Potsdamer Neueste Nachrichten 29.06.07
Biergarten sorgt für Katerstimmung
Knappes Votum der Gemeindevertretung für Wiesen-Wirtschaft vor der Hakeburg
Kleinmachnow - Die
Hakeburg, einst Adelssitz und Ministerresidenz, später Gästehaus für
Staatsgäste und für die Allgemeinheit viele Jahre ein Tabu, wird touristisches
Ausflugsziel. Der Idee der neuen Eigentümer, auf dem Wiesenplateau vor dem
herrschaftlichen Bau einen Biergarten zu eröffnen, gaben die Gemeindevertreter
am Mittwoch ihre Zustimmung. Das Votum fiel mit 14 Ja- zu 13 Nein-Stimmen denkbar
knapp aus.
Die Vorstellung von zünftigem Wiesen-Flair auf dem geschichtsträchtigen Terrain
spaltet das Ortsparlament. Voller Sarkasmus verkündete Bernd Pape von der
Lokalunion, dass er sich für die Hakeburg „schon immer lauwarmen Kartoffelsalat
und Bockwurst“ vorgestellt habe. „Das ist der Anfang vom Ende.“ Seine einstige
Fraktionskollegin Viktoria Brammer indes kann es sich in dem Biergarten
„gemütlich und nett“ vorstellen.
Auch wenn mit der Restaurant-Kette
„Lutter & Wegner“ ein Betreiber bereit steht, der für gehobene Gastronomie
bekannt ist, bleibt bei vielen Abgeordneten die Sorge vor einem
„Massenbetrieb“. 320 Gästen soll der Biergarten Platz bieten. „Es ist
fahrlässig, darauf zu hoffen, dass der Investor sanften Tourismus entwickelt“,
mahnte WIR-Vertreter John Banhart. „Ein Biergarten setzt auf den schnellen
Wechsel der Kundschaft und auf eine hohe Umsatzrendite.“ Gerade der Verweis auf
die von „Lutter & Wegner“ betriebenen Fischerhütten am Schlachtensee, mit
dem Mit-Eigentümer Burkhard Scheven das Vorhaben in Kleinmachnow wirbt,
schreckt ab: „Dieser Biergarten ändert den gesamten Charakter des
Schlachtensees. Wo früher höchstens die Laufschritte von Joggern zu hören
waren, gibt es an dem See-Ende jetzt ständig lärmende Gäste und Geschirrgeklapper“,
weiß Michael Friedrich von der Bürgerinitiative „Am Hochwald“. „Solch ein
Rummel-Betrieb ist schwer mit der historischen Bedeutung der Neuen Hakeburg
vereinbar“, meint Friedrich. „Ein großer Biergarten ist für diesen sensiblen
Ort einige Nummern zu groß.“
Während die Kritiker eifrig ihre Argumente vortrugen, war von den Befürwortern
am Mittwochabend nicht zu hören, weshalb ein Biergarten unterhalb der Hakeburg
ihren Zukunftsvorstellungen von diesem Teil des Seebergs entspricht.
Neben den „gefühlten“ Befindlichkeiten gab es rein sachliche Einwände und
Vorbehalte. Der 770 Quadratmeter großen Biergarten würde im
Landschaftschutzgebiet liegen. Den Kritikern geht dieser weitere Einschnitt in
das geschützte Areal zu weit. „Es wurden schon genug Zugeständnisse gemacht“,
befand Herbert Franke von der UBK/WIR-Fraktion.
Zum anderen galt die Frage der Stellplätze bislang als ungenügend beantwortet.
Die für die Eigentümer-Gesellschaft tätige Architektin Iris Steinbeck hat für
den Biergarten 62 und für die Hakeburg mit geplanter Weinstube und
Veranstaltungsräumen weitere 50 Stellplätze skizziert. Um wildes Parken auf dem
Seeberg zu verhindern, wenn alle Parkplätze belegt sind, will der Investor an
der Zufahrt zur Hakeburg – das Tor am Zehlendorfer Damm – eine Schranke
einrichten. Mithilfe dieser Zufahrtkontrolle soll nur so vielen Autos die
Passage gewährt werden, wie freie Parkplätze zur Verfügung stehen. Zum Bau
einer solchen Anlage will sich die VIVARO GmbH als Eigentümerin in einem
städtebaulichen Vertrag verpflichten.
Die Gemeindeverwaltung hat die Stellplatzplanung des Investors rechtlich prüfen
lassen. Das beauftrage Anwaltsbüro sieht keine Versäumnisse oder Verstöße.
Anders FDP-Fraktionschefin Kornelia Kimpfel. Sie hält die Zahl der Parkplätze
für nicht ausreichend. Würde man die gültige Stellplatzsatzung konsequent
anwenden, müssten die Investoren für die fehlenden Parkplätze eine
sechsstellige Ablöse zahlen, so Kimpfel. Mit-Eigentümer Scheven indes
versichert, dass man an einer Lösung interessiert ist, die „funktioniert und
vernünftig ist“. Schon im eigenen Interesse: „Kein Gast kommt wieder, wenn er
ewig einen Parkplatz suchen muss.“
Nach dem positiven Votum in der Gemeindevertretung rechnet Scheven mit einer
Genehmigung des Bauantrages für den Biergarten in den nächsten zwei Wochen. Die
Anträge sind bereits beim Landkreis gestellt. Das Wiesenplateau soll nun mit
Kies aufgeschüttet und ein Pavillon aufgestellt werden. „Ich freue mich über
die Chance, unseren hohen Qualitätsanspruch beweisen zu können“, sagte Scheven
gestern gegenüber den PNN. Der Biergarten wird von den Investoren als
notwendiges wirtschaftliches Standbein gesehen, um das Gesamtkonzept für die
Hakeburg und eines Boardinghauses verwirklichen zu können.
Bestehen bleibt die Sorge, dass sich durch einen möglichen Betreiberwechsel die
Qualität verschlechtern könnte. Der FDP-Abgeordnete Fred Weigert hatte daher
vor einem Monat vorgeschlagen, lediglich eine temporäre Betriebserlaubnis zu
erteilen, statt den Biergarten als festen Bestandteil des Bebauungsplanes zu
zementieren. Bürgermeister Wolfgang Blasig (SPD) hatte eine rechtliches Prüfung
dieser Option zugesagt. Ergebnis des konsultierten Rechtsexperten: „Die
Betriebserlaubnis für gewerbliche Anlagen ist für derartige Regelungen
ungeeignet.“
Peter Könnicke