Märkische Allgemeine Zeitung 27.08.07
CAROLIN SCHULZE
STAHNSDORF Am Wochenende sah man sie wieder vielerorts in Potsdam-Mittelmark:
Begleitet von den stolzen Eltern sowie Oma und Opa machten sich zahlreiche
herausgeputzte Mädchen und Jungen, auf dem Rücken einen farbenfrohen
Schulranzen und in den Händen eine prall gefüllte Zuckertüte, auf den Weg zu
ihrer Einschulung. In Stahnsdorf wurden zum ersten Mal zwei erste Klassen an
der neu gegründeten Lindenhof-Grundschule begrüßt.
"Willkommen an unserer aus dem Dornröschenschlaf erwachten Schule",
sagte Christina Sommer am Samstag zu den 47 Erstklässlern in der
Lindenhof-Grundschule. Treffender hätte die Direktorin der traditionsreichen
Stahnsdorfer Heinrich-Zille-Grundschule ihre Eröffnungsrede wohl nicht beginnen
können. Schließlich stand das Gebäude in der Schulstraße während der
vergangenen zwölf Monate leer, nachdem die ehemalige Oberschule aufgrund
mangelnder Schülerzahl geschlossen werden musste.
"Es war so ruhig hier. Der Hof wuchs zu und alles sah ein wenig
verwunschen aus, wie im Märchen", erzählte Sommer. Da der Platz in der
Heinrich-Zille-Schule zu eng wurde, entschloss man sich, in dem nun zur
Verfügung stehenden Gebäude eine zweite Grundschule einzurichten. "Die
neuen Schüler werden durch ihr Toben und Lachen wieder Leben in das Haus
bringen", hofft Sommer, die im kommenden Jahr die Leitung der
Lindenhof-Schule übernehmen wird.
Da das Mobiliar sowie die sanitären Anlagen an die Bedürfnisse von Jugendlichen
angepasst waren, musste die einstige weiterführende Schule in eine Grundschule
umgewandelt werden. "Von den Toiletten bis zu den Klassenräumen wurde
alles für die Erstklässler hergerichtet und malermäßig instand gesetzt.
Außerdem entstanden im Keller die notwendigen Horträume", berichtete die
Direktorin.
Auch der Schulhof wurde von überflüssigem Grün befreit, so dass die
eingeschulten Jungen und Mädchen künftig ausreichend Platz zum Spielen haben.
Sowohl die zwei Lehrerinnen als auch die Horterzieherinnen arbeiteten zuvor an
der Heinrich-Zille-Schule. Neu eingestellt wurde lediglich eine Hortleiterin.
Im kommenden Schuljahr essen die Kinder noch in zwei provisorisch zum
Speiseraum umfunktionierten Zimmern. "Doch im Haushalt sind die nötigen
Mittel für einen Hortneubau mit Mensa schon enthalten, dessen Kosten sich auf
etwa 1,3 Millionen Euro belaufen werden", bemerkte Stahnsdorfs
Bürgermeister Gerhard Enser.
Planung und Realisierung des Projekts sind für 2008 bzw. 2009 angesetzt, während
in nächsten Jahr bereits mit der Sanierung der Turnhalle begonnen wird.
Obwohl die Eröffnung einer neuen Schule in der heutigen Zeit normalerweise ein
Grund zur Freude ist, zeigten sich einige Eltern wenig erfreut darüber, dass
ihr Nachwuchs nun die Lindenhof-Grundschule besuchen soll.
"Manche wollten ihre Kinder in die Heinrich-Zille-Schule schicken und
stellten entsprechende Anträge, von denen einige genehmigt und andere abgelehnt
wurden", sagte Christina Sommer. Bürgermeister Enser führte die anfängliche
Skepsis auf den ursprünglichen Zustand des Gebäudes zurück und ist sich sicher,
dass die zweifelnden Eltern nach einem Blick in die nun hergerichtete Schule
sicher zufrieden seien.
Märkische Allgemeine Zeitung 27.08.07
Während vielerorts im Land Brandenburg Schulen
geschlossen werden müssen, kann sich die Region Teltow den Luxus leisten, eine
neue Grundschule zu eröffnen. Stahnsdorf hat nun zwei derartige Einrichtungen,
Kleinmachnow kann neben einer expandierenden evangelischen Grundschule noch auf
drei kommunale Schulen zurückgreifen. In die Ausstattung der Gebäude wird in
beiden Kommunen kräftig investiert, der Bau von Mensen und Turnhallen ist
geplant oder bereits durchgeführt.
Hintergrund dieser Entwicklung ist der außergewöhnliche Kinderreichtum der berlinnahen
Region, die vom Zuzug junger Familien profitiert. Dass der Anspruch der
Neu-Bürger an die Qualität der Schulen besonders hoch ist, kann nicht
überraschen. Und dennoch ist man immer wieder sprachlos, mit welchen
Luxusproblemen sich Eltern dort herumschlagen. Einigen war die neu eröffnete
Lindenhof-Grundschule in Stahnsdorf nicht gut genug, weil das Gebäude auf den
ersten Blick – nach einjährigem Leerstand – nicht gerade taufrisch wirkte. Darüber
aber können Eltern an der Peripherie des Landkreises nur müde lächeln. Ihre
Kinder müssen lange Fahrzeiten in Kauf nehmen, um überhaupt eine Schule zu
erreichen.