Potsdamer Neueste Nachrichten 02.12.05
Pläne im Grenzbereich
Soll Oderstraße Sackgasse werden, um Verkehr Am Weinberg zu reduzieren?
Von Peter Könnicke
Kleinmachnow - Dass Bürgermeister
Wolfgang Blasig mit Applaus bedacht wurde, hätte er wohl selbst nicht erwartet.
Zu geladen war am Mittwochabend die Atmosphäre der Bürgerversammlung, nachdem
die aktuellen Pläne für den Ausbau der Straße Am Weinberg vorgestellt wurden.
Unmut, Protest und Einwände sind nahezu vorprogrammiert, wenn sich Planer ans
Werk machen, um Straßenquerschnitte neu zu definieren, Parkplätze anordnen,
Geh- und Radwege skizzieren. So auch Am Weinberg, wo Fachleute der Straße einen
so schlechten Zustand attestieren, dass eine grundlegende Erneuerung von Nöten
ist. Die gleichsam beabsichtige Beruhigung des Viertels vermochten die Anwohner
in den vorgestern präsentierten Varianten allerdings nicht erkennen. Dafür
bedurfte es letztlich einer kühnen Idee des Bürgermeisters: die Herabstufung
der Teltower Oderstraße zu einem Geh- und Radweg.
Blasig will juristisch prüfen lassen, ob der letzte Abschnitt der Oderstraße,
der unmittelbar zur Kleinmachnower Ortsgrenze führt und in die Straße Am
Weinberg mündet, entwidmet werden kann. Das würde die Oderstraße, an deren Ende
schon heute die im Volksmund genannte „Blasig’sche Schikane“ zum behutsamen
Ortswechsel zwingt, quasi zur Sackgasse machen. Der Schleichverkehr, der von
den Kleinmachnowern Am Weinberg und Im Tal schon jetzt beklagt und in Zukunft
in stärkerem Ausmaß befürchtet wird, wäre verhindert. Doch ist sich Blasig
vollends bewusst, dass er den Plan „gegen den erklärten Willen der Teltower“
durchsetzen müsste.
Dessen Bürgermeister Thomas Schmidt
findet die Idee in der Tat alles andere als lustig. „Unverantwortlich, weil
unrealistisch“ seien diese Gedankenspiele. Es sei völlig abwegig die Straße,
die das Techno Terrain erschließt, auch nur teilweise zu entwidmen.
Von der Anwohnerschaft erntete Blasig für seinen Vorstoß indes Schulterklopfen.
Denn für ein reines Wohngebiet, welches das Quartier Am Weinberg und Im Tal
ist, sehen sie das Maß des Verträglichen beim Durchgangsverkehr längst
überschritten. 2500 Autos zählten Verkehrsplaner an einem normalen Arbeitstag
zwischen 7 und 19 Uhr, in Spitzenzeiten registrierten sie stündlich bis zu 300
Fahrzeuge. Ganz ohne Ziel ist die tägliche Karawane allerdings nicht: Das
Weinberg-Gymnasium, die Musikschule und die evangelische Grundschule liegen
mitten bzw. am Rand des Viertels und verursachen ein ständiges Kommen und
Gehen. Die gegenwärtige Situation ist dabei alles andere als befriedigend: wenig
Parkplätze, riskantes Aus- und Einsteigen, keine Rad- und schlechte Gehwege.
Offenbar am besten begegnet wird den Missständen mit einer Variante, in der die
Straße Am Weinberg als Einbahnstraße gestaltet wird. Die soll eine 3,50 Meter
breite Fahrbahn, 13 Parkbuchten, einen zweispurigen Radweg sowie links und
rechts Gehwege erhalten. Grundsätzlich soll dann im gesamten Viertel Tempo 30
gelten.
Mit ihrer Annahme, die Anwohner würde sich leichten Herzens vom
Kopfsteinpflaster trennen, lagen die Planer gänzlich falsch. Es wäre eine
„städtebauliche Sünde“, so der mit Beifall dekorierte Einwand eines Anwohners,
„wenn man mit Asphalt über das alte Pflaster herfällt.“ Es diene dem
öffentlichen Interesse, das einst Ortsbild prägende Pflaster in diesem denkmalwürdigen
Straßenzug Kleinmachnows zu erhalten. Der Hinweis, dass dies ein teures
Unterfangen sei, zeigte kaum abschreckende Wirkung.
Auch mit dem Schwarzen Weg, in dem sich die evangelische Grundschule befindet,
haben sich die Planer beschäftigt. Ihn komplett zur Tempo-30-Zone zu erklären,
wird nicht möglich sein. Aber man könne im unmittelbaren Bereich der Schule
Tempo 30 anordnen. Zudem ist ein gemeinsamer Geh- und Radweg geplant, auf dem
auch in gegensätzlicher Richtung gefahren werden darf. Die Sorge, dass die
vorgesehene Breite von 2,50 Meter zu gering sei, konnte Bürgermeister Blasig
nachvollziehen – denn die inzwischen mit Baurecht ausgestattete Schule wird
wachsen, demzufolge werden auch mehr Schüler auf dem Schwarzen Weg unterwegs
sein. „Doch je breiter der Weg, desto teurer wird er“, so Blasig.
Nach den Aufregungen um die im August erstmals vorgestellten Überlegungen eines
zweispurigen Ausbaus Am Weinberg habe man in der nunmehr präsentierten
Vorplanung Hinweise aus der Anwohnerschaft „weitgehend berücksichtigt“, so
Bauamtsleiterin Barbara Neidel. Zwar sahen die zahlreich erschienenen Anwohner
auch nach der vorgestrigen Präsentation noch reichlich Konfliktpotenzial, doch
versicherte ihnen Blasig, dass nicht gebaut werde, ohne vorher einen Konsens
erreicht zu haben. Das sei „ein beschwerlicher, aber interessanter Prozess“.
WAS DENKBAR
IST
Die Varianten
Variante 1a Am Weinberg
- Fahrbahn als Einbahnstraße (3,50 m)
- Fahrbahnbreite erlaubt Vorbeifahren an haltenden Autos
- Radfahrer in Fahrtrichtung auf
Fahrbahn und in Gegenrichtung auf eigenem Radweg
- kein Parken auf der Fahrbahn oder im Seitenbereich
Variante 1b Am Weinberg
- Fahrbahn als Einbahnstraße (3,50 m)
- bis Gymnasium auf zweistreifigem Radweg, ab Gymnasium in Fahrtrichtung auf
der Fahrbahn
- 13 Parkbuchten seitlich zur Straße
Variante 2 Umbau „Am Weinberg“
für Zweirichtungverkehr
- 6 Meter breite Fahrbahn mit Mischverkehr, d.h. Radfahrer auf der Fahrbahn
- Gehwege für „Radfahrer frei“ gemäß StVO)
-Parken auf der Fahrbahn möglich (25 bis 30 Stellplätze)
Fahrbahnumbau Im Tal
- notwendig, wenn Varianten 1a oder 1b realisiert werden
- Fahrbahn als Einbahnstraße (3,50 m)
- Anordnung von Parkbuchten