Potsdamer Neueste Nachrichten 16.11.05
Geschliffene
Schienen reichen nicht
Über 250 Kleinmachnower kamen zum Info-Abend über den Lärmschutz an der
Anhalter Bahn
Teltow - Immer mehr Teltower fordern Lärmschutzmaßnahmen
entlang der Anhalter-Bahnstrecke seit bekannt ist, dass auch die Dresdner Bahn
bald über diese Schienen rollen wird (PNN berichteten). Mit doppelt so viel
Zügen, geplant sind täglich 218, sei zu rechnen, so die Lokale Initiative
„Lärmschutz Anhalter Bahn“, die am Montag zu einem weiteren Info-Abend in die
Grundschule 2 einlud. Der Andrang war so groß, dass der Saal für die rund 250
Bürger nicht mehr ausreichte und viele mit einem Platz auf dem Flur und der
Treppe vorlieb nahmen.
Abermals angekündigt waren für diesen Abend Vertreter der Deutschen Bahn
Projektbau und des Eisenbahn-Bundesamtes (EBA), die zur letzten Veranstaltung
nicht kamen, weil der Termin zu kurzfristig war. Im Gegensatz zur Deutschen
Bahn, die diesmal mit vier Vertretern teilnahm, sagte das EBA abermals ab, weil
„die Veröffentlichungen in der Presse zur Inbetriebnahme (der Anhalter
Bahnstrecke) gegenwärtig noch im spekulativen Bereich liegen“ würden. An diesen
Spekulationen wolle man sich nicht beteiligen, da keine Veranlassung bestehe,
daran zu zweifeln, dass die Auflagen des Planfeststellungsbeschlusses eingehalten
würden, ließ Herr Wilkens vom EBA über Teltows Stadtverwaltung mitteilen.
Kritisiert wurde diese Haltung besonders von Bundes- und Landtagsabgeordneten,
die ebenfalls zur Veranstaltung gekommen waren. CDU-Bundestagsabgeordnete
Katharina Reiche: „So kann sich eine Bundesbehörde nicht benehmen, sondern muss
die Sorgen und Ängste von Bürgern ernst nehmen“.
So blieb es allein den Vertretern der
DB Projektbau überlassen in der emotionalen Debatte den Standpunkt der
zuständigen Behörde zu vermitteln. Doch das gestaltete sich schwierig, nicht
nur weil die DB Projektbau Auftragnehmer des EBA ist, sondern weil es um
juristische Fragen zum Feststellungsbeschluss ging. Das aber übersteige seine
Kompetenz, erklärte Projektbau-Chef Ulrich Baselt.
Nach Informationen der DB würden ab 2006 täglich 190 Züge, im Jahr 2015 erhöhe
sich diese Zahl auf 218. Außerdem sei die Strecke der Anhalter Bahn mit einem
besonders überwachten Gleis ausgerüstet, was bedeute, dass diese Schienen in
Wartungsintervallen geschliffen werden, um Lärm zu verringern. Ein teures
Verfahren, wie die Fachleute der DB übereinstimmend bekundeten, weshalb
Moderator Uwe Valentin nachhakte: „Warum wird dann nicht gleich die
preiswertere Variante einer Lärmschutzwand favorisiert?“ Dass es der Bahn um Wirtschaftlichkeitsrechnung
und einen Schienenbonus gehe war jedoch nicht nachvollziehbar. Hinzu kommt die
Erfahrung von Anwohnern im Bereich der S-Bahntrasse, die jetzt trotz
geschliffener Schienen mehr Lärm ertragen müssen, weil die einst neuen Wagen zum
S-Bahnstart durch ältere ersetzt wurden.
Dass ein besonders überwachte Gleis dort eingesetzt werde, wo man knapp
unterhalb von Lärmgrenzwerten liege, verdeutlichte der
FDP-Bundestagsabgeordnete Hellmut Könighaus in der Debatte. Der
SPD-Landtagsabgeordnete Jens Klocksin mahnte, der Anspruch der Bahn, sie sei
umweltfreundlich, müsse auch die Anwohner an den Schienenwegen mit
einschließen. Vom EBA erwarten die beiden Bundestagsabgeordneten eine Antwort
die Klarheit in das Thema bringe, weshalb sie eine gemeinsame Anfrage im
Bundestag starten wollen, wie Reiche ankündigte. Auch Andrea Wicklein (SPD),
die terminlich verhindert war, will sich dieser Anfrage anschließen, teilte
deren Pressesprecherin mit. Kirsten Graulich