Potsdamer Neueste Nachrichten 05.11.05
In enger Nachbarschaft
Beim strittigen Eigenherd-Turnhallenbau tut sich ein neues Konfliktfeld auf:
Entgegen der Pläne und zum Unmut der Anwohner sollen Vereine die Halle nutzen
Von Peter Könnicke
Kleinmachnow - Vor zwei Wochen beschlossen die Kleinmachnower Gemeindevertreter
Veränderungen beim Bau der Turnhalle für die Eigenherd-Grundschule. Eine
Laufbahn soll hinter der Halle angelegt werden – unmittelbar an der Grenze zu
einem Wohngrundstück, das gerade bebaut wird (PNN berichteten). Wegen der Nähe
zu dem Wohnviertel müssen die Kinder im Sportunterricht künftig äußerst leise
sein und Sportlehrern ist es verboten, Trillerpfeifen zu benutzen.
Nicht nur wegen dieser Einschränkungen
zweifelten etliche Abgeordnete an Sinn und Notwendigkeit, die Laufbahn an einer
derart kritischen Stelle zu positionieren. Es gab auch rechtliche Bedenken,
schließlich liegt die geplante Sporthalle in einem reinen Wohngebiet, in dem
für Lärmschutz strenge Auflagen gelten. Daher hielt man es in der CDU-Fraktion
für zu riskant, durch die Lage der Außensportanlagen von Beginn an den
Nachbarschaftsfrieden zu gefährden. Der SPD-Abgeordnete Jens Klocksin hielt den
Zweiflern indes entgegen, dass künftige Bauherren an dieser Stelle schließlich
um die Nachbarschaft einer Turnhalle wissen.
Am Donnerstagabend holte den Bauausschuss die Realität ein. Nebahat Roggow
stellte sich und ihre Familie als Bauherren des neben der Turnhalle
entstehenden Einfamilienhauses vor. Ihre geäußerte Hoffnung, die Gemeinde werde
sich nicht in „kostspielige Rechtsstreitigkeiten stürzen“ und Entscheidungen im
Sinne der Anwohner treffen, machte allen Spekulationen ein Ende, ob sich in der
Nachbarschaft der Wille zur Klage rege oder nicht. Roggow verwies auf eine
klare Rechtsposition: Da die Gemeinde auf das ihr zustehende Vorkaufsrecht für
das Grundstück verzichtet hat – entgegen der eindringlichen Warnung der beiden WIR-Abgeordneten
Scheib und Banhart –, war klar, dass ein Wohnhaus entstehen wird, woraus sich
eindeutige Ansprüche ableiten ließen.
Roggows Auftritt im Bauausschuss erscheint zwangsläufig: Anders als bislang
beabsichtigt, soll die Sporthalle auch von Vereinen genutzt werden dürfen. Vor
dem Kauf des Grundstücks hatte sich die Familie im Kleinmachnower Bauamt und
beim Eigenherd-Schulleiter Bernd Bültermann gründlich über die geplante
Turnhalle informiert. Dort sei ihnen versichert worden, dass die Sporthalle
ausschließlich für Schulzwecke genutzt werden soll. Mit dieser Aussicht konnte
die Familie leben. „Von einer Ganztagsnutzung durch Schule und Vereine und
einer Laufbahn direkt an unserer Grundstückgrenze war nie die Rede“, betonte Nebahat
Roggow unter Tränen im Bauausschuss. Später habe Schulleiter Bültermann
argumentiert, die Laufbahn „würde nur acht Mal im Jahr genutzt“. Die
Eigenherd-Schule besuchen mehr als 500 Schüler.
Einmal mehr soll nun die wechselvolle Geschichte des Turnhallenbaus
umgeschrieben werden, der wegen Planungsfehler, architektonischer Schwächen und
seiner sensiblen Lage bereits vielfältige Korrekturen und Kompromisse erfahren hat.
Über eine Änderung des Bebauungsplans (B-Plan) soll nun die Nutzung der Halle
für Vereine ermöglicht werden. Zwar beeilte sich Bauamtsleiterin Barbara Neidel
am Donnerstag zu betonen, dass man eng begrenzte Nutzungszeiten definieren
werde. Laut Baugenehmigung jedoch ist eine Öffnung der Halle wochentags bis
21.30 Uhr möglich. Auslöser für die beabsichtige Änderung ist der kürzliche
Protest der Frauen-Gymnastikgruppe vor dem Ortsparlament. Den Turnerinnen ist
der Vertrag für die bisherige Eigenherd-Turnhalle gekündigt und verdeutlicht
worden, dass eine Nutzung der neuen Halle für Vereine nicht vorgesehen ist. Das
Tempo, mit dem das Bauamt nun zwei Wochen später eine B-Plan-Änderung
vorschlägt, verwundert nicht nur Anwohner Frank Lettau, der erneuten Protest
aus der Nachbarschaft prophezeit. Auch der CDU-Sachkundige Jochen Lang
verhehlte seinen Eindruck nicht, „dass hier etwas lanciert wird“. Es sei
eindeutig geklärt worden, dass aufgrund der Lage der Sporthalle in dem reinen
Wohngebiet ausschließlich eine Schulnutzung möglich sei. Das sei Grundlage des
B-Plans sowie Bedingung der Baugenehmigung gewesen. „Wenn jetzt von hinten
durch die kalte Küche etwas anderes beschlossen wird, fühle ich mich veralbert
und in diesem Ausschuss deplatziert“, ereiferte sich Lang.
Ein etwas anderes Erinnerungsvermögen hat der SPD-Abgeordnete Michael Scharp.
Als das Ortsparlament den B-Plan beschlossen hat, habe man „bewusst schwierige
Fragen ausgelassen, um sie später zu diskutieren“. Nun habe man zwischen dem
Allgemeinwohl und den Interessen der Anwohner abzuwägen.
Im Bauausschuss kam es dazu nicht mehr, da die Verwaltung ihre Beschlussvorlage
zurückzog und nochmals überarbeiten will. Allerdings lässt die Antwort der
Bauamtsleiterin auf die Frage des SPD-Vertreters Klocksin, an welche Nutzung
die Baugenehmigung überhaupt gebunden ist, für einige Abgeordnete keinerlei
Spielraum zu. Die Erlaubnis der mittelmärkischen Bauaufsicht zum Bau der
Sporthalle ist an eine Schulsport- und schulsportnahe Nutzung geknüpft. Für den
Sachkundigen Lang ist das eindeutig: „Passiert etwas anderes, klagt jeder mit
Erfolg dagegen.“