Potsdamer Neueste Nachrichten 26.04.07

 

Die Grenzen des Denkmalschutzes

Mit der Reanimation der Treidelbahnen den Kanal- und Schleusenausbau verhindern? Ganz sicher nicht

Von Peter Könnicke

Kleinmachnow - So manches kühne Bauvorhaben droht ja gestutzt zu werden durch die strenge Zäsur der Denkmalpfleger. Doch der Vorschlag des Güterfelder Heimatforschers Peter Ernst, an der Kleinmachnower Schleuse zu den Ursprüngen zurückzukehren, geht selbst Brandenburgs obersten Denkmalschützern zu weit. Ernst meinte, am Teltowkanal sollten wieder Treidelbahnen die Schiffe durchs Wasser ziehen. So wie früher. Die riesigen Europaschiffe und Schubverbände ließen sich kaum durch den Kanal treideln, folglich würde dieser untauglich für diese Größenordnung und müsste nicht ausgebaut werden. Auch der Hinweis auf die riesigen Dimensionen des Treidelverkehrs am Panamakanal schreckte Ernst nicht ab. Schließlich sei der Teltowkanal Miniaturvorbild für den Bau der Fahrrinne in Mittelamerika gewesen, was man mit der Rückkehr zur Ursprünglichkeit würdigen sollte.

Der Versuch, mit diesem Vorschlag die Denkmalschützer für den Kampf gegen den Ausbau der Kleinmachnower Schleuse zu gewinnen, misslang. Beim ersten von fünf Ortsgesprächen, zu denen das Landesamt für Denkmalpflege, das Archäologische Landesmuseum und die Architektenkammer unter dem Motto „Es wird bewegt - und alles fließt“ in den kommenden Monaten einladen, bekam Peter Ernst gestern eine Abfuhr. Denn einer modernen Schifffahrt wird sich auch die Landesdenkmalbehörde nicht verweigern. Der Aufbau der im zweiten Weltkrieg zerstörten Treidelanlagen sei aus wirtschaftlichen Gründen nie erwogen worden. Und der Wiederaufbau der Gleisanlagen am Kanalufer dürfte wohl auch erhebliche Eingriffe in die Landschaft bringen, gegen die beim geplanten Kanal- und Schleusenausbau so vehement protestiert wird.

Bei der Sanierung des Schleusenbauwerks in den vergangenen Jahren kam es darauf an, es als Denkmal zu bewahren und eine neue Funktionalität zu ermöglichen. Die Portalbauten sind instand gesetzt, Putz und Stahl wurden auf Grundlage eines Farbgutachtens erneuert, die Hubtore der Mittelkammer sind von zeitgemäßer Konstruktion, das Dach wurde neu gedeckt. Kurz vor Abschluss steht die Rekonstruktion der Arkaden – des zur Schleuse gehörigen Fußweges. Auf Geheiß der Denkmalpfleger blieb auch die alte Hebestelle – das Kassenhäuschen – auf der Mittelplattform erhalten, obwohl es nicht mehr genutzt wird. Doch es ist „unverzichtbarer Teil“ der historischen Gesamtanlage.

Ob diese Maxime auch eingehalten werden können, wenn die Nordkammer der Schleuse auf 190 Meter ausgebaut wird, vermochte gestern niemand zu sagen. Betont wurde, dass es die verkehrs-, technik-, wirtschafts- und regionalgeschichtliche Bedeutung der vor 100 Jahren gebauten Schleuse zu bewahren und modernen Betrieberfordernissen gerecht zu werden gilt. Innerhalb dieses Radius’ werden sich die Denkmalpfleger bewegen, wenn sie nach ihrer Meinung zum Ausbau der Nordkammer gefragt werden. Fakt ist: Die Erlaubnis für den Ausbau hat bis 2012 Gültigkeit. Schon im Vorgriff auf einen möglichen Ausbau des Teltowkanals und der Schleuse wurde die neue Schleusenbrücke separat vom Technikdenkmal gebaut. „Die Brücke gehört nicht mehr zum Denkmal“, stellte Fachreferent Matthias Wachsmann klar. Und er gab dem Kleinmachnower Umweltschützer Gerhard Casperson recht, dass die neue Brücke nicht mehr das alte Erscheinungsbild des Ensembles präsentiere. Aber der Schleusenbetrieb lasse sich von der Brücke aus prima beobachten. Casperson tröstet das wenig: „Das Denkmal ist verschandelt“, grantelt er noch zwei Jahre nach Eröffnung der Brücke.

Da der Güterfelder Peter Ernst bekannt ist für seine Hartnäckigkeit, kann es doch passieren, dass künftig wieder Schiffe am Teltowkanal geschleppt werden. Früher gab es eine Bootsschleppe für Ruder- und Paddelboote. Wassertouristen konnten diese an einer Bootsschleppe über Land hieven und sich somit den Schleusenvorgang sparen. Die Stelle gibt es noch heute – ungenutzt.