Potsdamer Neueste Nachrichten 01.03.06

Aus dem GERICHTSSAAL

Todesfahrt mit 2,54 Promille

Fußgänger trug Mitschuld bei tödlichem Unfall in der Hohen Kiefer / Bewährungsstrafe für Fahrer

Kleinmachnow – Der ältere Herr hatte gerade eine Bypass-Operation überstanden. Sein Arzt erlaubte ihm sogar wieder leichten Sport. Nordic Walking sei da genau richtig, fand der 71-Jährige. Auch zur Mittagszeit des 25. Februar 2005 war er unterwegs, wollte soeben die Straße Hohe Kiefer in Kleinmachnow überqueren. Ob er den sich relativ schnell nähernden Toyota übersah oder ob er einfach glaubte, es noch vor dem Auto auf die andere Fahrbahnseite zu schaffen, kann nicht mehr geklärt werden. Der Rentner wurde seitlich von dem Wagen erfasst, über die Motorhaube geschleudert, prallte dann mit dem Kopf auf den Asphalt. Der Notarzt konnte nur noch den Tod des Mannes feststellen. Drei Stunden nach dem schrecklichen Vorfall wies die Blutprobe, die dem Unfallfahrer Burkhard H. (48) entnommen wurde, noch einen Wert von 2,56 Promille auf.

Gestern musste sich der Kleinmachnower wegen fahrlässiger Tötung vor dem Amtsgericht verantworten. Zum Tathergang machte der alkoholkranke Rentner keine Angaben, beteuerte allerdings zum Prozessauftakt, wie „unendlich leid“ ihm das Geschehene tue. Nach dem Unfall habe er sich in psychiatrische Behandlung begeben, besuche weiter die Gesprächsrunden der Anonymen Alkoholiker, um nie wieder in eine solche Situation zu geraten.

Der Verteidiger von Burkhard H. erklärte, sein Mandant habe den Fußgänger mit seinen zwei Walking-Stöcken am linken Fahrbahnrand stehend wahrgenommen. Urplötzlich sei der Mann losgelaufen. Er habe sofort gebremst, die Kollision aber leider nicht mehr verhindern können.

Der Sachverständige für Kraftfahrzeugtechnik ermittelte eine 25,7 Meter lange Bremsspur auf der feuchten Fahrbahn, errechnete aber auch, dass der Angeklagte mit mindestens 62 Stundenkilometern unterwegs gewesen sein muss. Wäre Burkhard H. – wie hier erlaubt – mit einer Geschwindigkeit von 50 km/h gefahren, hätte der Unfall vermieden werden können, erklärte er. Allerdings träfe das Unfallopfer eine gewisse Mitschuld.

Todesursache des 71-Jährigen sei ein schweres Schädel-Hirn-Trauma gewesen, so die Gutachterin für Rechtsmedizin. Ihr Kollege Kurt Semmler verwies auf die erheblich eingeschränkte Reaktionszeit des Angeklagten zum Unfallzeitpunkt. „Alkohol ist ein Hypnotikum. Auch ein durchaus alkoholgewöhnter Mensch reagiert dadurch verlangsamt.“

Der Gesetzgeber sehe für fahrlässige Tötung Geld- oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren vor, betonte der Staatsanwalt. Die hohe Schuld des Angeklagten gebiete eine zweijährige Freiheitsstrafe , die nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden könne. Die Witwe des Getöteten trat im Prozess als Nebenklägerin auf. Ihre Anwältin berichtete, ihre Mandantin sei aus Kleinmachnow weggezogen, um den Erinnerungen zu entfliehen.

Das Gericht unter Vorsitz von Francois Eckardt verurteilte Burkhard H. zu einerFreiheitsstrafe von zwei Jahren, ausgesetzt zu dreijähriger Bewährung. Zudem hat er eine Geldstrafe von 1000 Euro an das Oberlinhaus in Potsdam zu zahlen. Hoga