Potsdamer Neueste Nachrichten 06.10.06

Kein Land in Sicht

Eine Betreiber-Gesellschaft soll das rettende Ufer für das Freibad sein. Es ist noch weit entfernt

Von Peter Könnicke

Kleinmachnow - Um etwas über das Schwimmbad in Kleinmachnow zu erfahren, muss man bei der Wohnungsbaugesellschaft anrufen. Das klingt absurd, ist aber so. Seit Jahren kümmert sich die Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft Kleinmachnow (GeWoG) um das Freibad Kiebitzberge. Neben Mietpreisen und Betriebskosten für Wohnungen beschäftigt sich die GeWoG mit Saunatemperaturen, Liegewiesen und Sanierungskonzepten für marode Schwimmbecken. Nach einer Ideallösung klingt das nicht.

30 Jahre ist das Schwimmbad alt und die Zeichen der Zeit sind sichtbar: Zwischen zwei und vier Millionen Euro wird der Sanierungsaufwand geschätzt. Seit Jahren heißt es, die nächste Saison könnte die letzte sein, wenn nicht bald etwas passiert. Wenn etwas für die Zukunft des Bades Gültigkeit hat, dann ist es diese düstere Prognose.

Als Kleinmachnows Bürgermeister Wolfgang Blasig vor anderthalb die Idee vortrug, eine Bad-GmbH zu gründen und die Verantwortung für die regionale Freizeitstätte gemeinsam zu tragen, taugte dies als dicke Schlagzeile. Zu mehr bislang nicht. Zwar ist – wiederholt – ein Vertrag entworfen worden, wie eine von den drei Kommunen Kleinmachnow, Teltow und Stahnsdorf gebildete Betreibergesellschaft funktionieren könnte. Auf Unterschriften wartet das Papier indes geduldig. Den diesjährigen Herbst hat Blasig einmal als Termin der Vertragsunterzeichnung genannt – er wird verstreichen. 2006, so einst kühner Ausblick, könnte die Bad-Firma ihre Arbeit aufnehmen. Das ist, um im Bild zu bleiben, als wolle man im kommenden Jahr als Rettungsschwimmer arbeiten, obwohl man heute noch nicht schwimmen kann. Nüchtern konstatiert Teltows Bürgermeister Thomas Schmidt in Sachen Bad-GmbH „Da ist nichts weiter in Bewegung.“

Während der eigens für den Erhalt des Bades gegründete Förderverein eifrig bemüht ist, die Kacheln am Schwimmbecken zu halten, hat die Gemeinde ihre Baustelle vor der Badeanstalt. Dass das Freibad vor 30 Jahren in freiwilliger Feierabendinitiative ohne Baugenehmigung errichtet wurde und auch später beim benachbarten Sportforum die notwendigen planungsrechtlichen Grundlagen nachlässig außer acht blieben, erweist sich heute als schwer wiegender Mangel. Zu recht weisen Anwohner in den Kiebitzbergen darauf hin, dass es in dem reinen Wohngebiet nur ausnahmsweise etwas anderes als Wohnhäuser geben darf. Und wenn es nun schon ein Schwimmbad und einen Fitnesstempel vor ihrer Haustür gibt, soll bitte schön der Verkehr dorthin ordentlich geregelt sein und auch Lärmbelastung, Öffnungs- und Betriebszeiten im Einklang mit Recht und Gesetz stehen.

Es dauerte eine Weile, ehe sich die Gemeinde mit diesem – zuweilen noch immer als überzogen bewerteten – Anspruch der Anwohner auseinandersetzte. Immerhin wurden Schwimmbad und Sportforum lange Zeit klaglos hingenommen, bis ein neues Rechtsempfinden und -bewusstsein in den vergangenen Jahren zu juristischen Disputen zwischen Anwohnerschaft und Gemeinde führten. Vor drei Jahren beschloss das Gemeindeparlament schließlich, dass für das Gebiet ein Bebauungsplan erstellt wird, der Schwimmbad und Sportforum auch planungsrechtlich legitmiert. Die bislang präsentierten Entwürfe eines B-Plans und die Ideen, wie der Verkehr künftig durch das Karree fließen soll, lösen den Konflikt zwischen Anwohner und Gemeinde jedoch noch nicht. Um wirklich voranzukommen vermisst Roland Templin vom Freibad-Förderverein „originelle Ideen“.

