Potsdamer Neueste Nachrichten 23.11.07
Fast 70 Prozent der Grundschüler aus Kleinmachnow, Teltow und Stahnsdorf streben das Abitur an – an den Schulen wird es künftig noch enger
Kleinmachnow - Mit
den präsentierten Zahlen wollte die Referenten beruhigen. Doch die politischen
Vertreter aus Teltow, Stahnsdorf und Kleinmachnow fühlten sich alarmiert. Er
könne nicht zu einem weiteren Gymnasium in der Region raten, resümierte
Mittelmarks oberster Schulplaner Thomas Schulz nach einem Vortrag in der
Kommunalen Arbeitgruppe „Der Teltow“ (KAT) am Mittwoch. Hingegen traf der
Stahnsdorfer Bündnisgrüne Gunnar Schilling die Tonlage der meisten KAT-Mitglieder
mit seinem Fazit: Ein weiteres Gymnasium wäre für die regionale
Bildungslandschaft und fürs Standortmarketing wichtig.
Bestärkt in dieser Ansicht fühlen sich die Parlamentarier der drei Orte durch
die Analyse des diesjähriges Übergangsverfahrens hiesiger Sechstklässler auf
weiterführende Schulen. Von 312 Grundschülern in Stahnsdorf, Teltow und
Kleinmachnow wechselten 67 Prozent aufs Gymnasium. Auffällig dabei: Alle
Bewerber mit der Bildungsempfehlung „Allgemeine Hochschulreife“ wurden am
Weinberg- bzw. Kant-Gymnasium – den zwei staatlichen Abi-Schmieden der Region –
aufgenommen. Angestiegen ist die Aufnahme hiesiger Schüler an Gymnasien in
freier Trägerschaft in Potsdam – insgesamt 57 Siebtklässler aus der Region
lernen seit Ende August in der Landeshauptstadt. An staatlichen Gymnasien in
Potsdam und Berlin haben sich indes weniger Kleinmachnower, Teltower und
Stahnsdorfer beworben als in den Jahren zuvor. Interessant ist schließlich,
dass zunehmend Schüler, die nicht in den drei Orten wohnen, die hiesigen
Gymnasien besuchen wollen.
Fachreferent Volker Meinecke prognostizierste
für die kommenden Schuljahre einen deutlichen Anstieg an Gymnasiasten, betonte
aber zugleich, dass dies durch bestehende Kapazitäten gedeckt werden könne. So
könnten im kommenden Jahr genau wie in diesem Schuljahr die Siebtklässler auf
insgesamt neun Züge verteilt werden – je drei an den beiden staatlichen
Gymnasien und drei bei freien Trägern wie dem neuen evangelischen Gymnasium,
der Waldorfschule und der Internationalen Schule. Im Jahr 2009 ist mit 560
Grundschulabsolventen zu rechnen. Aufgrund dann verschärfter Zugangsmöglichkeiten
an Gymnasien – Empfehlungen, Aufnahmetests, Notendurchschnitt – kalkulieren die
Schulentwicklungsplaner mit einer 60-prozentigen Übergangsquote. Dafür müssten
am Weinberg-Gymnasium fünf Züge eingerichtet werden – und das bis 2013. Auch am
Kant-Gymnasium würde es für mindestens einen Jahrgang fünf Züge geben. „Die
Kapazitäten an den Schulen reichen dafür aus“, so Schulz.
Bis zum Jahr 2013 ließe sich die Schulentwicklung prognostizieren, danach würde
es spekulativ werden, meinte der Fachbereichsleiter. Nach dem derzeitigen
Zahlenstand rate das Landratsamt ab, ein weiteres Gymnasium in der Region zu
bauen, deren Kosten Schulz mit fünf Millionen Euro bezifferte.
Die Gemeindevertreter und Stadtverordneten aus Kleinmachnow, Stahnsdorf und Teltow
sahen das anders. Vor allem die Annahme, dass sich die Übergangsquote bei 60
Prozent bewegen werde, gehe an der Realität vorbei. Im Gegenteil: Man müsse die
Schüler noch hinzurechnen, die als Schnellläufer schon nach der 4. Klasse in
die Begabtenförderung an den Gymnasien aufgenommen werden. „Dann sind wir bei
70 Prozent“, so Gunnar Schilling. Ein „hohes spekulatives Niveau“ attestierte
Kleinmachnows SPD-Vertreter Jens Klocksin dem Zahlenwerk und fragte: „Was ist,
wenn die Zahlen keinen Bestand haben?“ Gerade in Kleinmachnow habe man die
Erfahrung gemacht, dass die Bildungsangebote dem hinterherlaufen. Und er habe
das „ungute Gefühl“, dass sich der Landkreis mit der halben Million Euro, mit
der er die Ansiedlung des evangelischen Gymnasiums der Hoffbauer-Stiftung in
Teltow unterstützt, aus der Verantwortung stehlen wolle.
Teltows FDP-Fraktionschef Hans-Peter Goetz sieht hinter der angesetzten
60-prozentigen Übergangsquote den Versuch, die „verfehlte“ Bildungspolitik des
Landes zu steuern. „Es ist gewollt, dass weniger Schüler ans Gymnasium, um so
die Oberschulen zu füllen, die kaum gewählt werden,“ mutmaßt er kritisch.
Tatsächlich scheint das vom Land eingeführte Modell der Oberschule vor allem in
Kleinmachnow abzuschrecken: Lediglich zwei Schüler wechselten in diesem Jahr
von der Grund- auf die Oberschule. Insgesamt wählten in der Region ganze zehn
Prozent der Sechstklässler die Oberschule für ihren weiteren Bildungsweg.
Dass der Landkreis freie Schulträger unterstützt, bewertete Goetz indes als
positiv. Auch Fachbereichsleiter Schulz bekräftigte, dass sich das Landratsamt
auch künftig gegenüber nichtstaatlichen Anbietern aufgeschlossen zeigen werde.
Und: Der Schulentwicklungsplan, der derzeit dem Bildungsministerium zur
Genehmigung vorliegt und kein weiteres Gymnasium in der Region empfiehlt,
„ließe sich im Extremfall auch ändern“. Eine Aussage, die in der KAT-Runde mit
Interesse vernommen wurde. Peter Könnicke