Potsdamer Neueste Nachrichten 18.08.05
Böser Regen
Warum die Grünen in Kleinmachnow Wahlwerbung mit Nina Hille machen, die im
Streit die Partei verließ
Kleinmachnow - Wähler wollen klare Botschaften. Leicht verständlich, ohne
Hintersinn, mit wenig Deutungspotential. „Cornelia Behm. Grün und geradeaus“,
steht auf dem Plakat, womit die Bundespolitikerin aus Kleinmachnow auch in
ihrem Heimatort präsent ist. Da gibt es nicht viel zu interpretieren: Behm ist
grün und will wieder geradeaus in den Bundestag.
Mit einem anderen Plakat bereiten die Kleinmachnower Bündnisgrünen der
Wählerschaft allerdings einiges Kopfzerbrechen: „Chancen ergreifen“ ist die
noch unmissverständliche Ansage. Doch der Namenszug „Nina Hille“ und das Bild der
bekannten Ortspolitikerin, wie sie Sonnenblumen in die Luft wirft, ist weder
politisch korrekt noch verständlich. Das Sonnenblumengeschmeiße gleicht einer
Werbung für Urlaub auf dem Bauernhof, lässt bei gutem Willen aber auch den
Öko-Aspekt der Grünen erahnen. Doch die Personalie gibt Rätsel auf: Nina Hille
hat vor Monaten ihr grünes Parteibuch hingeworfen. Sie ist im heftigen Streit
geschieden, nachdem es zwischen ihr als Grünen-Fraktionschefin in der
Gemeindevertretung und dem Vorstand des Ortsverbandes zu Zerwürfnissen kam. Das
Plakat indes erinnert an harmonische Zeiten, in denen Nina Hille als
Spitzenkandidatin der Kleinmachnower Grünen in den Kommunalwahlkampf zog und
eines von drei Mandaten eroberte. Inzwischen aber sitzt sie in der SPD-Fraktion
des Ortsparlaments.
Schon lästert man, die Botschaft
„Chancen ergreifen“ sei als Aufforderung zum Wechsel zu verstehen. Doch von wo
wohin? Von Grün nach Rot. Von Rot-Grün zu Schwarz-gelb?
Die unfreiwillige Werbeträgerin ist selbst verblüfft. „Das ist ulkig“, meint
Nina Hille über ihre vermeintliche Reanimation als grüne Wahlkämpferin. „Zeigt
das etwa eine gewisse Vergesslichkeit?“, fragt sie sich über die Motivation
ihrer einstigen Parteifreunde, das alte Plakat wieder aufzuhängen. Immerhin
hatte ihr während ihrer Wechselperiode der Ortsvorstand der Grünen mit einer
einstweiligen Verfügung gedroht, sollte sie weiter als Fraktionschefin der
Bündnisgrünen Politik machen. Schon vor einigen Tagen hat Hille den
Grünen-Ortschef über den Plakat-Irrtum informiert und gebeten, wieder die
tatsächlichen politischen Verhältnisse herzustellen.
Und während sie sich fragt, ob man sie lächerlich machen wolle, ob sie nicht
Rechte am eigenen Bild hat und sie gegen den vermeintlichen Missbrauch vorgehen
soll, klärt Kleinmachnows Grünen-Sprecher Michael Martens auf. Es war eine
höhere Macht, die zur Verkündung der falschen Botschaft führte. Durch den
vielen Regen der letzten Tage habe sich das aktuelle Wahlplakat, das auf den
wiederverwertbaren Werbeträger mit dem alten Sonnenblumenmotiv geklebt war,
gelöst, so dass die Vergangenheit zum Vorschein kam. Nur so sei die überholte
Botschaft zu erklären, stellte Martens klar. „Es wäre doch absurd, würden wir
mit Frau Hille in den Wahlkampf ziehen.“
Nun dürfte die Botschaft klar sein: Mit einem halbherzigen Tapetenwechsel
bleibt alles beim Alten. Peter Könnicke