Potsdamer Neueste Nachrichten 12.07.05

Mit der Tram nach Berlin Mitte

Die Lokale Agenda 21 Berlin hält eine Straßenbahn Potsdam-Teltow für möglich, die über Kleinmachnow auch auf das Berliner S-Bahnnetz abzweigt

Region Teltow/Berlin - Wie weiter mit dem Nahverkehrsnetz in der Region Teltow? Über die Stahnsdorfer Zukunftskonferenz hat das Thema mittlerweile auch Eingang in die Arbeit der Lokalen Agenda Berlin gefunden: Stammbahn, Ringschluss, Straßenbahn nach Potsdam – über die Ausgestaltung gibt es allerdings noch unterschiedliche Ansichten.

Bert von Heydebreck von der Stahnsdorfer AG „Verkehrskonzepte“ hatte die Berliner Agendagruppe bei einer Verkehrstagung auf das Thema aufmerksam gemacht. Gestern nun lud man die Presse ins Rathaus Schöneberg, um über den Stand der Dinge zu berichten. Dabei ging es auch um eine bisher weithin unbekannte Variante: einen Abzweig von einer Straßenbahnlinie zwischen Potsdam und Teltow, der zunächst auf der Friedhofsbahntrasse, dann entlang der Autobahn schließlich zur heutigen S-Bahnlinie 1 führen würde.

Nach Ansicht von Erhard Schröter, Mitglied der Berliner Lokalen Agenda und dem Fahrgastverband „Pro Bahn“, könnte diese Stadtbahn – wie er sie nannte – dann mit wenigen Stopps weiter ins Berliner Zentrum fahren. Das wäre mit den jetzigen Straßenbahnzügen der Potsdamer ViP zwar nicht möglich. Bei der neuen Flotte müssten dann dementsprechend schnellere Wagen gekauft werden, die von dem mit Gleichstrom betriebenen Straßenbahnnetz auf das DB-Netz wechseln können, das mit Wechselstrom läuft: „Das wäre entsprechend teuer und man müsste sich überlegen, ob es zu finanzieren ist“, so Erhard Schröter, der früher selber für die Bahn gearbeitet hat. Sein Fazit: Der Ausbau der Straßenbahn sollte in zwei Stufen erfolgen, zunächst nach Teltow, dann der Anschluss über die Stammbahntrasse in Richtung S1.

Was die anderen Schienenprojekte betrifft, die derzeit in der Region diskutiert werden, zeigte sich Bert von Heydebreck dagegen skeptisch. Zum einen hält er den Eingriff in die Landschaft für zu groß und im gleichen Zug auch die Kosten. Weiterhin glaubt er nicht, dass das Bevölkerungspotenzial ausreiche, als dass sich eine Verlängerung der S-Bahn von Teltow über Stahnsdorf nach Wannsee aus wirtschaftlicher Sicht lohnen würde. Das sei bei der Straßenbahn anders. Außerdem wäre sie bei einem Verlauf mitten durch Stahnsdorf für sehr viel mehr Menschen zu Fuß zu erreichen: „Wir denken vor allem auch an Kinder, Behinderte und alte Menschen.“ An Letztere schon wegen des demographischen Wandels.

Trotz Bedenken hält Schröter die Straßenbahn für das „ideale Verkehrsmittel“. Um zu funktionieren, müsse sie aber an S- und Regionalbahnen angeschlossen sein. Insofern plädiert er für den Wiederaufbau der Stammbahn. Das sei schon deshalb notwendig, weil der Bund sonst Millionen für das Einführungsbauwerk am Gleisdreieck zurückfordern werde, das mit Blick auf die Stammbahn gebaut wurde. Weiterhin sprach er sich entschieden für den S-Bahn-Ringschluss aus. Sein Credo: Mit zusätzlichen Umsteigeangeboten kommen auch mehr Fahrgäste. Über eine Reihenfolge entscheide die politische Machbarkeit.

Dass sich etwas tun muss, darin war man sich aber einig. Schlimm nannte es Schröter, dass sich in Sachen Schienenverkehr im Gebiet des früheren Amerikanischen Sektors nach dem Mauerfall so wenig getan habe. Im Gegensatz zu andern Randregionen von Berlin sei der Südwesten „so eingeschlossen, als stünde die Mauer noch“.