Potsdamer Neueste Nachrichten 10.09.05
Der Kleinmachnower Gemeindevertreter Banhart hat die
P&E Gesellschaft als Briefkastenfirma bezeichnet. Die erwirkte ein Verbot
Von Peter Könnicke
Kleinmachnow - Anwalt Ermbrecht Rindtorff hat gewisse Vorstellungen von einer
Briefkastenfirma. Demnach mietet sich irgendjemand ein Büro oder eine ganze
Büroetage und wenn das Telefon klingelt, greift eine aparte Sekretärin zum
Hörer und tut so, als würde sie die Anrufe weitergeben. „Doch in Wirklichkeit
sitzt da niemand.“
Bei der Planungs- und
Entwicklungsgesellschaft Kleinmachnow (P&E) „meldet sich gar keiner“, hat Rindtorff
in Erfahrung gebracht. „Es gibt nicht einmal eine Telefon oder eine
Telefonnummer und es gibt bis auf einen Geschäftsführer auch keine Mitarbeiter.“
Trotzdem hat die P&E in den vergangenen zehn Jahren Projekte für 120
Millionen Euro abgewickelt. Rindtorff hat daher „nicht den Hauch eines
Zweifels, dass die P&E das Gepräge einer Briefkastenfirma hat.“
Auch der Gemeindevertreter John Banhart hat die P&E auf der Internetseite
von „Wir in Kleinmachnow“ als Briefkastenfirma bezeichnet. Deren
Geschäftsführer hat daraufhin vor Gericht eine einstweilige Verfügung erwirkt,
die es Banhart untersagt, das Unternehmen noch einmal so zu nennen. Banhart
klagte dagegen und zusammen mit seinem Anwalt Rindtorff versuchte er am
Donnerstag dem Gericht zu erklären, warum er dieser Meinung ist.
Die P&E ist eine hundertprozentige Tochter der Gemeinde und seit Jahren für
alle wesentlichen Entwicklungsaktivitäten und Bauprojekte der Gemeinde
zuständig. Dabei gibt sie allerdings sämtliche von der Gemeinde übertragenen
Aufgaben sofort an eine zweite Gesellschaft weiter, die Dreilinden-Entwicklungs
GmbH (DEG), mit der die P&E einen unbefristeten Vertrag hat. Hinter der DEG
steht zur Hälfte eine Tochter des Kondor-Wessels-Konzerns, der in Kleinmachnow
millionenschwere Projekte realisiert – u.a. das Ortszentrum. „Formal gesehen“
will Banhart überhaupt nicht bestreiten, dass die P&E eine „korrekt
operierende“ Gesellschaft ist. Doch nicht nur er, sondern zahlreiche
Gemeindevertreter zweifeln am Sinn der Gesellschaft. Banhart: „Sie ist doch
lediglich ein Durchlauferhitzer für Gemeindegeld“.
„Durchlauferhitzer“ würde P&E-Anwalt Claus Hinrich-Clausen sogar gelten
lassen. „So kann man inzwischen jede große Baufirma bezeichnen, die nur noch
Aufträge akquiriert und weiterleitet.“ Doch der Begriff der Briefkastenfirma „inpliziert
etwas Illegales“, mit ihm sei eine starke Assoziation mit etwas Unrechtem
verbunden, so Clausen. Das Kernmerkmal einer Briefkastenfirma sei, dass sie
kriminelle Machenschaften verschleiert und Recht umgeht. Das könne man der
P&E nun wirklich nicht vorwerfen. Und eine fehlende Telefonnummer sei
vielleicht ein Versäumnis, aber kein Indiz für eine Briefkastenfirma. Die
P&E wickle ihre Geschäfte offen ab, bilanziere alles und habe einen
Aufsichtsrat, in dem immerhin auch Banhart sitzt.
Dass die Protokolle in den Sitzungen des Aufsichtsrats von einer Sekretärin
aufgenommen werden, die bei einer Firma arbeitet, die Kunde der P&E, ist,
bestätigt Banhart indes in seiner Meinung.
Richter Dominik Brand, der die einstweilige Verfügung erlassen hatte, vermochte
durchaus Aspekte zu erkennen, „die es verständlich erscheinen lassen“, dass Banhart
die P&E eine Briefkastenfirma nennt. Doch unterstellt er dem
Gemeindevertreter, dass er mit seiner Äußerung eine Tatsache behaupten wollte
und es sich nicht um eine Wertung handelt. Der Richter hielt an seiner
Verfügung fest: Banhart darf die P&E auch weiterhin nicht Briefkastenfirma
nennen. Doch räumte Brand ein, dass dies in anderer Instanz ganz anders
bewertet werden könne. Banhart und sein Anwalt sehen die Sache grundsätzlicher:
„Es ist nicht zu verstehen, dass diese politische Meinungsäußerung als
klassisches Werturteil nicht erlaubt sein soll“, so Rindtorff. Und wenn man die
Geschäftspraxis der P&E mit dem Vergaberecht vergleicht, „kommen wir
vielleicht noch zu ganz anderen Eindrücken und sitzen nicht nur vor einem
Zivilgericht“, befand der Jurist. Banhart wertet die Klage der P&E nicht
zuletzt „als Einschüchterungsversuch gegen kritische Gemeindevertreter, die die
Rechtmäßigkeit einiger Geschäfte der Gemeinde zunehmend erfolgreich in Frage
stellen“. Auch deshalb wolle er sich keinen „Maulkorb“ verpassen lassen und nun
am Oberlandesgericht um sein Recht auf politische Meinungsäußerung streiten.