Potsdamer Neueste Nachrichten 16.01.2007
ZUM THEMA
Linkspartei.PDS: Fusion nicht über die Köpfe der
Bürger Vom Fusionsgedanken aufgeschreckt
Nach Versäumnissen will die Teltower SPD mehr als bisher die Region als
einheitlichen Wachstumskern darstellen
Eine jetzt gebildete Arbeitsgruppe aus
Mitgliedern der Linkspartei.PDS der drei Ortsverbände Stahnsdorf, Kleinmachnow
und Teltow sowie Vertretern der PDS-Fraktion im Landtag Brandenburg hat sich
mit Fragen der Fusion der drei
Kommunen beschäftigt. In der Beratung spielte vor allem die unbedingte
Einbeziehung der Bürger in den Prozess eines möglichen Zusammenschlusses der
Kommunen die entscheidende Rolle. „Nichts sollte über die Köpfe der Bürger
entschieden werden,“ heißt es in einer Presseerklärung der Linkspartei von
gestern.
Diese Überlegungen ergaben sich vor
allem aus den schon von anderen
Parteien benannten Terminen einer
Fusion der drei Kommunen. Der nächste Schritt wird nun zunächst die Erarbeitung
eines Materials zur Diskussion in den Basisorganisationen der
Partei sein. Dort sollen die Vor- und Nachteile für oder gegen eine Fusion
jeder einzelnen Kommune erläutert
werden. Aus den Diskussionen heraus soll bis Mitte des Jahres eine Empfehlung
für die Mandatsträger in den drei Ortsparlamenten zum weiteren Umgang mit dem
Thema ausgesprochen werden.
Teltow - Man hatte sie als Buh-Mann ausgemacht – die Teltower SPD. Weil sich
die Genossen vermeintlich so sehr freuten, dass ihre Stadt künftig als
Mittelzentrum gefördert werden soll, warf man ihnen vor, die Region aus dem
Blick zu verlieren. Vor allem Stahnsdorfs Bürgermeister Gerhard Enser (CDU) und
sein Kleinmachnower Amtskollegen Wolfgang Blasig (SPD) vermochten eine
derartige Reaktion in der Nachbarstadt auszumachen und verabredeten daher eine
engere Zusammenarbeit ihrer beiden Orte – bis hin zu einer Fusion. Seitdem
sieht sich Teltow isoliert. Trotzig blick Bürgermeister Thomas Schmidt (SPD)
zur anderen Seite: Auch im benachbarten Landkreis Teltow-Fläming ließen sich
Partner finden.
Man mag über das Kalkül der aufgegebenen Heiratsanzeige grübeln, man kann über
die Motivation spekulieren und sich fragen, wie ernst es Blasig und Enser ist.
Eines haben sie jedoch erreicht: Vehement wie nie zuvor betont die Teltower SPD
die Notwendigkeit einer regionalen Zusammenarbeit, um den Landesoberen zu
beweisen, dass man die Potenziale der Region sehr wohl als gemeinsame
Entwicklungs- und Vermarktungsaufgabe begreift. „Sicher“, so räumt SPD-Ortschef
Frank Fromm ein, „durch das Fusionsgerede fühlen wir uns provoziert zu
reagieren.“ Man habe die Thematik unterschätzt, als das Land ankündigte,
künftig mehr „Stärken stärken“ zu wollen, indem regionale Wirtschaftskerne
definiert werden und Brandenburg neu gegliedert wird. Es galt als sicher, dass
das Trio am Teltowkanal als aufstrebende Wirtschaftsregion gesehen und die
Tradition als alter Industriestandort anerkannt wird. Nach dem
Selbstverständnis der hiesigen politischen Akteure galt die Region auf der
neuen Landkarte märkischer Förderstandorte als gesetzt. Und so überließ es
nicht nur die SPD vornehmlich den drei Bürgermeistern, – quasi pro forma – das
regionale Bewerbungsschreiben aufzusetzen. Weder aus der regionalen
Parteienlandschaft, noch aus der Kommunalen Arbeitsgruppe „Der Teltow“, die
eigens als Gremium für ein besser abgestimmtes Miteinander gegründet wurde, gab
es ein intensives und nachhaltiges In-Szene-Setzen gemeinsamer Interessen und
Stärken. „Wir waren überzeugt, dass das Land unser Potenzial anerkannt“, meint
Teltows SPD-Fraktionschef Berndt Längrich. „Schließlich sind wir nicht zu übersehen.“
Doch selbst, als das Land im vergangenen Herbst die Region als Wachstumskern
und gemeinsames Mittelzentrum nicht berücksichtigte, blieb eine konsequente
Reaktion aus. Lediglich der SPD-Landtagsabgeordnete Jens Klocksin bemühte sich
in einer engagierten Studie nachzuweisen, dass die Landesregenten irren. Doch
erst das von Blasig und Enser angestrengte Hochzeitgeläut weckte auf und führte
vor einigen Tagen Sozialdemokraten aller drei Orte zusammen. Ihr Tenor: eine
Fusion von Kleinmachnow und Stahnsdorf ist der falsche Weg. Ein Zweier werde
den Anforderungen, den Chancen und Potenzen der Region nicht gerecht. Hat man
die Stärken und Kompetenzen bislang nicht mit dem nötigen Ernst und Nachdruck
betont, sei es dennoch nicht zu spät, sich als Regionaler Wachstumskern zu
bewerben. Denn nach wie vor erfüllen Kleinmachnow, Stahnsdorf und Teltow
zusammen die Kriterien, nach denen das Land seine Förderregionen auswählt.
Grenzen sich Stahnsdorf und Kleinmachnow ab, riskiert man jedoch ein zweites
Mal die Anerkennung, die man verdiene.
Die regionale SPD hat nun eine Arbeitsgruppe initiiert, die sich speziell mit
Fragen der Zusammenarbeit, einer Fusion, eines Mittelzentrums und Wachstumskern
beschäftigt. „Schluss mit Lippenbekenntnissen“, begründet die Teltower
Kreistagsabgeordnete Andrea Grochtmann die Initiative. Eine
Standortentwicklungskonferenz, wie sie die Stahnsdorfer SPD vorgeschlagen hat,
soll die künftige Richtung vorgeben. Zudem will die SPD bei der Frage der
regionalen Zusammenarbeit politisch mehr Einfluss nehmen – in den einzelnen
Ortsparlamenten sowie in der KAT. In dieser habe die SPD nie die Rolle
eingenommen, um dem Gremium einen Wirkungsgrad verleiht, der tatsächlich
gemeinsames Handeln befördert.
Wenn zu erkennen ist, dass funktionierende Kooperationen auch neue
Verwaltungsformen und Organisationsstrukturen verlangen, sei es Zeit, an eine
Fusion zu denken. Doch könne eine solche nicht verordnet werden, so Fromm. Eine
Bürgerbefragung, in deren Vorfeld die Vor- und Nachteile eines Zusammenschlusses
der drei Orte deutlich gemacht werden, sei notwendige Voraussetzung für einen
solchen Schritt. Peter Könnicke