Potsdamer Neueste Nachrichten 09.07.05
Do-it-yourself-Politiker
Horst Hilzbrich aus Kleinmachnow ist kein Polit-Profi und steckt auf einmal
mitten im Wahlkampf: als Kreisvorsitzender der WASG
Von Volker Eckert
Kleinmachnow - Horst Hilzbrich hat sich seine kleine Wahlkampfausrüstung bei
Conrad-Elektronik bestellt: erstmal eine Schriftanzeige und ein Megaphon. „Ich
stelle mir das so vor, ich setze mich ins Auto und klappere die Gemeinden ab“,
sagt er. Das habe er allerdings noch nicht abgestimmt, schiebt der Ruheständler
hinterher. Abgestimmt mit dem neuen Kreisverband der Wahlalternative Soziale
Gerechtigkeit (WASG) in Potsdam-Mittelmark. Hilzbrich ist Sprecher und zugleich
Vorsitzender.
Ob er vielleicht bald nicht mehr auf
seiner selbst gebauten Terrasse in Kleinmachnow sitzt, umringt von Spechten und
Drosseln, sondern im Bundestag? Der 64-jährige Ruheständler winkt ab: Das sei
sicher kein Thema. An die 30 Prozent, die das linke Bündnis laut Umfragen im
Osten bekommen könnte, will er nicht so recht glauben.
15 bis 20 Mitglieder hat die Wahlalternative bisher in Potsdam-Mittelmark, aber
laut Hilzbrich werden es fast täglich mehr. Viel Geld für den Wahlkampf ist
nicht da, weil über die Beiträge – auch anderswo – nicht viel reinkommt:
Arbeitslose zahlen den Mindestsatz. Hilzbrich weiß, dass die WASG es im Westen
leichter hat, weil dort viele der Sympathisanten nicht schon in der PDS sind.
Aber er habe auch viele gesprochen, die jetzt erst wieder politisch aktiv
werden. Die würden in die WASG eintreten.
Hilzbrich ist selber kein Betroffener der Politik, gegen die sich seine Partei
gegründet hat. Er studierte in den 60ern Bauwesen in Leipzig und arbeitete
danach im BMK Ost in Potsdam als Bauleiter. Auch die Wende überstand er,
wechselte zu einer Branchengröße nach Berlin. Vor fünf Jahren baute er mit
seiner Frau im Norden von Kleinmachnow – ein kleines Haus mit Backsteinfassade
inmitten von Bäumen.
Das mit der Politik begann langsam. „Eine Zumutung“ findet Horst Hilzbrich, was
die Regierung in den vergangenen Jahren produziert hat. Wenn man erst die
Steuern kürze und damit im Wesentlichen den Vermögenden „das Geld in die
Taschen stopft“ dürfe man sich nicht wundern, wenn hinterher nichts mehr für
das Gemeinwesen da sei. Hilzbrich ist der festen Überzeugung, dass die Leute
von der Politik belogen werden: „Ich kann das mit Zahlen belegen.“
Auch den Irakkrieg hat er George Bush bis heute nicht verziehen. Hilzbrich ging
zu Demonstrationen, organisierte in Potsdam die – „bescheidenen“, wie er sagt –
Demonstrationen gegen Hartz IV mit. Als die Wahlalternative ins Leben gerufen
wurde, hat er sich sofort angemeldet: „Darauf habe ich gewartet.“
Hilzbrich wählt seine Sätze mit Bedacht, manchmal überlegt er ein paar
Sekunden, bevor ihm das passende Wort einfällt. Gegenüber den Medien ist er
misstrauisch, besonders nach einem RBB-Beitrag, wo der WASG Machtgeilheit
vorgeworfen worden sei. Politisch engagiert hatte er sich zuletzt zu
DDR-Zeiten: in der Potsdamer Stadtverordnetenversammlung oder gewerkschaftlich.
Auch Schöffe war er einmal. 1958 ist er nach dem Abitur CDU-Mitglied geworden.
Nach der Wende ist er dann ausgetreten, „nachdem ich langsam gemerkt habe, wo
ich hingeraten bin.“
In die PDS einzutreten, mit dem Gedanken hat er aber nie gespielt, er sei
schließlich sozial orientierter Christ. Trotzdem hat er jetzt nichts gegen das
Bündnis mit der Ostpartei, gemeinsam glaubt er an einen Einzug in den
Bundestag. Es gehe aber nicht um Macht, sondern darum, in die Phalanx des
„neoliberalen Parteienquintetts“ einzubrechen, „dem Volk wieder eine Stimme zu
geben“.
Bis dahin stehen ihm nun zwei anstrengende Monate bevor, die heiße Phase des
Wahlkampfs komme ja erst noch. Er hat sich schon ein WASG-T-Shirt besorgt.