So lange es keine sichere planungsrechtliche Grundlage gibt, wird sich die Gemeinde Stahnsdorf nicht an einer Betreibergesellschaft beteiligen. „Abenteuer sind mit uns nicht zu machen“, deklariert Bürgermeister Gerhard Enser unmissverständlich. Auch in Teltow sagt Rathauschef Schmidt: „Ohne B-Plan kein Vertrag!“ In Kleinmchnow reagiert Bürgermeister Blasig auf die Zurückhaltung der Nachbarn etwas verschnupft. Die Gründung einer Bad-Gesellschaft wäre durchaus ein wichtiges Signal. Es wäre wichtig, in den Startlöchern zu stehen, wenn das Planungsrecht geschaffen ist, was, so Blasig, „im Laufe des nächsten Jahres“ passieren wird. Doch offenbar ist man weit davon entfernt, über die konkrete Struktur und finanzielle Ausstattung eine Betreiber-Gesellschaft zu reden. „Die Gespräche in dieser Härte sind noch nicht geführt worden“, bestätigt Blasig. Hingegen sehe er mit „gewisser Sorge“, dass sich in den Nachbarkommunen die Interessen womöglich verschieben. So widmet man sich in Stahnsdorf mit großem Engagement der Idee einer regionalen Skateranlage. Gleichzeitig streichen die Stahnsdorfer für 2007 die Zuschüsse, die man noch in diesem Jahr für den Betrieb des Freibades nach Kleinmachnow überwiesen hat. Zwar beruhigt Stahnsdorfs Bürgermeister Enser, dass der Betrag „jederzeit außerplanmäßig“ abrufbar sei und zunächst erstmal die Abrechung für dieses Jahr vorgelegt werden sollte. Auch bekundet er „weiterhin große Sympathie“ für das Freibad. Doch Amtskollege Blasig bleibt skeptisch: Dass sich die Nachbarn freudig auf einer neuen Spielwiese tummeln, irritiere. Für Blasig hat das Freibad als regionale Gemeinschaftsaufgabe Priorität.

Im Förderverein hört man das gern, doch der Glaube fällt schwer. Zu verhalten, zu sporadisch agiere die Kleinmachnower Verwaltung, obwohl es längst an der Zeit wäre, die Lasten auf die Region zu verteilen. Und so fragt man sich, ob es im Rathaus tatsächlich als beste Lösung gesehen wird, das Schwimmbad als kommunalen Betrieb zu führen oder ob ein privater Betreiber eine Alternative wäre. Fakt ist: Im Oktober 2004 wurde der Bürgermeister beauftragt, einen Maßnahmeplan für die langfristige Sicherung des Freibads zu erarbeiten - inklusive Sanierungs- und Finanzierungskonzept. Wirklich Substanzielles liegt nicht vor. Der Förderverein selbst war es, der – ganz nach dem Vorbild der Bad-Ebauer – in Eigeninitiative die marode Umrandung des Schwimmbeckens neu pflasterte und für die kommende Saison das Planschbecken sanieren will. 20 000 Euro will er dafür sammeln, 100 000 Euro werden insgesamt benötigt.

„Wir machen als Förderverein das, was die Politik beschlossen hat“, sagt Templin. Für die meisten Ortsparlamentarier ist der Oktoberbeschluss von 2004 die letzte Auseinandersetzung mit dem Freibad gewesen. Keine Nachfrage seitdem, keine neue politische Initiative. Doch wird sich das in den kommenden Monaten ändern: Schließlich haben alle Parteien und Wählergruppen zur Kommunalwahl 2003 den Erhalt des Freibads in ihr Manifest geschrieben. Es bleiben zwei Jahre Zeit, das Versprechen zu erfüllen.