Potsdamer Neueste Nachrichten 13.09.06
Nach Monaten gibt es eine Vorzugsvariante, wie man auf
den Seeberg kommt – und rechtliche Bedenken
Von Peter Könnicke
Kleinmachnow - Was wurde diskutiert. Die
Frage, wie künftig Autos auf den Seeberg kommen, ließ die Ortspolitiker in
spätabendlichen Runden debattieren, ließ Anwohner Initiativen bilden und
vorsorglich Kontakte zu Rechtsanwälten knüpfen. Die Frage ließ Fachplaner fast
zwei Dutzend Ideen am Reißbrett entwerfen und Mitarbeiter des Bauamtes
schwitzen. Aus letztlich 22 Varianten empfahlen der Verkehrs- und Bauausschuss
als zuständige Fachgremien schließlich einen Favoriten, der am Montag auch im
Hauptausschuss ein Votum erfahren sollte.
Stattdessen hieß es: Kommando zurück. Grund: Die Vorzugsvariante könnte den
städtebaulichen Vertrag verletzen, den die Gemeinde Kleinmachnow mit der Berlin
Brandenburg International School (BBIS) geschlossen hat. Nachdem die BBIS weite
Teile des Seebergs gekauft hat, sicherte ihr die Gemeinde vertraglich zum einen
Baurecht zu. Zum anderen wurde in dem Städtebauvertrag fixiert, dass der
Seeberg künftig – wie auch bisher – von drei Seiten erschlossen wird. Diese
Zusicherung werde mit der empfohlenen Variante jedoch nicht erfüllt, weshalb BBIS-Geschäftsführer
Burkard Dolata mahnend den Zeigefinger hob und rechtliche Bedenken anmeldete.
Zwar beinhaltet die favorisierte Variante eine Zufahrt zum Seeberg aus drei
Richtungen – von der Straße Am Hochwald, von der Karl-Marx-Straße sowie über
den Adolf-Grimme-Ring. Doch würde man nur über letzteren bis direkt vor die
Internationale Schule gelangen. Von der Karl-Marx-Straße führt die Zufahrt nur
bis zur Waldorfschule und über einen Wendehammer wieder zurück. Genauso wäre es
Am Hochwald geregelt: Man käme bis zum Seeberg und über eine Wendeschleife
wieder retour, aber nicht direkt bis zur Schule. Mit dieser Lösung wird eine
maßgebliche Forderung der Gemeinde erfüllt: Durchgangsverkehr über den Seeberg
wird vermieden.
Die BBIS indes sieht ihre vertraglich
zugesicherten Rechte verletzt: Sie interpretiert die Festlegungen des
städtebaulichen Vertrages so, dass man über drei Seiten direkt bis zur Schule
gelangen kann – und nicht nur über den Adolf-Grimme-Ring. Die Vorzugsvariante
schließt dies in der Tat aus.
Bürgermeister Wolfgang Blasig (SPD) sah sich daher im Hauptausschuss
veranlasst, die nach langen Diskussionen vorbereitende Beschlussvorlage
zurückzuziehen. Hätte das Gremium die vorgeschlagene Variante beschlossen,
„wäre eine Neuverhandlungen der städtebaulichen Verträge notwendig geworden“,
so Blasig. Oder die Gemeindevertreter wären unter Umständen in die peinliche
Situation geraten, in Kürze die beschlossene Variante wieder rückgängig machen
zu müssen. Auch eine rechtliche Auseinandersetzung mit der BBIS hätte die
Folgen sein können.
All das wollte Blasig vermeiden: Nun soll die Diskussion nochmals mit Sorgfalt
geführt werden. Vielleicht kommt man danach zum gleichen Schluss wie jetzt und
lässt diesen auch zu. Denn: „Der städtebauliche Vertrag lässt Veränderungen
zu“, wie Gemeindevertreter Hubert Faensen anmerkte. Die Gründe dafür müssen
allerdings nachvollziehbar sein, ergänzte Blasig, der nun geprüft wissen will,
ob man wirklich an einer Lösung festhalten will, die eine Anpassung des
Vertrages erforderlich macht. „Denn ohne Not ändert man derart aufwendig gestaltete
Verträge nicht“, so Blasig gegenüber den PNN.
Seine Bedenken habe BBIS-Manager Dolata bereits in den Fachausschüssen
geäußert, ohne jedoch erfolgreich intervenieren zu können. „Wir halten das
Verfahren bisher für fehlerfrei“, meint SPD-Fraktionschef Michael Scharp, der
den Verkehrsausschuss leitet. Blasig indes begründet sein Eingreifen mit der
Verpflichtung, „Ausgewogenheit aller Interessen herzustellen“. Das bedeute
nicht, dass nun mit den Planungen von vorn begonnen werde, vielmehr müsse an den
jetzigen Erkenntnissen, wie der Verkehr geführt werden soll, weiter gearbeitet.
Aufmerksam verfolgt wird das von den Anwohnerinitiativen Am Hochwald und vom
Arnold-Schönberg-Ring. Dort würde man sich von der bislang favorisierten
Verkehrsvariante derart beeinträchtigt fühlen, dass juristische Gegenwehr
erwogen wird. Vor allem die Idee, den Lieferverkehr für die Hakeburg über die
Straße Am Hochwald zu führen, hat einige Anwohner in Klage-Stellung gebracht.
Mehrdeutig heiß es am Rande des Hauptausschusses: „Wir werden hier auf Jahre
Krach haben.“