Potsdamer Neueste Nachrichten 01.03.07
Der demographische Wandel in Kleinmachnow
Kleinmachnow -
Jugendliche haben oft ein sehr eigenwilliges Bild vom Alter: Senioren, die
alles besser wissen und starrsinnig sind, Rentner, die nur zuhause sitzen. Dies
sind noch die mildesten Vorurteile, welche die Akademie „2. Lebenshälfte“ im
Rahmen einer Studie im vergangenen Jahr zu hören bekam. Befragt wurden über 300
18- und 19-Jährige in Kleinmachnow, Stahnsdorf, Teltow und Nuthetal. Das
Problem: 41 Prozent der Jungen und 26 Prozent der Mädchen gaben an, so gut wie
nie Kontakt zu älteren Menschen zu haben.
Der demographische Wandel und seine Konsequenzen werden in Kleinmachnow immer
häufiger diskutiert. Schätzungen zufolge werden hier bis zum Jahr 2030 zirka 13
000 Menschen von über 60 Jahren leben. „In der Region sind Senioren die am
stärksten wachsende Gruppe von Kunden, Wählern und Ehrenämtlern“, mahnte Ingrid
Witzsche von der Akademie „2. Lebenshälfte“. Sie referierte am Dienstagabend im
Kleinmachnower Rathaus. Die örtliche SPD hatte zu einem Diskussionsabend unter
dem Motto „Hier möchte ich alt werden“ eingeladen. Es gebe bereits
Gelegenheiten, bei denen sich Jugendliche und Senioren begegnen: Jugend- und
Pflegeeinrichtungen im Ort kooperieren miteinander, Senioren gestalten Arbeitsgemeinschaften
an den Schulen, entsprechende Projekte gibt es auch seitens der Vereine. „Aber
das sind Einzelinitiativen“, so Witzsche. Um günstige Bedingungen zu schaffen,
brauche man langfristige Konzepte. Dafür wurden zahlreiche Vorschläge gemacht:
Drei Viertel der Senioren würden sich nicht repräsentiert fühlen, die Lösung
könnte die Wahl von Seniorenbeiräten bringen. Für ältere Menschen könnten
Beratungsstellen geschaffen werden. In Berlin gebe es so etwas in jedem Bezirk,
berichtete Witzsche.
Und schließlich ließen sich Senioren
über Ehrenämter zurück ins gesellschaftliche Leben holen. Gemäß der
Akademie-Studie sei die Hälfte dazu auch bereit. Ein Beispiel: Die hiesige
Arbeiterwohlfahrt (AWO) widmet sich seit geraumer Zeit dem bundesweiten Projekt
„Pflegebegleiter". AWO-Leiterin Edith Lowack erklärte das Prinzip:
Ehrenamtliche helfen Menschen, die Angehörige zuhause pflegen. „Diese Leute
haben das Bedürfnis nach informeller und nachbarschaftlicher Hilfe.“ Oft
bestehe für sie die Gefahr, sich zu isolieren, da die Pflege sie rund um die
Uhr in Anspruch nimmt. Geschulte Begleiter können da hilfreich sein. Allerdings
müsse das Ehrenamt attraktiver werden: durch mehr spezielle Fortbildungen,
einen besseren Versicherungsschutz und nicht zuletzt durch mehr Anerkennung.
Dafür würde sich in Kleinmachnow ein „Tag des Ehrenamtes“ anbieten, schlug die
stellvertretende SPD-Ortsvorsitzende Susanne Krause-Hinrichs vor.
Gemeindevertreterin Nina Hille sprach sich für eine zentrale Anlaufstelle aus,
in der die ehrenamtliche Arbeit in der Gemeinde koordiniert wird.
Zu den Bedingungen für ein sorgloses Altern in Kleinmachnow gehört schließlich
das Wohnen. Architekt Michael Küssner erklärte dafür verschiedenen
Möglichkeiten: von der selbst organisierten Wohngemeinschaft über das betreute
Wohnen bis hin zum barrierefreien Appartement - doch gerade davon gebe es im
Ort zu wenig. Für die Umrüstung herkömmlicher Wohnungen gebe es mittlerweile
verschiedene Kredite und Fördermöglichkeiten. An verschiedenen Stellen im
Zentrum Kleinmachnows könne Küssner sich auch Mehrgenerationen-Komplexe
vorstellen, wo in unmittelbare Nachbarschaft Jung und Alt miteinander in
Kontakt kommen. Thomas Lähns