Potsdamer Neueste Nachrichten 09.06.07
Einladung mit Charme
Nach viel Kritik am Baustil von Kondor Wessels hat der Baukonzern jetzt
sieben Kleinmachnower Architekten gebeten, eigene Entwürfe für das Wohngebiet
am Stahnsdorfer Damm zu erarbeiten
Von Peter Könnicke
Kleinmachnow -
„Südwestlich siedeln“. „Grüne Oase im märkischen Sand“. „Die Hakeburg“. Allein
diese drei Buchtitel kann man als Antwort nehmen, ob Architektur in
Kleinmachnow eine Zeile wert ist. Man kann auch – nur stellvertretend – David
Gilly, Bodo Ebhardt und Bruno Schmitz als Architekten nennen, die in
Kleinmachnow ihre Handschrift hinterließen, um zu belegen, dass der Ort schon
immer einen Reiz auf Baukünstler ausübte. Und man kann die imposanten Villen
und Landhäuser zitieren, die sich Industrielle, Kaufleute oder Künstler in dem
Berliner Vorort bauen ließen und Kleinmachnow einen architektonischen Reichtum
bescherten.
Architektur in Kleinmachnow hatte von jeher einen hohen Stellenwert, und in der
jüngeren Ortsentwicklung war die Baukunst ständiges Reizthema. Aus Sorge vor
dem Verlust des Ortscharakters gründete sich die Wählerinitiative „Bürger für
gute Lebensqualität in Kleinmachnow“ – seither steht die BIK an vorderster
Front in der kritischen Auseinandersetzung mit aktuellen Bauvorhaben. Vor allem
die vielfältigen Aktivitäten des Baukonzerns Kondor Wessels haben in den
vergangenen Jahren häufig Kontroversen herausgefordert. Das holländische
Unternehmen entwickelte nach der Wende das Astrongelände, bekam den
Exklusivauftrag für die künstlich geschaffene Ortsmitte samt Rathausmarkt. Als
„einfallslose Architektur von der Stange“ bezeichnet die Wählergruppe „Wir in
Kleinmachnow“ den Kondor-Wessels-Baustil.
Jetzt hat das Unternehmen seine
Kritiker in die Pflicht genommen. Für die Entwicklung des Wohngebiets zwischen
Stolper Weg und Stahnsdorfer Damm hat die Firmenführung Anfang des Jahres
sieben Kleinmachnower Architekten gebeten, im Rahmen eines Wettbewerbs Entwürfe
zu gestalten. Ganz nach dem Motto: Nicht meckern, selber machen. „Eine gute
Idee“, lobt Gemeindevertreter Herbert Franke, der den Bauausschuss leitet und
als strenger Hüter des alten architektonischen Erbes in Kleinmachnow gilt. Der
Wettbewerb sei ein empfehlenswerter Weg, um anspruchsvolle Architektur zu
ermöglichen und sollte auch bei anderen Bauvorhaben – wie in den Kiebitzbergen
– Anwendung finden.
Ans Reßbrett gebeten wurden u.a. Angelika Scheib und Fred Weigert, die als
Gemeindevertreter die Ortsentwicklung unmittelbar kommentieren. Ebenso
eingeladen waren der Bauausschuss-Sachkundige Michael Küssner und Architektin
Kirsten Pamakerli von „Wir in Kleinmachnow“. Den Sieger-Entwurf präsentierten
Sonja und Alexander Bertsch – nach deren baukünstlerischem und nach einigen
Debatten vom Ortsparlament empfohlenen Konzept bereits das Kleinmachnower
Rathaus gebaut wurde.
Die Aufgabenstellung war klar definiert. Für einen Bereich – am Reiterweg –
sollte ein freistehendes Einfamilienhaus geplant werden – quasi als
anschauliches Modell für künftige Käufer. Interessanter der Bereich „An der
Koppel“, unmittelbar hinter dem Netto-Markt, für den Kondor Wessels selbst als
Bauträger und Vermarkter auftritt. Für dieses komplette Areal sollten die Büros
elf Doppelhäuser entwerfen: 125 bis 135 Quadratmeter Wohnfläche und maximal 300
000 Euro Baukosten, so der Rahmen. Der Preis für den Sieger: Dessen Entwurf
wird realisiert, bis zur Bauantragstellung wird das Büro mit allen Leistungen
beauftragt.
Der Vorschlag der Bertsch-Architekten zeichnet sich durch einen einfachen,
sachlichen aber dennoch repräsentativen Stil aus. Die unterkellerten
Doppelhäuser sind zweigeschossig mit einer geringen Dachneigung. Die
Balkonbrüstungen säumt ein weißes Band, das sich homogen durch die gesamte
Anlage zieht. Die Wohnbereiche haben eine einfache Grundstruktur, auffällig
sind die großzügigen Dielen mit Spiel- und Aufenthaltsqualität. Bertsch
vertraute bei dieser Lösung auf seine Erfahrung aus anderen Kleinmachnower
Projekten, die sein Büro u.a. in der Sommerfeld-Siedlung und der Alten
Zehlendorfer Villenkolonie realisiert hat. Zudem sind die Bertsch-Architekten
Mitautoren der gemeindlichen Gestaltungssatzung und daher mit den
Kleinmachnower Bautraditionen vertraut.
Kondor Wessels hat bei der Auswertung der eingereichten Wettbewerbsbeiträge
einen hohen Maßstab angesetzt, was die Ernsthaftigkeit des Unterfangens belegt.
Neben der hausinternen Planungsabteilung wurde ein externer Architekt,
spezialisiert auf Familienhäuser, zu Rate gezogen. Die Vermarktungs-, Bau- und
Kostenabteilungen haben die Entwürfe auf ihre Machbarkeit überprüft.
Schließlich mussten die Einreicher ihre Entwürfe vorstellen und verteidigen.
Letztlich hat Kondor Wessels alle interessierten Kleinmachnower eingeladen,
sich ein Urteil zu bilden: Im Kleinmachnower Rathaus sind alle eingereichten
Entwürfe in einer Ausstellung zu sehen.