Potsdamer Neueste Nachrichten 15.09.06

Wundes Pflaster

Strafanzeige: Schwerer Baustellenverkehr drohe, die denkmalgeschützte Straße Am Weinberg zu zerstören

Kleinmachnow - In Kleinmachnow ist Strafanzeige gegen die „fahrlässige oder wissentliche Zerstörung“ der unter Denkmalschutz stehenden Straße Am Weinberg gestellt worden. Über einen Teil der Straße dröhnt der Schwerlastverkehr für den Bau der neuen Turnhalle für das Weinberg-Gymnasium. Dabei werde, so ein Anwohner, nicht im erforderlichen Maß Rücksicht auf das historische Pflaster genommen: Weder seien notwendige Vorkehrungen zum Schutz des Denkmals getroffen worden, noch gebe es ein so genanntes Pflasterprotokoll, um den Zustand der Straße vor und nach der Baumaßnahme zu dokumentieren. Eine Zuordnung eventueller Schäden sei daher nicht möglich. „Die Anwohner sehen eine planmäßige Zerstörung der Straße, weil keinerlei Vorkehrung getroffen ist, die Infrastruktur zu schonen“, heißt es.

Seit Baubeginn würden die Straßen des Viertels mit schweren Baumaschinen befahren. Während für den geplanten Neubau der evangelischen Grundschule in unmittelbarer Nachbarschaft des Weinberg-Viertels in der Baugenehmigung der Umstand berücksichtigt werde, dass maximal fünf Tonnen für das historische Straßenpflaster zugelassen sind, werde diese Obergrenze beim Turnhallenbau durch den Schwerlastverkehr deutlich überschritten. Daher bestehe „Gefahr in Verzug“: Sowohl das Pflaster des denkmalgeschützten Straßenzuges sowie wertvoller, derzeit ungeschützter Baumbestand auf dem Baustellengelände könne nur durch eine schnelle Reaktion der Behörden geschützt werden.

Brandenburgs obere Denkmalschutzbehörde hatte Anfang dieses Jahres die komplette Straßenanlage des Viertels – das sind die Straßen Am Weinberg, und Im Tal sowie der Winzerweg – unter Schutz gestellt und in die Denkmalliste eingetragen. Die orts- und baugeschichtliche sowie städtebaulich einmalige Bedeutung seien besonders schutzwürdig, hieß es in der Begründung. Durch den gegenwärtigen Schwerlastverkehr fürchten nun die Anwohner ein „völlige Zerstörung“ der Straße Am Weinberg. „Dann drohen uns Kostenbescheide für eine grundlegende Sanierung“, so die Sorge.

Über die an die Potsdamer Staatsanwaltschaft adressiertete Strafanzeige sind auch das Kleinmachnower Rathaus, der Landkreis als Bauherrin des Turnhallenprojekt sowie das Brandenburgische Landesamt für Denkmalpflege informiert worden. „Grundsätzlich“, so Abteilungsleiter Thomas Drachenberg, „sind Erscheinungsbild und Substanz zu schützen.“ Die konkrete Zuständigkeit liege jedoch bei den Denkmalpflegern im Landratsamt. Dort betonen die Verantwortlichen, dass die Denkmalschutzbehörde im Genehmigungsverfahren für den Bau der Turnhalle beteiligt war – um die Folgen für das Weinberg-Gymnasiums, das ebenfalls unter Denkmalschutz steht, zu bewerten. Für die Straße Am Weinberg habe es keine speziellen Absprachen oder Auflagen gegeben. Im Kleinmachnower Rathaus gibt es keinen Anlass, die Befürchtungen der Anlieger zu teilen. Denn entgegen der Vermutungen der Anwohnerschaft gebe es sehr wohl ein Pflasterprotokoll. Daher werde es nicht schwer fallen, im Ernstfall zu klären, wer für tatsächlich entstandene Schäden verantwortlich ist. Grundsätzlich unterstellt die Gemeinde, dass die Fachleute des Landkreises sachgemäß arbeiten, so Rathaussprecherin Martina Bellack.

In der Straßenbaubehörde des Landkreises ist das Problem bekannt. Mit dem bauleitenden Architekten stehe man in Kontakt. Es werde die Möglichkeit geprüft, kleinere Lkw zu verwenden. „Allerdings ist das eine Frage der Kosten, denn je kleiner die Fahrzeuge, desto länger die Baumaßnahme“, so Andrea Metzler, Sprecherin des Landratsamtes.

Bei der Potsdamer Staatsanwaltschaft äußerte sich Sprecher Benedikt Welfens zurückhaltend. Zwar werde jeder Anzeige nachgegangen, eine Fahrlässigkeit – insofern sie vorliegt – sei strafrechtlich jedoch nicht zu ahnden. Peter Könnicke