Potsdamer Neueste Nachrichten 23.12.05
Der Checkpoint Bravo e.V. erhält auch im kommenden Jahr 5000 Euro von der Gemeinde Kleinmachnow
Kleinmachnow - Noch steht der Koffer im
Büro von Peter Boeger. Ein braunes Monstrum aus den 30er Jahren, der Deckel mit
Holzleisten verstärkt. Über 40 Jahre hat dieser Koffer auf einem Dachboden in
Baden-Württemberg gelegen, nachdem er 1962 einer jungen Frau aus Babelsberg die
Flucht über die Mauer nach Westberlin ermöglichte. Erst vor kurzem hat Boeger
ihn von der Familie geschenkt bekommen. Wenn alles nach Plan läuft, wird dieser
Koffer Ende 2006 eines der Ausstellungsstücke im Mauermuseum im
Kommandantenturm am einstigen Grenzübergang Drewitz-Dreilinden sein.
„Wir haben noch viel zu tun“, sagt Peter Boeger den PNN. Der Vorsitzende des
Vereins Checkpoint Bravo e.V., der sich seit 1998 für die Rettung des desolaten
Grenzgebäudes im Europarc Dreilinden einsetzt, kann sich auch im kommenden Jahr
auf die Unterstützung der Gemeinde Kleinmachnow verlassen. Wie schon in diesem
Jahr wird es auch 2006 einen Zuschuss von 5000 Euro für die notwendigen
Sanierungsarbeiten geben. Insgesamt stehen bisher 114 000 Euro für die
Sanierung der Anlage und den Aufbau der Ausstellung zur Verfügung, die sich aus
unterschiedlichen Fördergeldern und Spenden zusammensetzen.
Im März hat der Verein einen
Mietvertrag mit der Europarc GmbH für eine kostenfreie Nutzung über 25 Jahre
geschlossen, im September erfolgte die Baugenehmigung für die Sanierung des
denkmalgeschützten Kommandantenturms. Nun sind zehn Facharbeiter vor allem mit
der Innensanierung beschäftigt.
„Es ist ein Kampf ums Detail“, beschreibt Boeger die Arbeit. Eingeschlagene
Scheiben, fehlendes Wellblech, kaputte Ziegel und anderes muss erneuert werden.
„Und wir können nicht einfach in den Baumarkt fahren“, so Boeger, denn der
Denkmalschutz gibt hier klare Vorgaben. Sieben, fabrikneue Originalscheiben hat
der Verein von einem Kleinmachnower bekommen, der diese 1990 zu Hause einlagert
hatte, weil sie niemand mehr brauchte. Die Ziegel fertigt eine Firma in
Ostfriesland. Die neue Schallschutzdecke hat der Verein aus einem ehemaligen
Schulungsgebäude der Staatssicherheit in Gosen bei Berlin ausbauen können.
Neben Malerarbeiten sind die Arbeiter derzeit mit dem Einbau von Trägern und
Pfeilern im Turm beschäftigt. Dann soll die Instandsetzung der Lichtanlage
folgen. „Hier werden wir auch Zeit in die Suche nach Originalteilen investieren
müssen“, sagt Boeger. Er geht davon aus, dass der Verein fast das ganze
kommende Jahr für die Innensanierung und Aufbau der Ausstellung brauchen wird.
Die Arbeiten an der Außenanlage haben dagegen schon in diesem Jahr erhebliche
Fortschritte gemacht. „Mit Genehmigung der Gemeinde Kleinmachnow haben wir
einen 250 Meter langen Weg zur Straße anlegen können, um so die Erreichbarkeit
des Geländes zu verbessern.“ Schon am „Tag des offenen Turms“, am 9. November,
habe sich gezeigt, dass die Reste des einstigen größten Grenzübergangs der DDR,
noch immer die Menschen interessiert. „Eigentlich war nichts als die Baustelle
zu sehen, trotzdem kamen 63 Besucher“, so Boeger.
Mit mehr Besuchern rechnet Boeger, wenn das Museum in einem Jahr fertig sein
könnte. „Wir planen eine Dauerausstellung, die persönliche Schicksale und den
Alltag an der Grenze verbinden soll.“ Orden, Gebrauchsgegenstände und Dokumente
der Grenztruppen hat der Verein schon zusammengetragen. Acht Fluchtversuche
habe man recherchieren können. „Es gibt keine Akten, in denen genaue Zahlen zu
finden sind“, sagt Boeger. „Fluchtversuche wurden namensgebunden registriert.
Kennen wir einen Namen, dann können wir das recherchieren. Der Rest ist Zufall“
Durch Zufall kam der Verein auch an den alten Koffer. Für Boeger ein ganz
besonderes Stück, denn durch diesen Koffer wird ein ganz persönliche Geschichte
der Flucht für den Betrachter fast körperlich fühlbar. Dirk Becker