Potsdamer Neueste Nachrichten 16.05.06

Bund will Perspektive für Stammbahn

Berlin und Brandenburg sollen sich noch 2006 entscheiden / Klocksin: Leistungsfähigkeit gegeben

Kleinmachnow - Die Bundesregierung fordert noch in diesem Jahr von den Ländern Berlin und Brandenburg eine Entscheidung zur Stammbahn. Auf eine Anfrage der Kleinmachnower Grünen-Bundestagsabgeordneten Cornelia Behm machte Bundes-Staatssekretär Achim Großmann deutlich, dass bereits geflossene Gelder für den Wiederaufbau der Bahnstrecke an den Bund zurückgezahlt werden müssen, wenn es zu keiner Einigung zwischen den beiden Ländern kommt. Der Bund hat bereits für das vorsorglich errichtete Einführungsbauwerk für die Stammbahn am Berliner Gleisdreieck 26 Millionen Euro aufgebracht. Die Mittel müssten von der Deutschen Bahn AG zurückgezahlt werden.

Wie Großmann betonte, sei die Bundesregierung jedoch bereit, auf eine Rückzahlung des Geldes zu verzichten, wenn die Stammbahn in einem „überschaubaren mittelfristigen Zeitraum“ verwirklicht wird. Dann müssten die Mittel lediglich verzinst werden. Vor diesem Hintergrund fordert die SPD-Bundestagsabgeordnete Andrea Wicklein eine Entscheidung von Berlin und Brandenburg.

Bereits vor einigen Wochen hatte der verkehrspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion und Kleinmachnower Gemeindevertreter, Jens Klocksin, die gegebene Leistungsfähigkeit der Stammbahn betont. Grund für diese Bewertung ist eine Untersuchung der Landesregierung, die der Stammbahn ein enormes Fahrgastpotenzial bescheinigt. So wird für die Regionalverkehrsstrecke von Potsdam über Griebnitzsee, Düppel bis Berlin Hauptbahnhof ein Aufkommen von täglich 12 000 Fahrgästen prognostiziert.

Im Vergleich mit anderen Varianten, die in der jüngeren Vergangenheit für die Anbindung der Region Teltow an das Schienennetz debattiert worden sind, geht die Stammbahn als sinnvollste Maßnahme hervor. Mit täglich 4000 Fahrgästen für den Lückenschluss der S-Bahn zwischen Teltow und Stahnsdorf oder 5000 Passagieren für den S-Bahnringschluss Wannsee-Stahnsdorf-Teltow bleiben die Prognosen für diese beiden Varianten deutlich hinter den Erwartungen für die Stammbahn. Auch für die Friedhofsbahn von Wannsee und Stahnsdorf wird mit lediglich 4000 Nutzern pro Tag kalkuliert. Einzig eine Straßenbahn von Potsdam über Stahnsdorf nach Teltow würde mit 10 000 Fahrgästen die Werte der Stammbahn erreichen, die Wirkung als regionales Verkehrsmittel wird aufgrund der geringen Reisegeschwindigkeit jedoch begrenzt gesehen.

Die Investitionskosten indes sind bei der Stammbahn mit 161 Millionen Euro am höchsten – für einen zweigleisigen Ausbau. Eine eingleisige Variante, wie es sie als Option gibt, wäre preiswerter.

Unterm Strich steht: der Strecke wird Potenzial bescheinigt, der Bund verzichtet bei gegebener zeitlicher Perspektive für einen Wiederaufbau auf finanzielle Rückzahlungen, Berlin und Brandenburg haben sich politisch zur Stammbahn bekannt, die Bahn AG müsste wegen drohender Millionenforderungen ein Interesse an der Reaktivierung der Verbindung haben. Dass trotz dieser Voraussetzungen bislang keine Entscheidung bzw. nennenswerte Entwicklung absehbar ist, begründet Klocksin u.a. mit dem „fehlenden kommunikativen Moment“ der Beteiligten. Peter Könnicke