Potsdamer Neueste Nachrichten 31.01.07
Land
verlässt Kompromisslinie
PDS-Politikerin Tack kritisiert "Demutshaltung" beim geplanten Ausbau der
Kleinmachnower Schleuse
Kleinmachnow - Die
brandenburgische Landesregierung verlässt ihre Kompromisslinie beim Ausbau der
Kleinmachnower Schleuse. Man orientiere sich am Bund, so Verkehrsminister
Reinhold Dellmann (SPD) auf eine Kleine Anfrage der PDS-Landtagsabgeordneten
Anita Tack. Die verkehrspolitische Sprecherin der PDS-Fraktion wollte wissen,
wie sich das Land derzeit zu dem Projekt positioniert. Die Bundesregierung hält
wie berichtet an einem Ausbau der Schleuse auf 190 Meter Länge fest. Für den
Bund sei dies die „beste Lösung“, so Dellmann. Das Land sehe keinen weiteren
Handlungsbedarf.
Für Tack ist diese Haltung „ein Skandal“, der sämtliche Bemühungen um eine
umweltverträgliche Ertüchtigung des Teltowkanals ignoriere. Statt sich weiter
um einen Kompromiss zu bemühen, wie ihn Dellmanns Vorgänger Frank Szymanski
(SPD) angeregt hatte, verneige er sich „vor den veralteten Zahlen“ des Bundes.
Zur Erinnerung: Ex-Verkehrsminister Szymanski hatte im Herbst 2004 – kurz vor
der Landtagswahl – dem Bund vorgeschlagen, die Schleuse lediglich auf 115 Meter
auszubauen. Das ermögliche dennoch die Passage von Großmotorgüterschiffe,
reduziere aber die Eingriffe in die Natur. Der Bund indes bleibt der
Maximalvariante treu. Begründung: Würde man eine kleinere Schleuse bauen,
müssten Wartestellen errichtet werden, wofür die Eingriffe in die sensiblen
Uferzonen des Teltowkanals weitaus größer werden. Der Bau von Warte- und
Kopplungsstellen für derzeit fahrende Schubverbände und Europaschiffe hätte auf
einer Länge von 400 Metern Abgrabungen von 25 bis 35 Meter Breite im Bereich
des Naturschutzgebietes zur Folge. Daher habe laut der Parlamentarischen
Staatssekretärin des Bundesverkehrsministeriums, Karin Roth, eine aktuelle
Überprüfung die Kammerlänge von 190 Meter bestätigt.
Doch zweifeln die Kritiker und Gegner
einer 190-Meter-Schleuse grundsätzlich deren Notwendigkeit an, da sich aus den
vorliegenden Prognosen kein Bedarf erkennen lasse. „Neuere
Schiffsverkehrsprognosen widersprechen dem geplanten Ausbau von Havel und
Spree“, so Tack. Die 1992 in der „Euphorie der Nachwendezeit“ vorgenommenen
Schätzungen, auf denen das Ausbauprogramm der Wasserstraßen basiert, „sind inzwischen
je nach Streckenabschnitt um 60 bis 80 Prozent nach unten korrigiert“. Dem
Bundesverkehrsministerium würden zudem seit 2003 neue Zahlen vorliegen. Diese
prognostizieren bis zum Jahr 2015 keinen Anstieg des Transportaufkommens im
Vergleich zu 1997. „Der Bund verkauft seine veralteten Pläne als beste Lösung“,
resümiert Tack. Daher sollte der märkische Verkehrsminister Dellmann aus seiner
„Demutshaltung auf den Boden der Tatsachen zurückkehren“ und die Interessen des
Landes gegenüber dem Bund vertreten.
Doch bei der Bürgerinitiative „pro Kanallandschaft Kleinmachnower Schleuse“ ist
man skeptisch, ob sich sich die Politik noch beeinflussen lässt. „Da sind neue
Akteure im Spiel“, meint Gerhard Hallmann. Auch SPD-Ministerpräsident Platzeck,
der sich vor drei Jahren noch „sinnvollere Projekte als den Havelausbau“
vorstellen konnte, sei merklich zurückhaltender geworden. Aber auch die
Bevölkerung reagiert nicht mehr so sensibilisiert: Bei einer Bürgersprechstunde
zur Frage des Schleusenausbaus, zu der PDS-Landtagsabgeordnete Andreas Bernig
am Montag einlud, blieb der Politiker mit den Sprechern der Bürgerinitiative
unter sich. „Wir müssen wieder aktiver werden“, schlussfolgert Hallmann.
Aktiv will laut Hallmann auch die Fraktion der Linkspartei im Bundestag werden.
In einer Kleinen Anfrage soll geklärt werden, was sich hinter der Aussage des
Elektronischen Wasserstraßen-Informationssystem (ELWIS) zum Teltowkanal
verbirgt. Das Info-Portal der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes
gibt für den Teltowkanal als mittelfristiges Ausbauziel 2010 die
Wasserstraßenklasse Vb an. Bislang galt die Klasse IV als ausreichend für den
Teltowkanal. Auf PNN-Anfrage beim Wasserstraßen-Neubauamt in Berlin sagt dessen
Leiter Hans-Jürgen Heymann, dass er „keine Absicht gibt“, den Kanal auszubauen,
das zitierte Ausbauziel sei überholt. Im Bereich der Schleuse soll auf der
Nordseite in diesem Jahr eine neue Spundwand errichtet werden, der der spätere
neue Schleusenvorhafen folgen soll.