Potsdamer Neueste Nachrichten 06.01.06

 

Beschwerde gegen Sommerfeld-Urteil

Restitutionsansprüche für hunderte Kleinmachnower Grundstücke nun vorm Bundesverwaltungsgericht

Von Peter Könnicke

Kleinmachnow - Der zähe Rechtsstreit um einstiges jüdisches Eigentum in der Kleinmachnower Sommerfeld-Siedlung geht weiter. Zwar hat das Potsdamer Verwaltungsgericht im vergangenen August für ein leichtes Aufatmen im Sommerfeld-Karree gesorgt, denn es lehnte die Restitutionsansprüche des Berliner Geschäftsmanns Christian Meyer für mehrere hundert Grundstücke ab. Doch hat Meyer seine Ankündigung, „durch alle Instanzen zu gehen“, wahr gemacht: Ende Dezember legte er eine begründete Beschwerde gegen das Potsdamer Urteil beim Bundesverwaltungsgericht ein.

Der Richterspruch vom vergangenen August ist somit nicht rechtskräftig, die Restitutionsansprüche haben weiter Bestand, das Warten auf Rechtsfrieden geht weiter.

Mit ihrem Urteil gab die 1. Kammer des Potsdamer Verwaltungsgerichts erstmals eine Antwort auf die spannende Frage, wie heute mit Grundstücken der Siedlungsgesellschaft des jüdischen Bauunternehmers Adolf Sommerfeld umzugehen ist, die von den Nazis nach 1933 arisiert worden war. Die Richter stützten sich auf eine Sonderregelung im deutschen Vermögensrecht, wonach kein Anspruch auf Rückübertragung von Vermögen aus Firmen besteht, die eigens dafür existierten, Grundstücke zu verkaufen. Begründet wird dieser Ausschluss der Rückübertragung mit dem hoch zu bewertenden Schutz der Siedler, die die Grundstücke im guten Glauben kauften. Meist sind es deren Erben, die heute in der Kleinmachnower Siedlung leben.

Allerdings begleiteten die Potsdamer Richter Zweifel, ob die Passage im Vermögensgesetz im Einklang mit dem verfassungsrechtlichem Gleichheitsgebot steht. Es sei fraglich, ob bei der Wiedergutmachung zwischen Privat- und Betriebsvermögen unterschieden werden kann. Sommerfeld hat seine Siedlungsgesellschaft genauso wie seine persönlichen Besitztümer aufgrund des Verfolgungsdrucks der Nazis verloren. Er wurde nach dem Krieg dafür entschädigt, dass ihm sein Unternehmen entrissen wurde, nicht aber für die Grundstücke, die nach der Arisierung die Nazis verkauften. Die 1. Kammer überlegte lange, ob es eine Ungleichbehandlung sei, das eine als wieder gut zu machendes Unrecht zu werten, das andere aber nicht. Schließlich sahen sie den Schutz der Siedler als so bedeutend, dass sie Meyers Klage auf Rückübertragung abwiesen.

Meyer stützt sich nun bei seiner Beschwerde gegen das Urteil auf die Zweifel der Richter und den vermeintlichen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz. Daher wird er, sollte er auch am Bundesverwaltungsgericht scheitern, weiter bis zu den Karlsruher Verfassungsrichtern gehen. Meyer hält das Potsdamer Urteil für leicht angreifbar: „Das Gericht hätte formal auch anders entscheiden können, das Gesetz ist in dieser Frage sehr auslegungsbedürftig“, sagte er gestern gegenüber den PNN. Den Rechtsschutz für Siedler, den das Potsdamer Gericht besonders betonte, sieht Meyer in den wenigsten Fällen gegeben. Es gebe lediglich maximal 20 Betroffene, die nach der Arisierung gekauft haben und noch heute auf den Grundstücken leben würden, so Meyer. Alle anderen seien Erben. „Meist aus Westdeutschland, die durch meinen Restitutionsanspruch gehindert werden, die Grundstücke zu versilbern“, behauptet Meyer. Doch die vermögensrechtlichen Regelungen seien „keine Schutzvorschriften für Erben“.

Für Michael Blunert vom Mieterverein „Der Teltow“, der den Sommerfeld-Prozess seit langem begleitet, ist es müßig, über Meyers Ansicht nachzudenken. „Relevant ist einzig, ob es einen Rückübertragungsgrund gibt oder nicht.“ Dass sich damit nun endlich die Bundesverwaltungsrichter beschäftigen müssen, nennt Blunert einen „vernünftigen Versuch“.

Doch es wird lange dauern, ehe endgültig Rechtsfrieden ins Sommerfeld-Karree einzieht. Es sei denn, Meyer und die Nutzer der Grundstücke und Häuser, für die keine Bank Kredite gibt und für die sich kein Käufer interessiert, einigen sich außerhalb des Gerichts. Geschäftsmann Meyer ist dazu jederzeit bereit – „wenn die Quoten stimmen.“