Potsdamer Neueste Nachrichten 20.08.05
Zweigleisig in die Zukunft?
Kleinmachnower Gemeindevertreter wollen Stamm- und S-Bahn im neuen
Nahverkehrsplan des Landes
Kleinmachnow - Die Rechnung hatte über Jahre hinweg Gültigkeit: Wenn man
Kleinmachnow und Schiene addierte, kam als Summe „Stammbahn“ heraus. Inzwischen
ist das Ergebnis nicht mehr ganz so eindeutig: Die S-Bahn, die inzwischen bis
Teltow fährt und deren Ringschluss über Stahnsdorf zurück nach Berlin-Wannsee
schon vor sieben Jahrzehnten skizziert wurde, ist auch für Kleinmachnower eine
Alternative geworden. Etwa für Victoria Brammer. Vor Jahren noch interessierte
sie sich für die Stammbahn-Initiative und machte sich auf der stillgelegten
Trasse auf Spurensuche der ersten preußischen Eisenbahn. Heute sagt sie: „Der
S-Bahn-Ringschluss ist sehr vernünftig.“
Und so hatte Gemeindevertreter Jens Klocksin, zugleich verkehrspolitischer
Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, am Donnerstag im Kleinmachnower
Gemeindeparlament hartnäckig Überzeugungsarbeit für seinen Antrag zu leisten,
der Stammbahn wie auch S-Bahn-Ringschluss zum Inhalt hatte. Die
Gemeindevertretung Kleinmachnow, so sein Ansinnen, soll die Landesregierung
auffordern, beide Projekte in den neuen Nahverkehrsplan für des Landes
aufnehmen. Klocksin mahnte „ein gewisses Maß an Dringlichkeit“ an, da das Land
bereits im Oktober seinen neuen Nahverkehrsplan vorstellt.
„Er wäre schön, beide Verkehrsträger zu
haben, da sie sich ergänzen“, befand Klocksin. Während die Verlängerung der
S-Bahn nach Stahnsdorf und Wannsee aus regionaler Sicht wünschenswert sei, die
Trasse bis heute frei gehalten und in den geltenden Flächennutzungsplänen
vorgesehen sei, biete sich die Stammbahn für den Regionalverkehr sowie als
Schienenanschluss für Kleinmachnow und den Europarc, sowie für Steglitz und Zehlendorf
an. Und es war ihm wichtig zu betonen, dass die Mittel aus zwei verschiedenen
Töpfen genommen werden würden: Die Kosten für die S-Bahn müssten sich Bund und
Land teilen. Die Stammbahn würde aus den investiven Altlasten des Bundes
bezahlt werden, die allerdings nur noch bis 2007 verfügbar sind. Doch da die
Mittel vorhanden sind, wäre für Klocksin die Stammbahn das Projekt, was
machbarer erscheint. Hingegen sei es durchaus problematisch, die S-Bahn durch
das inzwischen besiedelte Stahnsdorf zu führen, auch wenn die Trasse frei
gehalten ist.
Ungeteilte Zustimmung kam vom CDU-Abgeordneten Fred Weigert, der das
„positiv-konstruktive Denkmodell“ in Klocksins Antrag würdigte. Doch selbst
langjährige Stammbahn-Befürworter wie Klaus-Jürgen Warnick ( Linkspartei.PDS),
der bereits vor fünf Jahren als damaliger Landtagsabgeordneter in Potsdam die
Reaktivierung der Stammbahn forderte, zeigt sich skeptisch: „Realistisch
gesehen hat der Bund kein Geld für die Stammbahn. Viel eher ist der
S-Bahn-Ringschluss möglich.“ Diesen hält auch der WIR-Abgeordnete John Banhart
für die sinnvoll. Seine Überzeugung: „Die Stammbahn bringt keinen großen
Mehrwert und nicht genügend Vorteile für die Region.“ Sie gehe peripher an
Kleinmachnow vorbei. Zudem sei es eine Ilussion zu glauben, durch
Bahnanschlüsse ließe sich der Autoverkehr in Kleinmachnow und Stahnsdorf
reduzieren. „Sie werden mehr Verkehr erzeugen“, so Banhart.
Trotz der Skepsis fand letzlich Klocksins kompletter Antrag unter den 24
Gemeindevertretern bei nur drei Gegenstimmen eine deutliche Mehrheit. Peter Könnicke