Potsdamer Neueste Nachrichten 17.01.07
Vom
Fusionsgedanken aufgeschreckt
Nach Versäumnissen will die Teltower
SPD mehr als bisher die Region als einheitlichen Wachstumskern darstellen
Teltow
- Man hatte sie als Buh-Mann ausgemacht – die Teltower SPD. Weil sich die
Genossen vermeintlich so sehr freuten, dass ihre Stadt künftig als
Mittelzentrum gefördert werden soll, warf man ihnen vor, die Region aus dem
Blick zu verlieren. Vor allem Stahnsdorfs Bürgermeister Gerhard Enser (CDU) und
sein Kleinmachnower Amtskollegen Wolfgang Blasig (SPD) vermochten eine
derartige Reaktion in der Nachbarstadt auszumachen und verabredeten daher eine
engere Zusammenarbeit ihrer beiden Orte – bis hin zu einer Fusion. Seitdem
sieht sich Teltow isoliert. Trotzig blick Bürgermeister Thomas Schmidt (SPD)
zur anderen Seite: Auch im benachbarten Landkreis Teltow-Fläming ließen sich
Partner finden.
Man mag über das Kalkül der aufgegebenen Heiratsanzeige grübeln, man kann über die Motivation spekulieren und sich fragen, wie ernst es Blasig und Enser ist. Eines haben sie jedoch erreicht: Vehement wie nie zuvor betont die Teltower SPD die Notwendigkeit einer regionalen Zusammenarbeit, um den Landesoberen zu beweisen, dass man die Potenziale der Region sehr wohl als gemeinsame Entwicklungs- und Vermarktungsaufgabe begreift. „Sicher“, so räumt SPD-Ortschef Frank Fromm ein, „durch das Fusionsgerede fühlen wir uns provoziert zu reagieren.“ Man habe die Thematik unterschätzt, als das Land ankündigte, künftig mehr „Stärken stärken“ zu wollen, indem regionale Wirtschaftskerne definiert werden und Brandenburg neu gegliedert wird. Es galt als sicher, dass das Trio am Teltowkanal als aufstrebende Wirtschaftsregion gesehen und die Tradition als alter Industriestandort anerkannt wird. Nach dem Selbstverständnis der hiesigen politischen Akteure galt die Region auf der neuen Landkarte märkischer Förderstandorte als gesetzt. Und so überließ es nicht nur die SPD vornehmlich den drei Bürgermeistern, – quasi pro forma – das regionale Bewerbungsschreiben aufzusetzen. Weder aus der regionalen Parteienlandschaft, noch aus der Kommunalen Arbeitsgruppe „Der Teltow“, die eigens als Gremium für ein besser abgestimmtes Miteinander gegründet wurde, gab es ein intensives und nachhaltiges In-Szene-Setzen gemeinsamer Interessen und Stärken. „Wir waren überzeugt, dass das Land unser Potenzial anerkannt“, meint Teltows SPD-Fraktionschef Berndt Längrich. „Schließlich sind wir nicht zu übersehen.“
Doch selbst, als das Land im vergangenen Herbst die Region als Wachstumskern und gemeinsames Mittelzentrum nicht berücksichtigte, blieb eine konsequente Reaktion aus. Lediglich der SPD-Landtagsabgeordnete Jens Klocksin bemühte sich in einer engagierten Studie nachzuweisen, dass die Landesregenten irren. Doch erst das von Blasig und Enser angestrengte Hochzeitgeläut weckte auf und führte vor einigen Tagen Sozialdemokraten aller drei Orte zusammen. Ihr Tenor: eine Fusion von Kleinmachnow und Stahnsdorf ist der falsche Weg. Ein Zweier werde den Anforderungen, den Chancen und Potenzen der Region nicht gerecht. Hat man die Stärken und Kompetenzen bislang nicht mit dem nötigen Ernst und Nachdruck betont, sei es dennoch nicht zu spät, sich als Regionaler Wachstumskern zu bewerben. Denn nach wie vor erfüllen Kleinmachnow, Stahnsdorf und Teltow zusammen die Kriterien, nach denen das Land seine Förderregionen auswählt. Grenzen sich Stahnsdorf und Kleinmachnow ab, riskiert man jedoch ein zweites Mal die Anerkennung, die man verdiene.
Die regionale SPD hat nun eine Arbeitsgruppe initiiert, die sich speziell mit Fragen der Zusammenarbeit, einer Fusion, eines Mittelzentrums und Wachstumskern beschäftigt. „Schluss mit Lippenbekenntnissen“, begründet die Teltower Kreistagsabgeordnete Andrea Grochtmann die Initiative. Eine Standortentwicklungskonferenz, wie sie die Stahnsdorfer SPD vorgeschlagen hat, soll die künftige Richtung vorgeben. Zudem will die SPD bei der Frage der regionalen Zusammenarbeit politisch mehr Einfluss nehmen – in den einzelnen Ortsparlamenten sowie in der KAT. In dieser habe die SPD nie die Rolle eingenommen, um dem Gremium einen Wirkungsgrad verleiht, der tatsächlich gemeinsames Handeln befördert.
Wenn zu erkennen ist, dass funktionierende Kooperationen auch neue Verwaltungsformen und Organisationsstrukturen verlangen, sei es Zeit, an eine Fusion zu denken. Doch könne eine solche nicht verordnet werden, so Fromm. Eine Bürgerbefragung, in deren Vorfeld die Vor- und Nachteile eines Zusammenschlusses der drei Orte deutlich gemacht werden, sei notwendige Voraussetzung für einen solchen Schritt.
Peter Könnicke