Potsdamer Neueste Nachrichten 17.12.07
Noch einmal warnten BUND und Grüne vor einer Bebauung des
Grünzugs – mit alten Argumenten
Von Peter Könnicke
Kleinmachnow - Für
einen vorweihnachtlichen Sonntagnachmittag wirkt die Straße Wolfswerder recht
lebhaft. Hier, wo Kleinmachnow zu Ende ist und die Straße zur Sackgasse wird
und ein recht weitläufiges Wiesenareal die Grenze zu Berlin darstellt, eilen
die Anwohner aufeinander zu, um sich gegenseitig zur Unterschrift zu animieren.
Ihren Namen sollen sie unter einen Brief an die Gemeindevertreter setzen, die
am kommenden Donnerstag darüber befinden sollen, dass der beschauliche
Straßenzug verlängert wird und in ein neues Wohngebiet führt, das auf dem
Grünareal entstehen soll. Die Abgeordneten des Kleinmachnower Ortsparlamentes
sollen wissen, dass die Anwohner dagegen protestieren.
Auch am Tag zuvor, am Samstagnachmittag, herrschte reges Treiben im
Grenzgebiet. Der Förderverein „Buschgraben/Bäketal“ und die Ortsgruppe des
Bundes für Natur und Umwelt Deutschland (BUND) hatten eingeladen, um über die
Zukunftspläne und deren Folgen aufzuklären. „Ein letztes Aufbäumen“, wie es
hieß. Was soll passieren? In dieser Woche sollen die Gemeindevertreter
abstimmen, ob der örtliche Flächennutzungsplan (FNP) für dieses Gebiet links und
rechts des Buschgrabens geändert werden soll. Bislang definiert der FNP die
Flächen als nicht beplanbar. Das war schon einmal anders. In den 20er und 30er
Jahren des vorigen Jahrhunderts wurde das Land von der Gérard’schen
Siedlungsgesellschaft gekauft, um es zu bebauen. Teilweise wurde das Land
damals bereits parzelliert und teilweise wurde Baurecht geschaffen. Krieg,
Mauerbau und deutsche Teilung verhinderten die geplante Entwicklung. Heute sind
die Flächen wieder im Eigentum der Gérard’schen Erben, die die alten
Bebauungspläne reanimiert und modifiziert haben. 53 Einfamilienhäuser sollen
entstehen, wofür die Gemeindevertreter am Donnerstag den bestehenden FNP ändern
und die bislang unbeplanten Flächen zu Bauland erklären sollen. Die
Fachausschüsse für Umwelt und Bauen haben die Änderung bereits empfohlen.
Doch es gibt auch heftigen Widerstand.
Da sind zum einen die Anwohner in Wolfswerder, die u.a. eine Zunahme des
Autoverkehrs in ihrer schmalen Straße befürchten und den Grünzug in
unmittelbarer Nachbarschaft verloren gehen sehen. Zum anderen warnen die Natur-
und Umweltschützer des BUND: Mit einer Bebauung verschwinde die einzige
zusammenhängende Grünfläche im Nordosten Kleinmachnows. Eine für das Kleinklima
wichtige Frischluftschneise werde zerstört. Ein weiterer Ort der Naherholung
werde zubetoniert. Die Bündnisgrünen im Ort argumentieren damit, dass
übergeordnete Planungsbehörden in der Vergangenheit den Wert des Gebiets als
„natürlichen Freiraum mit besonderen Schutzanspruch“ betont haben. Auch in
einer aktuellen Stellungnahme wiederholt die Gemeinsame Landesplanung diese
Einschätzung für das Gebiet entlang des ehemaligen Grenzstreifens, in dem sich
nach dem Fall der Mauer die Natur viel von ihrem Lebensraum zurück erobert hat.
Allerdings, und das ist nicht unwesentlich: In dem neuen Entwurf einer
gemeinsamen Landesplanung für Berlin und Brandenburg wird das Gebiet als
„Gestaltungsraum Siedlung“ dargestellt. In der bisherigen Kritik an den
Bebauungsabsichten wurde das bisher vom BUND und den Grünen nicht erwähnt. Was
Alexander Gérard als Vertreter der Erbengemeinschaft mächtig ärgert: „Es ist
bemerkenswert, wie einige Leute aus persönlichem Geltungsbedürfnis heraus
bereit sind, die Glaubwürdigkeit der Bündnisgrünen und des BUND zu
unterminieren, indem sie Fehlinformationen verbreiten und inzwischen
eingetretene Entwicklung wider besseren Wissen einfach negieren.“ So sei auch
die angebliche Funktion des Grünzugs als Frischluftschneise längst widerlegt.
In einer Stellungnahme zum Entwurf des FNP schrieb Professor Manfred Horbert,
Leiter der Bioklimatolgie an der TU Berlin bereits vor zehn Jahren, dass der
Buschgraben „nicht als regionale Belüftungsbahn dient“.
So scheint es, als sei die Entscheidung am Donnerstag von viel grundsätzlicher
Natur: Ist ein weiteres Siedlungsgebiet in Kleinmachnow gewollt und vertretbar?
Zwei Teilnehmer des Rundgangs glaubten am Samstag die Antwort bereits zu
kennen. „Was“, so meinten sie, „wollen wir eigentlich hier? Es ist doch längst
entschieden, dass gebaut wird.“