Potsdamer Neueste Nachrichten 15.06.05

Großer Bahnhof

Eine Region will aufs Gleis – nur auf welches: Stammbahn, S-Bahn, Friedhofsbahn oder Straßenbahn?

Teltow - In der Region Teltow ist eine heftige Debatte entfacht, auf welchem Weg es künftig am besten nach Berlin gehen soll. Die drei Bürgermeister aus Stahnsdorf, Kleinmachnow und Teltow beschwören eine komplexe Betrachtung aller Möglichkeiten, doch wurde die Lunte an verschiedenen Enden gezündet.

So machte sich der Landtag in der Vorwoche für den Wiederaufbau der Stammbahn stark. Zur gleichen Stunde vollzog in Stahnsdorf die Kommunale Arbeitsgruppe „Der Teltow“ einen deklaratorischen Akt zur S-Bahn. In Teltow hebt die CDU die Reanimation der Friedhofsbahn aufs Trapez. Und die Stahnsdorfer AG „Verkehrskonzepte“ kämpft tapfer für eine Straßenbahn.

Nahezu einig ist man sich, in welche Richtung es gehen soll: „Die Verkehrsströme fließen nach Berlin“, konstatiert der Kleinmachnower PDS-Gemeindevertreter Wolfgang Kreemke. Doch während das märkische Landesparlament Platzecks Regierung ins Auftragsbuch schrieb, den Wiederaufbau der Stammbahn von Potsdam über Dreilinden nach Berlin zu prüfen, wurden zeitgleich in der Stahnsdorfer KAT-Runde andere Pflöcke eingeschlagen. „Für Stahnsdorf hat die S-Bahnverlängerung Priorität“, warb dort Bürgermeister Gerhard Enser die versammelte Kommunalpolitik vom Teltowkanal um eine Willenserklärung. „Wir brauchen in der Region endlich eine klare Position“, animierte auch Stahnsdorfs CDU-Chef Peter Weiß für ein S-Bahn-Bekenntnis. Schließlich befand Teltows SPD-Fraktionschef Berndt Längrich: „Wir sollten uns ein Ziel geben.“ Derart geeint sprach sich die KAT mit breiter Mehrheit dafür aus, dass sich mittelfristig die Verlängerung der S-Bahn von Teltow ins Stahnsdorfer Gewerbegebiet verwirklicht werden soll.

Einzig der Stahnsdorfer Bündnisgrüne Gunnar Schilling war dagegen. „Wir brauchen einen Prüfauftrag für die beste Variante“, so sein Veto, um zugleich zu plädieren: „Auch die Straßenbahn ist gewissenhaft und genau zu prüfen“. Erst kurz zuvor hatten die drei Bürgermeister aus Stahnsdorf, Teltow und Kleinmachnow der Idee einer Regiotram von Potsdam nach Teltow eine deftige Absage erteilt: Absurd, unselig und von geringer Wirkung sei eine Straßenbahn im Vergleich zu einem S-Bahnringschluss. In ihrer Gegenüberstellung kommt die AG „Verkehrskonzepte“, in der auch Schilling mitwirkt, zu einem anderen Fazit. Während für einen S-Bahnringschluss von Teltow über Stahnsdorf nach Wannsee Landschaftsschutzgebiete zerstört, der innerörtliche Autoverkehr nicht gemindert würden, ein gesundes Kosten-Nutzen-Verhältnis nicht gegeben sei, rechne sich eine Straßenbahn ganz anders. Mit 50 Millionen Euro seien die Kosten vertretbar, durch die parallel zur L76 geführten Trasse würden Verkehrswege gebündelt, der Landverbrauch sei gering, Brückenbauwerke seien nicht notwendig, Haltestellen wären dort, wo die Menschen auch wohnen. „An diesen Fakten kann auch das lachhafte Herumtrampeln der drei Bürgermeister nichts ändern“, so AG-Sprecher Bert von Heydebreck.

In Teltow hat indes nicht nur Bürgermeister Thomas Schmidt seine Ablehnung gegen die Straßenbahn-Idee bekundet: Das gesamte Stadtparlament ist dagegen. Doch nun erreicht Teltows Hohes Haus in Sachen Schienenverkehr ein neuer Antrag. Für die Sitzung am kommenden Mittwoch bereitet die Fraktion der CDU/Bündnisgrüne einen Antrag vor, der noch über die Einlassung der KAT hinausgeht: Teltows Bürgermeister soll beauftragt werden, sich mit seinen beiden Amtskollegen bei der Landesregierung dafür stark zu machen, dass der S-Bahnringschluss mit dem Wiederaufbau der Friedhofsbahn geplant und hergestellt wird. „Es sollten ernst zu nehmende Aktivitäten entwickelt werden, damit die Zukunft dieser Region verkehrspolitisch im Sinne des ÖPNV gesichert wird“, meintTeltows CDU-Fraktionschef Florian Lewens.

Bei all den Aktivitäten, die Region aufs Gleis zu heben, hat letztere eine besondere Note. Die Evangelische Landeskirche verlangt von der Deutschen Bahn AG die Wiedereinrichtung der Friedhofsbahn. Rechtsbeistand der Kirche: Florian Lewens, für den es strategisch nicht von Nachteil wäre, wenn die Klage der Kirche politischen Rückhalt erfährt. Der kommt prompt – mehr noch, es gibt Bemühungen, die vielen Fäden zu einem Strang zu knüpfen: Auf ihrem Parteitag am Montag beschloss die mittelmärkische SPD, dass die Landesregierung neben der Stamm- auch die Friedhofsbahn auf die Agenda setzen soll.