Potsdamer Neueste Nachrichten 22.09.05

 

Zwischen Angriff und Verteidigung

CDU-Landeschef Schönbohm kann an der mittelmärkischen Parteibasis nicht mehr auf uneingeschränkten Rückhalt hoffen

Von Henry Klix und Peter Könnicke

Potsdam-Mittelmark - Wenn es um die Zukunft seines Landeschefs geht, findet Erich Vad drastische Worte: „Der General hat die Schlacht verloren und muss die Konsequenzen ziehen“, sagt der CDU-Ortschef von Schwielowsee. Die Rücktrittsforderungen aus dem Strausberger Ortsverein seiner Partei kann er durchaus nachvollziehen. Vad kennt sich als Referent für Sicherheits- und Verteidigungspolitik der CDU/CSU-Bundestagsfraktion aus mit den politischen Gepflogenheiten seiner Partei.

Schönbohms „unglückliche Äußerungen“ hätten auf das Wahlergebnis in der Mark spürbar durchgeschlagen. „Herr Stoiber kann die Bayern auch nicht ein paar Tage vor der Wahl als Säufer bezeichnen“, sagt Vad. Er fordert Kurskorrekturen im Landesverband – personeller Art. Dem Strausberger Gedanken eines Sonderparteitags kann Vad dabei viel abgewinnen. „Wir sollten uns dann auch mal anschauen, wie es Frau Riechstein geschafft hat, das beste Ergebnis der CDU-Direktkandidaten zu erzielen“, sagt er. „Solche Leute brauchen wir für die Zukunft – mit Charisma und Integrationsfähigkeit.“

Nicht alle CDU-Ortschefs im Landkreis werden so deutlich, die Stimmen schwanken zwischen Angriff und Verteidigung. Auf uneingeschränkte Rückendeckung kann Schönbohm an der Parteibasis nicht mehr hoffen. Der Michendorfer CDU-Chef Michael Senftleben sieht die Gefahr, dass aus der Strausberger Forderung eine Dynamik entsteht, „wenn jetzt nicht bald klare Worte vom Landesvorstand kommen.“ Die Stasi-Vorwürfe gegen PDS-Frontfrau Dagmar Enkelmann hätten der CDU wohl keine Prozente bei der Bundestagswahl gekostet, die „proletarisierten Ostdeutschen“ schon. „Bei den Schwankenden hat das dazu geführt, dass sie anders gewählt haben“, sagt Senftleben. Die vom Landeschef formulierte Zielmarke von 25 plus X sei letztlich an seiner eigenen Person gescheitert. Rücktritt? „Ich würde es vorziehen, wenn das parteiintern geklärt werden kann.“

Der CDU-Ortschef von Werder, Bernd Warsawa, reagiert ausweichend auf die Frage der Zukunft des Landeschefs. „Wir werden kommenden Dienstag mit dem Ortsvorstand über die Auswirkungen der Wahl beraten.“ Bundesweit habe die CDU nicht gerade zufriedenstellend abgeschnitten – das an Schönbohm festzumachen, sei „zu kurz gegriffen“. „Ich will der Meinungsbildung in meinem Ortsverein aber nicht vorgreifen“, sagt Warsawa. Zumindest müsse ja anerkannt werden, dass die CDU in Werder einige Prozentpunkte über dem Landesdurchschnitt abgeschnitten habe.

„Im Landkreis sind wir ja wenigstens noch zweitstärkste Kraft“, sagte Martina Mölders, CDU-Ortsvereinschefin in Beelitz. Sie kann den Ost-Thesen Schönbohms mit etwas Galgenhumor auch etwas Positives abgewinnen: „Zumindest sind die Leute an die Infostände gekommen.“ Die Frage, ob der Landeschef bis 2007 zu halten ist, will sie nicht beantworten. „Wir sehen derzeit zu, dass wir unseren eigenen Ortsverband zusammenhalten und hoffen dabei auf die Unterstützung des Landesvorstands, nicht auf Proletarisierungsthesen“, sagt Mölders.

Selbst CDU-Kreischefin Saskia Funck verkennt nicht, „dass Schönbohms Äußerungen Auswirkungen auf den Wahlkampf hatten“. „Wir müssen sehen, ob diese Schäden reparabel sind.“ Es bestehe aber kein Anlass, dass „ein Mann mit großen Verdiensten für den Landesverband so getrieben wird.“ Eine klare Antwort, ob Schönbohm Landeschef bleibt, könne es erst im Jahr 2007 geben, meint Funck. „Bis dahin ist er vom Landesparteitag als Landeschef gewählt.“

Ganz genauso sieht es Stahnsdorfs CDU-Ortschef Peter Weiß. „Schönbohm ist bis 2007 unser Parteichef, daran wird nicht gerüttelt.“ Sicherlich, die Proletarisierungsthesen von Brandenburgs oberstem Christdemokraten „waren nicht glücklich und dienlich“, seien aber gegen „seine Verdienste für den Zusammenschluss und Halt“ der märkischen Union nicht aufzuwiegen, so Weiß.

Auch in Kleinmachnow sieht CDU-Fraktionschef Ludwig Burkardt keinen Grund für einen frühzeitigen Rücktritt Schönbohms. „Nur wer sich profilieren will, setzt solche Forderungen in die Welt.“ Es wäre unsinnig, jetzt selbst Druck zu erzeugen und Folgen zu riskieren, die man letztlich nicht will, nur weil man der öffentlichen Debatte nicht mehr standhalte. Statt ihren Vorsitzenden zu demontieren, sei die CDU in jedem einzelnen Ortsverband nach der bundesweiten Wahlschlappe gut beraten, hart zu arbeiten. Selbst wenn die Kleinmachnower Christdemokraten mit knapp 26 Prozent weit über dem Landesdurchschnitt lagen, „sind wir lange noch nicht da, wo wir hin wollen“.

Alles andere als einen Schongang mit dem Parteichef verlangt hingegen auch Teltows CDU-Stadtchef Florian Lewens. Er spricht von einem „erheblichen Grummeln“ an der Teltower Basis. Man wolle in einer gesonderten Arbeitsgruppe das schlechte Wahlergebnis analysieren, doch schon jetzt gebe es Teltower Christdemokraten, die das Debakel der märkischen Union an den umstrittenen Äußerungen ihres Chef anhängen. Lewens beklagt generell die „Diskussions- und Beteiligungsmentalität“ im CDU-Landesverband. „Die Gesprächs- und Streitkultur ist unter aller Kanone.“ Es finde ein Dirigismus von Oben statt, auch im zurückliegenden Bundestagswahlkampf, der die Basis alles andere als motiviere. Den Strausberger Vorschlag eines Sonderparteitages kann Lewens daher nur begrüßen. „Doch darf das kein Scherbengericht über Schönbohm sein, sondern muss thematisch breit gefächert werden“, verlangt Lewens. Es gebe im Landesverband „erhebliche Strukturprobleme“, die diskutiert werden müssen. So dürften auch „Posten und Positionen nicht länger nach Wohlwollen, sondern nach Qualifikation besetzt werden“.