Potsdamer Neueste Nachrichten 07.04.06

 

Schreckgespenst an der Hakeburg

Erschrocken registrieren die Gemeindevertreter die Pläne für das Kleinod – die Nutzung als Hotel haben sie indes selbst festgelegt

Kleinmachnow - Bernd Pape behauptet von sich selbst, „wahrlich kein Grüner“ zu sein. In der Tat: Als in Kleinmachnow diskutiert wurde, ob im gesamten Ort flächendeckend Tempo 30 gelten soll, wehrte sich der Gemeindevertreter der Lokalunion lautstark gegen solchen „Unsinn“. Pape hätte man ohne Zögern eine Vorzeige-Mitglied der Autofahrerunion nennen können. Doch dass jetzt die Straße zur Hakeburg ausgebaut werden soll, so dass Busse bequem durchs Gelände fahren und gar über eine Wendeschleife wieder retour kommen können, das geht selbst Pape zu weit. „Horror“, sei es, „was hier passieren soll.“

Bislang waren es Attribute wie herrschaftlich und großzügig, die die Hakeburg schmückten. Als Wohnschloss, Ministerresidenz und Gästehaus für Staatsoberhäupter hatte sie immer eine repräsentative Bedeutung. Nun will die Deutsche Telekom, der das Seeberg-Ensemble samt Herrensitz nach der Wende in den Konzernschoß fiel, die Hakeburg zum Hotel umfunktionieren. Das sei, die Immobilienexperten des Unternehmens, der beste Weg, um das Anwesen zu vermarkten. Da jedoch der prachtvolle Bau im Stil einer mittelalterlichen Burg allein kein wirtschaftlich tragbares Fundament darstellt, diktiert die Telekom der Gemeinde ergänzende Maßnahmen: Unmittelbar neben der Hakeburg soll ein Gästehaus entstehen. Mindestens 100 Zimmer. 90 Meter lang, drei Geschosse. Eine Umgehungsstraße um das Burgareal. Eine Tiefgarage. Busparkplätze inklusive Buswendeschleife. Da die Zufahrt zur Hakeburg ausschließlich von Osten – also vom Zehlendorfer Damm aus – möglich sein soll, müsste das dortige, unter Denkmalschutz stehende Torhaus als schnöde Buseinfahrt herhalten. Als für all diese Vorhaben am Mittwoch im gemeindlichen Verkehrsausschuss die planerischen Ideen vorgestellt wurden, fand Bernd Pape „das alles entsetzlich“. Der CDU-Abgeordnete nannte es ein „Konstrukt, das immer weniger Zustimmung findet“. „Ganz schlimm“ hält Hubert Faensen (UBK/WIR) das, was man mit dem Hakeburg-Gelände vorhat. In seinem Buch über die Hakeburg schwärmt der Kulturhistoriker allein für den Eingangsbereich. Schon dort, am Zehlendorfer Damm, „imponiert die Imitation einer mittelalterlichen Toranlage im Fachwerkbau“. Es könne unmöglich den Segen der Denkmalschutzbehörden finden, wenn um das Portal eine Straße gebaut wird, so dass Reisebusse bis vor das Hotel fahren können. „Unglaublich“ sei die Idee, die Zufahrt zur Tiefgarage des geplanten Bettenhauses direkt durch den Vorgarten zu legen. Die „Stadtkrone“ des dreigeschossigen Neubaus würde alles überragen und den bis ins Detail durchdachten Gesamteindruck der Hakeburg-Anlage irreparabel zerstören.

Auch Nina Hille von der SPD-Fraktion vermochte keinen Charme bei vorgestern Abend den skizzierten Wegen und Bauten erkennen. „Vielleicht“, so sinnierte sie, „ist das der Preis, den wir zahlen müssen.“

Den Preis wofür? Es gilt als Erfolg, nach langem und zähen Ringen mit der Telekom den Seeberg nun zum Campus entwickeln zu können. Dafür das historische Antlitz Kleinmachnows – die Hakeburg – zu verschandeln, wäre jedoch ein hoher Preis, den nicht alle zahlen wollen. Er habe nur ein Ziel, tönt Bernd Pape: „Dieses Hotel zu verhindern!“ Ohnehin, so meint Christdemokrat und Architekt Weigert, tauge die Hakeburg nicht als Hotel. Vielleicht tut sich die Telekom deshalb schwer, einen Investor zu finden. Bislang jedenfalls „gibt es keinen“, weiß Kleinmachnows Planungschef Jörg Ernsting. Daher wundert sich WIR-Gemeindevertreter John Banhart, warum man „im vorauseilenden Gehorsam“ eine derart „unmögliche Planung“ vorlegt. „Muss man einem potenziellen Investor so weit entgegenkommen?“, fragt er sich. „Warum fixiert man sich überhaupt auf eine Hotelnutzung?“, beklagt sich Pape. Es gebe durchaus andere Ideen, die genauso gut seien aber „tot geschwiegen“ würden. Tatsächlich wollten sich die politischen Entscheidungsträger der Gemeinde lange Zeit nicht auf die zukünftige Nutzung der Hakeburg festlegen. Über Monate legten sie Wert auf die Option, dass die Anlage auch für Bildungszwecke genutzt werden könne. „Hotel/Bildung“ stand daher regelmäßig auf den Beschlussvorlagen, wenn es um den Seeberg mit der Hakeburg ging – bis der Zusatz hinterm Schrägstrich verschwand. Erschrocken stellt man nun fest, dass nur noch von einem Hotel die Rede und die gesamte Verkehrsplanung auf eine solche Nutzung zugeschnitten ist. „Hinters Licht geführt“, fühlt sich daher der fraktionslose Gemeindevertreter Christian Grützmann. Er sei „maßlos enttäuscht“, poltert Bernd Pape. Nur von wem? Auf die Frage, ob der im Dezember geschlossene städtebauliche Vertrag zwischen Gemeinde und Telekom beides für die der Hakeburg zulässt – Hotel und Bildungsstätte – wusste am Mittwoch keiner der gefragten Gemeindevertreter eine Antwort. Im Rathaus konnte gestern Hartmut Piecha, rechte Hand des Bürgermeisters, bei Sichtung des Vertrages nicht entdecken, dass man neben der Nutzung als Hotels noch etwas anderes vereinbart hat. Und im Bauamt legt dessen Chefin Barbara Neidel Wert auf den Fakt, dass es die Gemeindevertreter selbst im vergangenen Dezember mehrheitlich beschlossen haben, für das Gebiet der Hakeburg eine Hotelnutzung festzusetzen. „Schließlich“, so Neidel, „ist auch der Eigentümer berechtigt zu sagen, wie er die Hakeburg nutzen will.“

Nun sind die Feierabendpolitiker um Schadensbegrenzung bemüht. Im Verkehrsausschuss am Mittwochabend beauftragten die Mitglieder einstimmig das Bauamt, andere Nutzungsvarianten für die Hakeburg zu prüfen. Bauamtsleiterin Neidel nahm den Auftrag skeptisch entgegen. „Die festgeschriebene Nutzung lässt sich nicht beliebig ändern“, so ihr Einwand. Da die Hakeburg im Landschaftsschutzgebiet, bedürfe es für eine neue Nutzung etlicher behördlicher Genehmigungen. Doch nennt Neidel damit genau die Gründe, die selbst bei recht pragmatisch agierenden Ortspolitikern wie Bernd Pape Beschützerinstinkte für das Kleinod wecken: die einmalig reizvolle wie repräsentative Lage der Hakeburg.

Peter Könnicke