordneter der Linken. Nach einem
Treffen mit Vertretern der Bürgerinitiative am Dienstag erklärte er: „Es liegt
jetzt maßgeblich an der Landesregierung, dass die Wirkungen des Klimawandels
Beachtung finden und eine Vernichtung der auch touristisch reizvollen
Teltowkanal-Uferlandschaft verhindert wird.“ Tack, Bernig sowie Hallmann
erinnern die Landesregierung an einen Kompromissvorschlag, den der damalige
SPD-Verkehrsminister Frank Szymanski kurz vor der Landtagswahl 2004 machte: die
Kleinmachnower Schleuse lediglich auf 115 statt auf 190 Meter auszubauen. Die
aktuelle Politik von Dellmann lässt Tack nur den Kopf schütteln. „Statt
Kompromisse will Brandenburg das Projekt 17 zu 100 Prozent.“ Peter Könnicke