Potsdamer Neueste Nachrichten 19.09.06

"Das muss die CDU aushalten"

Was denkt die Basis in Jörg Schönbohms Wahlkreis über den Machtkampf an der Parteispitze?

Von Peter Könnicke

Kleinmachnow/Stahnsdorf/Teltow - „Oh nein“, wehrt sich Peter Weiß, „dazu sage ich jetzt nichts. Rufen Sie am Nachmittag noch mal an.“

Hat es dem Stahnsdorfer CDU-Ortschef, der mit seiner Meinung selten hinterm Berg hält, die Sprache verschlagen? Will man nicht reden – über die leidige E-mail-Affäre in der Landeszentrale, den Rücktritt von Sven Petke als CDU-Generalsekretär und dessen Ankündigung tags darauf, Parteichef werden zu wollen, über das wieder einmal lädierte Image der märkischen Union. Die unschönen Schlagzeilen schlechthin scheinen die Basis zu verunsichern. „Tja“, fällt dem Bergholz-Rehbrücker Ortsverbandschef Wilfried Bidassek zunächst nur ein. „Kein Kommentar“, winkt Ronny Bereczki ab. Der Teltower CDU-Vorsitzende ist 27 Jahre jung, da lässt sich die Zurückhaltung vielleicht erklären.

Sein Kleinmachnower Parteifreund Wolfgang Nieter hingegen kennt das politische Geschäft. In der CDU ist er schon lange, tagsüber arbeitet er für die Bundesregierung in Berlin, nach Feierabend macht er Kommunalpolitik. „Bedauerlich“ findet er, wie in der E-Mail-Affäre agiert wurde. Dass die zum Rücktritt des Generalsekretärs führte, umschreibt Nieter so: „Die Art und Weise, wie mit dem Problem umgegangen wurde, ist fragwürdig.“ Dass Petke nun seine Bereitschaft verkündet, für den Landesvorsitz zu kandidieren, ist für Nieter nur „konsequent, richtig und legitim“. Seit CDU-Chef Jörg Schönbohm die Suche nach seinem Nachfolger ausgerufen hat, habe jeder die Chance, sich als Kandidat zu profilieren. Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns wird zwar als Thronfolger gehandelt, offiziell erklärt hat er sich bislang noch nicht. Dass sich nun ausgerechnet Petke als Erster gemeldet hat, obwohl er durch die angebliche Kontrolle des E-Mail-Verkehrs der CDU-Spitze ins Zwielicht geraten ist, Datenschutzexperten ihm grobe Verstöße vorhalten, die Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen ihn prüft, sich sein politischer Ziehvater Schönbohm enttäuscht von ihm abwendet – trotz all der widrigen Umstände akzeptiert Nieter diesen Schritt. „Es spricht einiges für Erneuerung und eine junge Generation“, sagt er. Gleichwohl wünscht sich Nieter, dass sich bis zum nächsten Frühjahr möglichst viele um den Parteivorsitz bewerben und der Landesparteitag tatsächlich die Wahl hat. Dass dem neuen CDU-Chef dann auch gefolgt wird, sei ein Gebot des demokratischen Grundverständnisses.

„Wir stehen hinter Petke“, meldete sich gestern Mittag dann doch Stahnsdorfs CDU-Chef Weiß mit einem Plädoyer. Die Partei brauche junge Talente wie Petke. Ohne die würde man es haben, wichtige politische Themen zu transportieren und sich 2009 bei den nächsten Landtagswahlen zu behaupten. Mag sein, so Weiß, dass Petke mal dem einen oder anderen vors Schienbein getreten habe. Aber es sei übertrieben zu sagen, er spalte mit seiner Kandidatur die Partei. „Brandenburgs CDU muss es aushalten, wenn es für ihre Führung mehr als einen Bewerber gibt“.

Doch schon im nächsten Ort sieht man das anders. Hier, in Teltow, hält der – auch nicht gerade als bequem geltende – Christdemokrat Florian Lewens ein außerordentliches Maß an Integrationsfähigkeit des künftigen Parteichefs für erforderlich. Bisher habe Lewens nicht erkannt, dass Petke in der Lage ist, die unterschiedlichen Strömungen innerhalb der Partei zu kanalisieren. „Spalten ist einfacher“, sagt Lewens lakonisch. Es halte es für problematisch, dass jemand, dem gerade Mandat und Vertrauen entzogen worden sind, postwendend seinen Führungsanspruch anmeldet.

„Machen kann jeder was er will“, meint schließlich auch Wilfried Bidassek aus Bergholz-Rehbrücke. Der CDU-Gemeindechef bezweifelt jedoch, dass es der richtige Weg ist, den Petke geht, um der CDU zu helfen. Vor allem erwartet er eines: „Dass man die kleinen Ortsverbände über die Fakten und Hintergründe der E-Mail-Affäre aufklärt.“ Denn für den Imageschaden, den die Partei durch die Querelen erlitten hat, „müssen wir uns hier vor Ort rechtfertigen“, sagt Bidassek.

Ob in Kleinmachnow, Teltow, Stahnsdorf oder Nuthetal: Jörg Schönbohm findet am Ende seiner Ära in seinem Heimatwahlkreis alles andere als eine selbstbewusste CDU vor, die klare Ziele und ein festes Profil hat. Immerhin versucht man den turbulenten Ereignissen und dem Machtkampf an der Spitze etwas abzugewinnen: „Vielleicht“, so Kleinmachnows CDU-Chef Nieter, „liegt ja darin eine Chance, klare Verhältnisse zu schaffen.“