Potsdamer Neueste Nachrichten 21.12.06

StandPUNKTE

Nachhaltigkeit als Lohn

Kleinmachnow, Stahnsdorf und Teltow brauchen ein innovatives Regio-Bus-System

Kleinmachnow - Als wir im November 2000 das Leitbild Lokale Agenda 21 „Für eine nachhaltige umweltgerechte Entwicklung Kleinmachnows“ verabschiedet haben, war mancher von denen, die sich heute an der Verkehrspolitik für unsere Gemeinde versuchen, noch nicht vor Ort. Und ob er inzwischen die Handlungsfelder, deren Grundsätze, Entwicklungsziele und die Handlungsschritte dafür verinnerlicht hat, ist - gemessen an der tatsächlichen Politik - oft fraglich.

Vor 15 Jahren hat Kleinmachnow seine alten Standort- und Lagequalitäten zwischen Berlin und Potsdam, die die damalige Wald- und Gartensiedlung so attraktiv gemacht haben, wiedergewonnen. Mittlerweile ist aber der Prozess einer ausufernden Suburbanisierung auf unser schönes Dorf übergeschwappt, ohne dass wirksam gegengesteuert wird. Mit der Explosion der Einwohnerzahl auf mehr als 18 500 zählt Kleinmachnow zu den größten Gemeinden des Berliner Umlands. 13 000 Pkw, die von Kleinmachnowern gefahren werden, haben uns auf einen bundesweiten Spitzenwert in der Pkw-Dichte katapultiert. Zum Beispiel auch mit der Ansiedlung überregionaler Privatschulen in oder direkt an reinen Wohngebieten ohne jegliche Verkehrskonzeption holen wir uns viele liebe Gäste ins Dorf, aber eben auch weitere Unmengen an Verkehr. Das ist wie bei den Geistern, die der Zauberlehrling rief.

Dabei sind die Problemfelder alle längst analysiert, und die Handlungsempfehlungen liegen auf dem Tisch. Es geht um

· die Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs

· die Reduzierung der CO2-Emissionen

· eine Nutzungssteuerung im öffentlichen Straßenraum zugunsten von Fußgängern und Radfahrern

· die Verbesserung der Rahmenbedingungen für den Fahrradverkehr

· den angebotsorientierten Ausbau des ÖPNV und vor allem

· die Erhöhung der Verkehrssicherheit.

Gemessen daran, sieht die amtliche Verkehrspolitik im Ort nicht gut aus. 1997 wurden in Kleinmachnow Prozent aller Wege mit dem PKW zurückgelegt. Im Leitbild für eine nachhaltige Entwicklung ist das Ziel verankert, bis zum Jahre 2020 den PKW-Anteil bei der Verkehrsmittelwahl für die täglichen Wege auf 60 Prozent zu verringern. Die Verkehrsbelastung auf Kleinmachnows Straßen signalisiert dramatisch, dass auch das Fernziel Utopie bleibt, wenn verkehrspolitisch hier und in der Region nicht rasch wirksam umgesteuert wird. Zu den Bausteinen zählt die Verbesserung der Bedingungen für die Benutzung des Fahrrads, vor allem aber ein neues nutzerfreundliches High-Quality-Angebot im ÖPNV, das die bisher noch unzureichende Erschließung vieler Wohngebiete korrigiert und ihre Vernetzung mit den bestehenden (S-/U-Bahn) oder den wiederherzustellenden Schienenverkehrsanbindungen sicherstellt.

Innerörtlich brauchen wir ein gut ausgebautes Kleinbus-System für eine Reduzierung der Verkehrsbelastung und eine Entlastung des öffentlichen Straßenraums. In Abstimmung mit den Nachbargemeinden Teltow und Stahnsdorf muss dabei endlich auch die interkommunale Verknüpfung durch ein innovatives Regio-Bus-System ausgebaut und optimiert werden. Das macht die Region zu einer Musterregion für nachhaltige Verkehrslösungen zum Nutzen von Mensch und Natur. Diese zukunftsgerechte Innovation hilft Kapazitätsengpässe der vorhandenen Infrastrukturen zu bewältigen, die Leistungsfähigkeit der überregionalen öffentlichen Verkehrssysteme zu steigern und damit zugleich die regionale Wirtschaft zu stärken.

Wir brauchen den City/Regiobus

· zur Erschließung möglichst vieler Wohngebiete durch ÖPNV mit kleinen Fahrzeugen

· als Bindeglied zwischen allen Verkehrssträngen

· für die Schaffung einer direkten Verkehrsanbindung zu den drei Ortszentren, zum Freibad Kiebitzberge, zur künftigen Skaterbahn in Stahnsdorf, zu den zahlreichen Schulen und Kindertagesstätten, Kreismusik- und Volkshochschule, Einkaufszentren, Dienstleistern und S- und U-Bahn.

In enger Abstimmung mit der Lokalen Agenda Teltow sind wir dabei, gemeinsam das Regiobussystem zu entwickeln. Ein niedriger Fahrpreis (in Teltow kostet der Citybus 50 Cent) ist konzipiert für sozial schwächere Bürger, für Schüler ohne Monatskarten, aber er ist auch ein Angebot an die Pkw-Nutzer, ihr Auto wenigstens für den Innerortsverkehr endlich öfter stehenzulassen. Insofern hat ein solcher Fahrpreis auch ein besonderes emotionales Gewicht. Kostendeckend kann er nicht sein. In Teltow hilft die Wirtschaft an diesem Nachhaltigkeitsprojekt mit, und die Stadt schießt etwa 50 000 Euro im Jahr zu. Das wäre für eine Gemeinde wie Kleinmachnow, kinderfreundlich, weltoffen und mit boomender Wirtschaft, nicht viel. Der Lohn der Anstrengung dagegen kann groß sein: Nachhaltigkeit! Deshalb habe ich den Antrag in die Gemeindevertretung eingebracht, im nächsten Haushalt entsprechende Mittel bereitzuhalten.

Ein erster Erfolg unserer intensiven City/Regiobus-Arbeit mit unseren Partnern in Teltow ist seit 10. Dezember für Kleinmachnower nutzbar: Die Linie 628 fährt, jetzt zwar noch als großer Bus, wie ein Citybus während bestimmter Tageszeiten in der Verbindung Augustinum - Rathausmarkt. Weiterhin wird seit dem Fahrplanwechsel samstags der Wagendurchlauf zwischen den Linien 622 B (City-Bus Teltow) und 628 getestet.

Die Autorin ist in Kleinmachnow

Gemeindevertreterin für Bündnis 90/ Die Grünen und Sprecherin der Lokalen Agenda-Gruppe für Verkehr