Potsdamer Neueste Nachrichten 24.11.07
Potsdam/Berlin -
Berlin und Brandenburg wollen trotz der auf Eis gelegten Fusion enger
kooperieren. Das werden der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit und
Regierungschef Matthias Platzeck (beide SPD) beschwören, wenn kommenden
Dienstag im Roten Rathaus die beiden Kabinette nach längerer Pause erstmals
wieder gemeinsam tagen. Aber der berlin-brandenburgische Alltag sieht oft
anders aus. Das zeigt ein Fall aus Kleinmachnow. Schauplatz ist die
Steinweg-Grundschule: Der Klasse 4c wird sich am 3. Dezember eine neue
Klassenlehrerin vorstellen. Es ist in diesem Halbjahr bereits ihre vierte
Lehrerin. Der Grund: Die erste ging in Pension. Es folgten zwei Lehrerinnen,
die aber kurz nach Dienstantritt wegen lukrativerer Jobs außerhalb des Landes
die Schule wieder verließen. Die letzte, nur befristet angestellt, wechselte
nach nur drei Wochen an eine Schule in Berlin. Dort bekam sie einen
unbefristeten Job.
Das schlägt vor Ort hohe Wellen. Empörte Eltern wollten sich nicht damit
abfinden, dass ihre Kinder keinen strukturierten Unterricht erhielten – und
schlugen mit einem offenen Brief an Platzeck Alarm. Zwar wurde „jetzt eine
Lösung gefunden“, wie der zuständige Schulrat Jürgen Krause vom Staatlichen
Schulamt in Brandenburg bestätigte. Eine Lehrerin werde dauerhaft eingestellt.
Doch selbst die erleichterte Steinweg-Rektorin Brigitte Güllmar warnt: „Das
generelle Problem, das das Berliner Umland betrifft, ist nicht gelöst.“ Es müsse
gesichert werden, dass Kündigungen von Lehrern mitten im Schuljahr nicht
möglich sind, dass das Vergütungsgefälle geringer werde.
„Kleinmachnow ist nur die Spitze des Eisberges“, warnt auch GEW-Chef Gunter
Fuchs. „Die Tendenz wird zunehmen“, sagt auch Gerrit Große, Bildungsexpertin
der Linkspartei. Denn in Berlin sei der Lehrerjob besonders für Berufsanfänger
attraktiver, da anders als in Brandenburg die Stellen unbefristet sind und die
Vergütung besser ist: In Brandenburg hingegen seien die Stellen ohnehin
geringer dotiert, dazu nach Osttarif (92 Prozent) eingruppiert. Zusätzlich gebe
es oft auch nur Teilzeitjobs, weil das Land so Entlassungen vermeiden will.
Für die beiden Bildungsverwaltungen ist
Kleinmachnow dennoch nur ein „Einzelfall“, „eine Panne“, wie es übereinstimmend
hieß. Eigentlich sei seit einigen Jahren gewährleistet, dass Berlin – ohne
Freigabe Brandenburgs – mitten im Schuljahr keine Brandenburger Lehrer
einstelle. Die Zeit der Massenabwerbung nach Berlin sei lange vorbei. Und
Lehrerwechsel zum Ende der Schuljahre seien unproblematisch, da Brandenburg zu
viele Lehrer beschäftige und Personal abbauen wolle.
Das Land Berlin hat übrigens Erfahrung mit der Pädagogen-Abwanderung: Da es
Lehrer nicht mehr verbeamtet, wandern viele ab – allerdings Richtung Westen.