Potsdamer Neueste Nachrichten 07.10.06
Der Direktor jodelt, die Schüler spielen "Jae Gi" – internationale Woche auf dem Seeberg
Kleinmachnow - „Jae Gi“ heißt ein
koreanisches Spiel mit einer silberfarbenen Bommel, die möglichst lange in der
Luft bleiben muss und deshalb immer wieder mit Beinen und Füßen nach oben
gekickt wird. Das Spiel dient als gutes Training für Kampfsport und war auch
bei den jüngsten Schülern der Elementary School sehr beliebt, als sie beim
International Rotations Day den „Korea-Raum“ besuchten, um mehr über die Kultur
dieses Landes zu erfahren.
Anlässlich der Internationalen Woche präsentierten in den vergangenen Tagen
Eltern in der Berlin-Brandenburg International School (BBIS) in Kleinmachnow
mit Spielen und interessanten Informationen ihr Land, was ein umfangreiches
Programm bedeutete, denn an der Schule lernen Kinder aus fast 40 Nationen. So
durften die Kinder auch die traditionelle koreanische Festkleidung „Hanbok“ aus
leuchtend bunter Seide probieren, die Trommeln schlagen und an der zwölfsaitigen
Gayageum, einer Zither, zupfen. Vor einer anderen Klassentür standen
Holzschuhe, ein Hinweis, auf die Niederlande, in denen die Tulpen zu Teppichen
zusammenwachsen, weshalb jedes Kind eine eigene Tulpe aus Papier kreieren
konnte. In Schweden probierten sie sich im Stockkegeln. Und in Spanien ging es
handfest zu bei einem Gruppenspiel, das dem Tauziehen zweier Menschenketten
glich.
Im Raum Israel lernten die Kinder ihren
eigenen Namen in Hebräisch zu schreiben und auch dass Datteln, Feigen,
Granatäpfel und Mangos in diesem Land wachsen. Dabei haben es Bäume schwer in
Israel ebenso wie in den Nachbarländern, wo alle das gleiche Umweltproblem
haben: Wassermangel. Schon deshalb wird mit Wasser sparsam umgegangen und
weniger verbraucht als in anderen Ländern, so die lehrreiche Lektion. Einzige
Wasserquellen sind der Kinereth-See und das Grundwasser der Küsten- und
Bergaquifere. Der Kampf um das lebensnotwendige Nass ist darum im Nahen Osten
schon heute bittere Realität.
Doch das ist nur eine Teilantwort auf die Frage, die die Schüler bewegt und die
sie deshalb gestern in ihrer „Internationalen Fragestunde“ stellten: Warum
kämpfen Menschen gegeneinander? Und auch, dass Leute in einem Land viel Geld
haben, während andere fernab fast nichts haben und hungern müssen, beschäftigt
die Schüler. Deshalb wollten sie ihren mit einem Spendenlauf einen Beitrag
leisten, um Not etwas lindern zu helfen. An dem Sponsorenlauf am Mittwoch
nahmen auch die Schüler der Middle und der High School teil. Während die
Elementary-Schüler für die Berliner Suppenküche der katholischen
Kirchengemeinde „St.Marien“ 2495 Euro erliefen, wollen die älteren Schüler ein
Entwicklungsprojekt in Bolivien unterstützen. „Für die rund 500 Schüler der
BBIS, die sich als eine internationale Gemeinschaft empfinden, gehört es zum
Selbstverständnis, andere zu unterstützen", erklärte Tamara Hager,
zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit der Schule.
Eine solche Gemeinschaft, das wurde den Schülern in dieser Woche besonders
bewusst, ist nicht selbstverständlich – man muss sie wollen und an ihr
arbeiten. Und dazu gehört ebenso, sich für Geschichte und Kultur der Mitschüler
zu interessieren. So konnte die älteren Schüler zwischen Workshops zu
Umweltthemen, Pantomime, Kunstdisskussion und Tagokursen wählen. Ein besonderes
Highlight war ein Jodelkurs, den BBIS-Direktor Thomas Schädler anbot und der
mit einem vielstimmigen „Hodl-oh-ooh-dii-yiho“ endete. Zuvor klärte der
gebürtige Schweizer darüber auf, dass Singen auf den Almen ursprünglich eine
Kommunikationsform war, um von Gipfel zu Gipfel Nachrichten zu übermitteln wie
beispielsweise die Geburt eines Kindes. Mit dem Almschrei und mit Glocken wurde
auch Vieh angelockt und im 19.Jahrhundert entwickelten sich besonders in der
Schweiz die Jodler-Chöre musikalisch weiter. Hundert Jahre später griffen auch
amerikanische Countrysänger diese Folklore auf. Dass Jodel-Juchzer eigentlich
international verbreitet sind, bewies Thomas Schädler mit musikalischen
Kostproben aus Afrika, ebenso gibt es Varianten bei den Eskimos, im Kaukasus
und auch in China und Thailand, um weite Distanzen akustisch zu überbrücken.
Auch auf dem Kleinmachnower Seeberg werden Distanzen überbrückt: Denn nicht
zuletzt durch Projektwochen wie die vergangenen kommen sich hier fremde
Kulturen nahe.
Kirsten Graulich