Potsdamer Neueste Nachrichten 11.04.06
KOMMENTAR
Weitsicht
Peter Könnicke über den Verkehr zum Seeberg
Als Ende 1924 ein städtebaulicher
Wettbewerb für Kleinmachnow ausgelobt wurde, ist in einem Beitrag deutlich ein
zentraler Platz als Ortsmitte erkennbar - dort, wo sich heute am Fuße des Seebergs
der Rathausmarkt tatsächlich befindet. Die damals mit einem Siedlungsplan
beauftragten Architekten rückten das Ortszentrum in den Mittelpunkt ihrer
Planung. Dabei machten sie vor allem eines: Sie stellten den Rathausplatz in
einen gesamträumlichen Zusammenhang. Dass sie die Ortsmitte im Schnittpunkt
eines von Nord nach Süd durchgehenden Grünzuges und der beiden wichtigsten
verankerten, kann man Weitsicht nennen.
Nun mag es vor 80 Jahren einfacher als heute gewesen sein, bei der Draufsicht
eines von jeglicher Bebauug unberührten Gebietes räumliche Beziehungen zu
erkennen und zu berücksichtigen. Heute verstellen möglicherweise die in den
vergangenen Jahrzehnten enstandenen Straßen und Häuser den Blick fürs Ganze.
Umso mehr erfordert es Zeit und Weitsicht, um für die Erschließung des Seebergs
funktionierende Lösungen zu finden. Und das für lange Dauer. Überzeugend ist
daher die Argumentation des Vorsitzenden im Kleinmachnower Verkehrsausschuss
nicht, wenn er meint, die jetzt favorisierte Zufahrt zum Seeberg – über den
östlichen Adolf-Grimme-Ring – sei heute eine gute Lösung. Wie das in fünf
Jahren ausschaut, wenn mehr als 1000 Schüler die Schulen auf dem Seeberg
besuchen und sich die heutige Idee möglicherweise als untauglich erweist, sei –
so der SPD-Politiker – von den dann amtierenden Gemeindevertretern zu klären.
Weitsicht definiert sich anders.
Nachhaltigkeit sollte in Kleinmachnow, der ersten mittelmärkischen Kommune, die
sich zur Agenda 21 bekannte, anders aussehen. Kleinmachnows Ortspolitker kommen
nicht richtig vorwärts bei der Frage, wie man künftig auf den Seeberg gelangen
soll. Da hilft nur eins: Rein in die nächste Parkbucht, eine Denkpause
einlegen, notfalls Koordinaten hinterfragen, um mit Sicherheit ans Ziel zu
kommen. Denn nachhaltige Entscheidungen reichen nicht nur bis zum Ende einer
Legislaturperiode, sondern sind auch gegenüber künftigen Generationen zu
verantworten.