Potsdamer Neueste Nachrichten 22.11.05
Kleinmachnower diskutierten über ihren Beitrag zur Zukunft der Kammerspiele
Kleinmachnow - Die Hängeleisten unter
der Decke sind noch da, aber statt umrahmter Bildwerke ist die Wand im
ehemaligen Mehrzweckraum der Kammerspiele Kleinmachnow nun mit Filmpostern fast
zugeklebt. Der Blick zur Decke bleibt unwillkürlich an einem braunen
Wasserfleck haften, der wie eine Mahnung anmutet. Seit das einst kommunal
geführte Kulturhaus Kammerspiele vor zwei Jahren in die private Regie des
Eigentümers Karl-Heinz Bornemann überging, haben viele ehemalige Besucher das
Haus nicht mehr betreten.
So erging es vielen, die am Freitagabend der Einladung des Trägervereins zur
Diskussionsveranstaltung folgten, wie der Kleinmachnower Bundestagsabgeordneten
Cornelia Behm (Grüne), die nach einem ersten Rundblick konstatierte: „Vom
Leben, das einmal in den Kammerspielen herrschte, sind kaum noch Spuren zu
finden“. Behm, die einst als Gemeindevertreterin für den Erhalt des
Kulturstandortes plädierte, will sich wie viele andere für eine Wiederbelebung
engagieren. Denn Chancen, an die Traditionen des Hauses wieder anknüpfen, gibt
es, seit die Gemeindevertreter den Bürgermeister im November beauftragten, mit
dem Eigentümer über einen Kauf der Kammerspiele zu verhandeln.
Gunnar Hille vom Vereinsvorstand teilte
den über 60 Gästen mit, Bornemann habe Gesprächsbereitschaft signalisiert,
nachdem ihm von der Gemeinde ein Verkehrswertgutachten übermittelt wurde. Auf
den nun möglichen „Ernstfall“, das Haus übernehmen zu können, wolle man daher
vorbereitet sein. Pläne und Konzepte liegen schon vor und auch die im Mai uraufgeührte
Eigenproduktion „Der Untergang der Titanic“ überzeugte bereits künstlerisch.
Weitere Anregungen, das Haus mit Leben zu füllen, gab es reichlich an diesem
Abend: Lesungen, Theater, Ausstellungen, Konzerte, Dokumentarfilmtage und
Spätfilmreihen. Klar wurde jedoch in der Diskussion, dass man sich von der Idee
verabschieden muss, nur einen Veranstaltungskalender für eine passive
Zielgruppe aufzustellen. Vielmehr geht es künftig um eine bürgerschaftliche
Kulturarbeit, bei der die Grenzen zwischen Produzenten und Publikum nicht mehr
streng getrennt sind. Reichlich Potenzial ist im Ort vorhanden und in der
Debatte fand sich schnell eine Überschrift für diese neue Ära der Kammerspiele:
Vom kommunalen Kulturhaus zum Bürgerhaus der Kommune.
Spannend bleibt dabei die Frage, wie viel ehrenamtlich geleistet werden kann
und wie viel Hauptamt nötig ist, um Kontinuität zu gewährleisten. Zur
Gretchenfrage geriet denn auch die Finanzierung. Während Frank Nägele vom
Trägerverein glaubt, das gemeinschaftliche Unterfangen brauche keine
Fördergelder, plädierte Grünen-Politiker Axel Mueller, die öffentliche Hand
nicht aus der Verantwortung zu entlassen. Zumindest sollte ein Grundstock für
die Anfangszeit vorhanden sein. Regisseur Frank-Patrick Steckel hat den
Rückgang der öffentlichen Finanzierung als Intendant an verschiedenen deutschen
Theatern erfahren, weshalb er appellierte „in drastischer Weise umzudenken“. Das
schließe Sponsoring mit ein. Trotzdem sei darüber zu reden, was Kultur
eigentlich sein soll? Denn wenn mehr Geld für verwaltete Kultur ausgegeben
wird, leiste man Vorschub für ein Ende von Kultur. Kirsten Graulich