Potsdamer Neueste Nachrichten 03.11.05

Mehr Dialog beim Einkaufen

Neue Rechtslage verpflichtet Kommunen zu mehr Abstimmung beim Einzelhandel

Von Peter Könnicke

Stahnsdorf - In Teltow soll ein Hornbach-Baumarkt entstehen, mehrere 10000 Quadratmeter groß und mit Drive-In-Service.

Das ist reine Fiktion.

Doch wenn es so wäre, müssten sich die Teltower Stadtväter mit ihren Nachbarn in Stahnsdorf und Kleinmachnow intensiv ins Benehmen setzen. Denn durch die Novellierung des Baugesetzbuches im vergangenen Jahr wäre Teltow verpflichtet zu beweisen, dass die geplante Ansiedlung die benachbarten Kommunen nicht schädigt, etwa durch Abzug von Kaufkraft. Diese neue Rechtslage zwingt benachbarte Kommunen, ihre Ansiedlungspolitik miteinander abzustimmen. Da traf es sich, dass man sich in der Region gerade intensiv Gedanken um eine bessere interkommunale Kooperation macht und gleichzeitig das Deutsche Seminar für Städtebau und Wirtschaft (DSSW) interessierten Kommunen in Werkstattgesprächen Handlungsempfehlungen anbietet.

Da das DSSW zudem die in der Region nicht unbekannten Kommunalberater von „complan“ beauftragt hat, die Regie über diese Werkstattgespräche zu übernehmen, war eine Anfrage an die Kommunale Arbeitsgemeinschaft „Der Teltow“ naheliegend, ob Interesse an einem Austausch über den Einzelhandel in der Region besteht. Und so trafen sich jüngst Ortspolitiker aus allen drei Kommunen, Vertreter von Verbänden, Verwaltungsmitarbeiter und Wirtschaftsförderer in Stahnsdorf, um „einem Denken in regionalen Dimensionen Vorschub leisten“, wie es im das DSSW als Ziel formuliert hatte.

Als eine „sehr konsensuale Veranstaltung“ wertet Stahnsdorfs Bürgermeister Gerhard Enser (CDU) das Treffen. Tatsächlich kann die mittelmärkische Bauaufsicht bei der Ansiedlung von Einzelhandelsunternehmen keine konkurrierenden Vorhaben in der Region ausmachen, zudem attestiert sie den drei Orten einen funktionierenden Abstimmungsprozess. Vorbei scheinen die Zeiten, als man in Kleinmachnow mürrisch auf die Einkaufsoase in der Teltower Oderstraße blickte. Vorbei offenbar das Bangen im Stahnsdorfer Rathaus, dass Kleinmachnow die Idee eines großflächigen Einkaufsmarktes im Gewerbegebiet toleriert. Denn inzwischen definiert Stahnsdorf sein Gewerbegebiet als Techno Park, „was jedoch noch einer genauen Profilierung bedarf“, wie Enser betont. In Kleinmachnow sind in jüngster Vergangenheit mit dem Bau des Ortszentrums Versorgungsdefizite ausgeglichen worden und mit der Ansiedlung von Discountern hat man - ebenso wie in Stahnsdorf - einen Grad der Sättigung erreicht. 15 Prozent der Kaufkraft werden im unmittelbaren Umfeld eines Discounters gebunden, so dass mit der erreichten Anzahl der angesiedelten Märkte à la Aldi, Kaiser's und Lidl die Kaufkraft als gedeckt betrachtet wird.

Lediglich bei der Neuansiedlung eines Verbrauchermarktes mit zirka 6000 Quadratmeter Verkaufsfläche mit einem breiten Sortiment an Ge- und Verbrauchsgütern sieht man die Option für eine weitere Ansiedlung. Genau hier sieht Teltows Bürgermeister Thomas Schmidt (SPD) eine Bewährungschance für den propagierten Abstimmungsprozess. Es gebe „ständig Anfragen“ interessierter Investoren, einen solchen Markt, der jährlich zwischen 15 und 25 Millionen Euro umsetzt, anzusiedeln. „Es bedarf einer intensiven Verständigung, wo in der Region das am besten geschehen soll“, so Schmidt.

Völlig ausgeschlossen für die Region wird die Notwendigkeit eines Kaufhauses mit einem vielfältigen Branchen- und Mietermix.

Für Stahnsdorfs Bürgermeister sind die neuen Abstimmungskriterien für die Ansiedlungspolitik beim Einzelhandel nur ein Aspekt im Maßnahmekonzept für mehr interkommunale Kooperation. In dem Gesamtpaket müsse ein regionales Einzelhandelskonzept mit Aussagen, wo künftig was angesiedelt werden soll, einen Schwerpunkt bilden. Bereits während des Werkstattgespräches sei man sich einig gewesen, dass es gewachsene Strukturen wie in der Teltower Oderstraße, aber auch kleinteilige Gewerbestandorte in Streulagen zu stabilisieren gilt. Gleichzeitig müsse man sich darüber im Klaren sein, dass eine weitere Zunahme großflächigen Einzelhandels einer qualitativen Belebung der Teltower Altstadt entgegen wirkt. Auch die „complan“-Berater sehen regionale Ressourcen gebündelt, wenn sich Kleinmachnow, Stahnsdorf und Teltow auf die Stärkung zentraler Lagen verständigen. Dies bedeute gleichzeitig Sicherheit sowohl für die Kommunen, als auch für die Investoren. Teltows Bürgermeister Schmidt betrachtet das Werkstattgespräch als hilfreiche Ergänzung der aktuellen Diskussion, wie und in welchem Umfang die drei Kommunen am Teltowkanal künftig kooperieren sollen.

Bereits morgen gibt es in Kleinmachnow einen erneuten Workshop, bei dem sich die Gemeindevertreter und Stadtverordneten über die Konsequenzen austauschen, wenn etwa ein Planungs- oder ein Kommunalverband Aufgaben übertragen bekommt, die bislang jede Kommune für sich selbst wahrnimmt. Am 7. Dezember - so der Plan - soll in der Kommunalen Arbeitsgruppe „Der Teltow“ entschieden werden, in welcher vertraglich bindenden Form Aufgaben gebündelt werden. „Die Frage ist“, so Teltows Stadtoberhaupt, „wie viel Spielfelder und so manch lieb gewonnenes Spielzeug der Einzelne abgeben will.“.