Potsdamer Neueste Nachrichten 14.03.07
Kornelia Kimpfel kritisiert ihren CDU/FDP-Fraktionschef – nicht ohne Folgen
Kleinmachnow -
Eigentlich wollte die Kleinmachnower FDP nur ihre Unzufriedenheit mit dem
christdemokratischen Fraktionspartner im Ortsparlament zum Ausdruck bringen.
Vielleicht war es der Kritik zu viel, als das Schreiben von FDP-Ortschef
Norbert Gutheins und FDP-Gemeindevertreterin Kornelia Kimpfel mit der Forderung
endete, Fraktionschef Ludwig Burkardt solle zurücktreten. Der Brief bewirkte
nicht ganz die beabsichtigte Reaktion: Er sollte zum Nachdenken animieren, doch
er provozierte zum Handeln. Am Montag Nachmittag erklärte Burkardt die
Zusammenarbeit mit der FDP-Abgeordneten für den Rest der Wahlperiode für
beendet – per Pressemitteilung.
Es ist innerhalb weniger Tage nach dem Rücktritt von Fred Weigert das zweite
Mitglied, das die CDU-Fraktion verliert. Zum Teil ähnelt sich die Kritik. So
beklagt Kimpfel, dass Fraktionschef Burkardt „immer mehr dazu neigt,
selbstherrlich und unkommunikativ aufzutreten“. Auch Weigert monierte den
autoritären Führungsstil an der Fraktionsspitze. Zudem moniert Kimpfel, dass
die Fraktion ihre Oppositionsrolle nicht ausfüllt. Beklagten Burkardt und die
neuen Funktionäre in der Kleinmachnower CDU im Vorfeld der letzten Kommunalwahl
noch eine „Qualität wie zu Wendezeiten“ im Rathaus, pflege er heute einen
„Kuschelkurs“ mit SPD-Bürgermeister Wolfgang Blasig, moniert Kimpfel. „Doch wir
sind nicht angetreten, um Blasig einen Durchmarsch zu ermöglichen“, so die
FDP-Politikerin. Sie vermisst den Tatendrang, mit dem Burkardt zu Beginn seiner
parlametarischen Arbeit die Rolle des Widerparts zur Verwaltung spielte. Ihr
fehlt die Schärfe, mit der der Fraktionschef einst dem Bürgermeister einen
„widerlichen Umgang mit den Bürgern“ vorwarf.
Tatsächlich schlägt Burkardt inzwischen
moderatere Töne an. Er lobt die Arbeit der Verwaltung, die nicht mehr so
behäbig agiere. Auch unterscheiden sich die Positionen der Fraktionspartner
deutlich. Die Liberalen plädieren für den Erhalt der gymnasialen Oberstufe an
der Maxim-Gorki-Gesamtschule, die sie durch die mögliche Unterbringung eines
evangelischen Gymnasiums unter dem gleichen Dach des Hauses jedoch gefährdert
sehen. Währenddessen bezeichnet es CDU-Ortschef Wolfgang Nieter als mutig, wenn
in einer staatlichen eine konfessionelle Schule eingerichtet wird.
Auch der in der jüngsten Sitzung der Gemeindevertretung mit CDU-Stimmen
gefasste Beschluss zur Verkehrserschließung der Kiebitzberge ist für Kimpfel
ein Beleg fehlender Oppositionsarbeit. Es sei viel Geld für Planungen
ausgegeben worden, um eine vernünftige Verkehrsführung zu finden. Beschlossen
hat man letztlich nahezu den Status quo. Dass trotz „anderer Möglichkeiten“ die
Christdemokraten „dem Bürgermeister auf die Schulter klopften“ und dessen Vorlage
mitgetragen haben, ist für Kimpfel ein „Armutszeugnis“. Genauso moniert sie,
dass – gleichfalls mit CDU-Zuspruch – auf einen städtebaulichen Wettbewerb bei
der Entwicklung des Seebergs verzichtet wird. Zu kurz kommt ihr der öffentliche
Gestaltungseinfluss für das Areal, nachdem dieses nahezu komplett an die
Internationale Schule verkauft wurde. Die Idee eines „Bürgerparks“ auf dem
Seeberg findet sich bei aller gedanklichen Anstrengung nur einmal wieder: im
vor dreieinhalb Jahren unterzeichneten Koalitionspapier von CDU und FDP.
Ansonsten war während all der Diskussionen um die Zukunft des Seebergs von
diesem Begriff keine Rede mehr.
Insgesamt 19 Punkte hatten im November 2003 CDU und FDP auf einer gemeinsamen
Agenda fixiert. Mehr Transparenz bei Vorgängen und Entscheidungen in
Kleinmachnow war dabei ein Grundtenor der gelb-schwarzen Partitur. Eines der
vordringlichsten Anliegen war die Abwicklung von Gesellschaften, die der
Gemeinde gehören. Kommunale Beteiligungen an Firmen sollten kritisch hinterfragt
werden, ebenso die Vergabe öffentlicher Aufträge. Zunehmend beklagt die FDP
einen nachlassenden Eifer des Fraktionspartners bei dieser Arbeit.
Am Montag kündigte Fraktionschef Burkardt im Namen aller CDU-Gemeindevertreter
und des Ortsvorstandes die Zusammenarbeit mit der FDP auf. Dass Kimpfel von der
Trennung durch Journalisten erfuhr, nennt sie nicht die „feine Art“.
Andererseits hat sie selbst ein Ultimatum gestellt. Zum heutigen Mittwoch hatte
sie die Zustimmung von Fraktion und CDU-Ortsverband für ihre Forderungen
verlangt. Neben Burkardts Rüchtritt beanspruchte sie Sitz und Stimme für die
FDP im Bildungsausschuss. Ansonsten sehe sich die FDP „nicht zur Fortsetzung
der Fraktionsgemeinschaft in der Lage“.
Als „apodiktisch“ wehrte Burkardt die Forderung ab. Es gebe keinen Grund für
einen Kurswechsel, denn die CDU-Fraktion habe in den vergangenen drei Jahren
gute Arbeit geleistet. Die dritte Grundschule auf dem Seeberg, die begonnene
Entwicklung des Seebergs zum Bildungscampu sowie die verhinderte Wohnbebauung
auf dem Areal, die begonnene Bereinigung des Beteiligungsgeflechtes der
Gemeinde und die in Aussicht stehende Errichtung eines weiteren Gymnasiums in
Trägerschaft der Hoffbauer-Stiftung seien ein gutes Zwischenzeugnis. Bei so
viel Zufriedenheit mag der CDU – trotz rhetorischem Bedauern – die Trennung
leicht gefallen sein. Doch warnt Kimpfel zum Abschied: „Auch aus dem CDU-Lager
sind hinter vorgehaltener Hand immer deutlicher Töne der Kritik zu hören.“