Potsdamer Neueste Nachrichten 29.04.06

 

Banhart darf P&E eine "Briefkastenfirma" nennen

WIR-Inititiative will nach Gerichtsurteil Konsequenzen für gemeindeeigene Unternehmen

Kleinmachnow - Nach der mündlichen Verhandlung zu Wochenbeginn war des gestrige Urteil keine Überraschung: Das Oberlandesgericht Brandenburg (OLG) sieht keinen Rechtsverstoß in der Äußerung des Kleinmachnower WIR-Gemeindevertreters John Banhart, der die Planungs- und Entwicklungsgesellschaft (P&E) eine „Briefkastenfirma des Bürgermeisters“ nannte (PNN berichteten). Das OLG hob ein Urteil das Potsdamer Landgerichtes vom vergangenen September auf, das Banhart diese Äußerung untersagte. Denn es sei mit dem Recht der freie Meinung gedeckt, wenn der Gemeindevertreter den Sinn der Gemeindefirma mit kritischen Worten in Frage stelle, da sie sich auf zureichende tatsächliche Anknüpfungspunkte stützen, so das OLG. Denn die P&E verfügt lediglich über einen Geschäftsführer, teilt sich den Briefkasten mit der DEG und einer weiteren Firma, ist telefonisch nicht direkt erreichbar.

Die Wählerinitiative „WIR in Kleinmachnow“ kommentierte gestern die einstweilige Verfügung, die die P&E im vergangenen Jahr gegen Banhart erwirkt hatte, als „unerhörten“ Vorgang“. Eine Gesellschaft der Gemeinde Kleinmachnow habe versucht, einen gewählten Abgeordneten, der zudem im Aufsichtsrat der Gesellschaft für den ordnungsgemäßen Ablauf der Geschäfte verantwortlich ist, in seinen verfassungsrechtlich garantierten Rechten einzuschränken. „Wir sehen hier einen besonders dreisten Versuch, einen Kritiker der umstrittenen Geschäftspraktiken von Kleinmachnows Bürgermeister Blasig einzuschüchtern“, heißt es in einer WIR-Erklärung.

Bürgermeister Blasig sei als Vertreter des Gesellschafters der P&E sowie als Vorgesetzter sowohl des Geschäftsführers als auch des Aufsichtsratsvorsitzenden die beherrschende Person dieser Gesellschaft. Er sei daher für diesen Vorgang deshalb politisch voll verantwortlich. Etwa 6000 Euro aus dem öffentlichen Haushalt seien für die gerichtliche Kontroverse verschwendet worden. Es sei nun an der Zeit, die P&E aufzulösen, die mit ihr verbundenen Geschäfte zu Ende zu führen und wieder in die Obhut der Gemeinde und unter die parlamentarische Kontrolle zu geben. „Die haarsträubenden Geschäfte der P&E müssen aufgeklärt, die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden.“ Es sei beispielsweise zu klären, wie die P&E über 13 Jahre Planungsaufträge in Höhe von weit über 200000 Euro pro Jahr ohne saubere vertragliche Grundlage und ohne öffentliche Ausschreibung an die Firma DEG vergeben konnte. Die DEG wiederum gehört zur Hälfte dem Kondor-Wessels-Konzern. Insgesamt seien so über die P&E kumuliert Projekte in Höhe von etwa 125 Millionen Euro in einem Zeitraum von 10 bis 15 Jahren abgewickelt worden.

„Wir sprechen uns gegen Pläne von Bürgermeister Blasig aus, die Geschäfte der P&E in die Kleinmachnower Gemeinnützige Wohnungsgesellschaft“ auszugliedern“, heißt es weiter. Auch diese Gesellschaft sei nur mangelhaft parlamentarisch kontrolliert. „In Kleinmachnow muss wieder transparent, effizient und gesetzeskonform gewirtschaftet werden“, so die WIR-Forderung. pek