Potsdamer Neueste Nachrichten 28.02.07
Bis 2015 sollen mehr als eine Million Menschen im Umland
leben – in einem "Siedlungsstern" entlang der Bahnstrecken
Von Thorsten Metzner
Potsdam - Das
Berliner Umland darf munter wachsen: Die Städte und Gemeinden rings um die
Metropole sollen in erheblichem Umfang neue Gewerbe- und Wohngebiete ausweisen
dürfen. Das geht aus dem Entwurf des neuen Landesentwicklungsplans für beide
Bundesländer hervor, den die gemeinsame Landesplanungsabteilung jetzt vorgelegt
hat.
Danach werden bisherige Restriktionen für Kommunen im Umland, denen nur ein
begrenztes Wachstum gestattet war, weitgehend abgeschafft. Um „Wildwuchs“ zu
vermeiden, werden um die Metropole aber auch „grüne Lungen“ als unantastbare
Freiräume festgeschrieben. „Diese Planung ermöglicht Chancen“, sagt
Brandenburgs Infrastrukturminister Reinold Dellmann (SPD). Bis 2015 dürften im
Umland mehr als eine Million Menschen leben, erwartet der Senat.
Ziel sei es auch, beide Länder
konkurrenzfähiger im internationalen Wettbewerb, aber auch gegenüber den elf
anderen deutschen Metropolenregionen wie Hamburg oder München zu machen.
Mit dem neuen Landesentwicklungsplan für die Gesamtregion will sich Brandenburg
endgültig vom überholten Prinzip der „dezentralen Konzentration“ verabschieden,
das zu Lasten des Umlandes auf eine vorrangige Förderung der Regionen fern von
Berlin setzte. Obwohl Brandenburg von 1990 bis 2002 in die Randregionen einen
Großteil des öffentlichen Geldes investierte, konnten dort Abwanderung und
Arbeitslosigkeit nicht verringert werden.
Nun setzen Politik und Planer auf ein der realen Entwicklung entsprechendes
Modell: den „Berliner Siedlungsstern“. Das heißt: Ortschaften, die entlang der
zentralen aus Berlin und Potsdam herausführenden S- oder Regionalbahntrassen
liegen und bereits bisher besonders von Zuzug profitierten, sollen sich auch
künftig stark entwickeln dürfen. Eine Achse des „Siedlungssterns“ führt etwa
über Kleinmachnow, Teltow, Stahnsdorf bis Ludwigsfelde, andere enden in Bernau,
Oranienburg, Zeuthen oder Strausberg. Für neue Siedlungsflächen gilt künftig
die Faustformel, dass eine Gemeinde je 1000 Einwohner 0,5 Hektar
Siedlungsfläche für künftige Neubürger ausweisen darf.
Besonderen Konfliktstoff birgt ein anderer Bestandteil des
Landesentwicklungsplans: Es geht um die Erneuerung des „Systems der zentralen
Orte“ in Brandenburg – ein Kern der neuen Förderpolitik der Landesregierung:
Das geplante Netz weist neben Berlin und den vier großen Städten Potsdam,
Brandenburg, Frankfurt (Oder) und Cottbus künftig 47 Städte als „Mittelzentren“
aus, auf die wegen der demografischen Entwicklung wichtige
Infrastruktureinrichtungen wie Krankenhäuser und Schulen und knappere
öffentliche Gelder konzentriert werden sollen. Bislang hatte Brandenburg 33
Mittelzentren und weitere 115 ebenfalls geförderte „Grund- und Kleinzentren“.
Dieses „Gießkannenprinzip“ der Stolpe- Ära wird nun abgeschafft. So wird zum
Beispiel in der Uckermark nur noch Schwedt als Mittelzentrum ausgewiesen.
Zugleich gibt es auch bei den Schwerpunkten der Landesförderung eine
Verschiebung zugunsten des Berliner Umlandes: Dort sind mit Falkensee,
Hennigsdorf, Neuenhagen, Teltow und Schönefeld rings um Berlin fünf neue
Mittelzentren ausgewiesen.
Eine zwischen Berlin und Brandenburg abgesprochene Festlegung gibt es auch über
die möglichen Standorte großer Einkaufszentren: Nur in zwölf Orten im Umland
und an 34 Standorten in Berlin soll sich großflächiger Einzelhandel ansiedeln
dürfen. Dabei gilt eine Vorgabe: Innenstadt-Sortimente sind auf der „grünen
Wiese“ nicht zulässig.