Potsdamer Neueste Nachrichten 30.09.05

 

"Todesmutig" zur Schule

Folge des Wachstums: Der Ruf nach sicheren Schulwegen wird in Kleinmachnow immer lauter

Kleinmachnow - Der Bauboom in Kleinmachnow hat sich an vielerlei Stellen bemerkbar gemacht: Nicht nur, dass die Karteien im Einwohnermeldeamt in wenigen Jahren um mehrere tausend Einträge erweitert worden sind, ein halbes dutzend Supermärkte die Versorgung sichert und reichlich Autos fahren. Auch neue Kindergärten und Schulen sind Folge des Bevölkerungswachstums. Nun, wo die neuen Betreuungsstätten und Lernschmieden da sind und auch die bisherigen Einrichtungen nach wie vor gut ausgelastet sind, wird eine weitere Nebenwirkung des Wachstums offenbar: Als ganz und gar nicht sicher empfinden Kleinmachnower die Schulwege für ihre Schützlinge. „Nur wenige unerschrockene Eltern lassen ihre Kinder allein zur Schule“, konstatiert Wolfgang Rips, dessen Sohn die Evangelische Grundschule am Schwarzen Weg besucht.

Den Gemeindevertretern sind die Sorgen nicht neu: In den Programmen der Ortsparteien genießt die Schulwegsicherung Priorität und so manches Wahlversprechen ist sogar erfüllt. So führen auf dem Weg zur Eigenherd-Schule inzwischen zwei Zebrastreifen über die Thälmannstraße. Doch werden die Ortsparlamentarier selbst immer wieder von neuen Entwicklungen – wie der Öffnung der Schleusenbrücke – eingeholt. „Todesmutig“ nennt inzwischen der CDU-Politiker Maximilian Tauscher die Überquerung der Hohen Kiefer.

Der Ausschuss für Ordnung und Verkehr widmete sich am Mittwoch auf einer Sondersitzung der – offenbar fehlenden – Sicherheit auf Kleinmachnows Schulwegen. Ulf Marzik, Elternvertreter der Eigenherd-Schule, ist überzeugt, dass sinnvolle Querungshilfen den morgendlichen Verkehr auf Kleinmachnows Straßen verringern und Eltern ermutigen würden, ihre Kinder zur Schule laufen zu lassen. Gegenwärtig sei jedoch vor allem das Meiereifeld eine absolute Gefahrenlinie. Mit Tempo 50 dürfen Autofahrer hier unterwegs sein – täglich müssen 156 Eigenherd-Schüler das Meiereifeld überqueren. Dem Antrag der Gemeinde, das die Straße zum Teil einer Tempo-30-Zone zu machen, hat die zuständige Verkehrsbehörde des Landkreises nicht zugestimmt. Die Gemeinde klagt gegen die Ablehnung – doch die Mühlen der Justiz mahlen langsam. Den Ausschussmitgliedern legte Elternsprecher Marzik nahe, über Zebrastreifen Im Hagen und Im Kamp nachzudenken, was den Abschnitt wesentlicher sicherer machen würde. Zudem würden auch auf der Karl-Marx-Straße, wo täglich 80 Schulkinder unterwegs sind, Zebrastreifen in Höhe des Fuchsbaus und der Langen Reihe sicheres Geleit geben.

Selbstkritisch räumte Marzik ein, dass die allmorgendlichen Zustände unmittelbar vor der Eigenherd-Schule ein hausgemachtes Problem seien: Nicht alle Eltern würden sich an die freiwillige Einbahnstraßenregelung halten. Die Polizei beklagt, dass Hinweise ignoriert und nicht ernst genommen würden. Zur nächsten Elternkonferenz soll es daher auch eine Aussprache mit den Ordnungshütern geben.

Auch der Weg zur Evangelischen Grundschule ist nicht von der Qualität, dass Eltern sorgenfrei ihre Kinder allein zu Fuß oder mit dem Rad losschicken. „Wir sind meilenweit von einem sicheren Schulweg entfernt,“ meint Anwohner und Vater Wolfgang Rips. Zwar wurde inzwischen der Bauhof beauftragt, den Gehweg zur Schule zu reparieren, das Ordnungsamt plant eine Verkehrszählung und die Polizei will verstärkt vor dem Siemensgelände im Einsatz sein. Für ein erhöhtes Sicherheitsgefühl wird das jedoch nicht reichen. Im Gegenteil: Die Pläne, den gesamten Siedlungsbereich an der Ortsgrenze neu zu gestalten, hat äußerst verunsichert. So ist u.a. ein zweispuriger Ausbau der bisher als Einbahnstraße deklarierten Straße Am Weinberg skizziert, was bei Anwohnern auf „massiven Widerstand“ stoße, so Rips. Für ein das Wohn- und Schulgebiet – auch das Weinberg-Gymnasium liegt in diesem Bereich – „wäre das ein riesengroßer Fehler“, warnt Rips. Inzwischen werde die Planung für diesen Siedlungsbereich überarbeitet, informierte Bauamtsleiterin Barbara Neidel. Ende Oktober würden die verschiedenen Varianten in einer Einwohnerversammlung vorgestellt. Auch mit Blick auf sichere Schulwege versicherte Ausschusschef Michael Scharp, dass „bei jeder Variante genau überlegt wird, ob sie zusätzlichen Verkehr fördert oder verhindert“. Peter Könnicke