Potsdamer Neueste Nachrichten 24.06.05

Man sieht die Bahn vor Schienen nicht

Ringbahn oder Stammbahn? Die Teltower Stadtverordneten kamen zu einer Meinung, aber keinem Schluss

Teltow - Teltows Stadtverordnete sind sich einig: Eine Weiterführung der S-Bahn von Teltow über Stahnsdorf nach Wannsee (Ringschluss) würde der Region den größten Nutzen bringen. Trotzdem lehnten sie in der Stadtverordneten-Sitzung am Mittwoch mehrheitlich einen Vorschlag der Fraktion CDU/Bündnisgrüne ab, der für den Weiterbau der S-Bahn plädiert und als gemeinsamer Antrag aller drei Kommunen an die Landesregierung gerichtet werden sollte.

Bürgermeister Thomas Schmidt (SPD) gab zu bedenken, dass ein solches Papier einem Handlungsauftrag gleiche, aus dem sich ableiten lasse: „Wer bestellt, muss auch zahlen.“ Außerdem habe bereits der Landtag die Fachbereiche im Ministerium beauftragt, mehrere Varianten des schienengebundenen Nahverkehrs zu prüfen. Das sind der S-Bahn-Ringschluss mit der ehemaligen Friedhofsbahn, die einst nach Wannsee fuhr. Weiterhin zähle dazu die Reaktivierung der Stammbahn und eine Straßenbahnanbindung.

Schmidt verwies auch auf die jüngste Runde der Kommunalen Arbeitsgruppe Der Teltow (KAT), die sich intensiv mit dem Thema befasste. Doch das Ergebnis dieser KAT-Sitzung wird unterschiedlich wahrgenommen. Während FDP-Fraktionschef Hans-Peter Goetz glaubt, dass eine Mehrheit den S-Bahnringschluss befürwortete und die Stammbahn weit weniger favorisiert wurde, sieht Parlamentschef Rolf-Dieter Bornschein (SPD) beide Varianten gleichauf liegen. Gerade die Stammbahn halten Teltows Christdemokraten jedoch für wenig sinnvoll. Bei der ersten preußischen Eisenbahnverbindung zwischen Potsdam und Berlin sei mehr Nostalgie im Blick, als Kosten und Nutzen. Verkehrstechnisch effektiver und preiswerter sei der Weiterbau der S-Bahn, auch weil dafür Gleistrassen freigehalten wurden. Doch diese Alternative könnte auf Eis gelegt werden, argwöhnt die CDU-Fraktion, da einige Mitglieder der Landesregierung sich bereits zur Stammbahn bekannt hätten und das Projekt unterstützen wollen. Ulrich Langner (CDU) warnte deshalb: „Findet die Stammbahn mehr Befürworter, ist die Chance vertan, dass wir irgendwann mal mit der S-Bahn weiterkommen.“ Zudem sei die Einführung der Stammbahn als Verkehrsmittel erheblich teurer als die S-Bahn, die auch deshalb die günstigere Lösung darstelle. Dass sich die Deutsche Bahn zwei Projekte leisten könne, hält Langner für ausgeschlossen. Doch sein Appell fand wenig Zustimmung. Vorerst wollen die Stadtverordneten die Ergebnisse der Landesregierung bei der Prüfung aller Möglichkeiten abwarten und sie gemeinsam in der KAT beraten. So plädierte etwa PDS-Fraktionschefin Petra Nicksch-Kasdorf für ein abgestimmtes Vorgehen der drei Kommunen. Dem pflichtete auch Carola Fanter (BIT) bei, die bei einem Teltower Vorstoß befürchtet: „Dann könnte uns der Schwarze Peter zufallen.“

Die Stadtverordneten hoffen vor allem, dass die Landesprüfung die gewachsenen Strukturen berücksichtigt. Diese seien ein wirtschaftlicher Vorzug gegenüber neuen Strecken, da sie von den Urvätern geplant wurden und deshalb bereits als Trassenflächen gewidmet sind. Bürgermeister Schmidt ist überzeugt: „Die Stammbahn ist nicht der Weisheit letzter Schluss.“ Kirsten Graulich