Der sonntägliche Ortstermin begann mit Sonne. Dann zogen
dunkle Wolken auf. Und am Ende standen alle im Regen
Von Peter Könnicke
Kleinmachnow - Das Wetter an diesem Sonntagnachmittag ist wie die jüngere
Geschichte des Ortes: Mal Sonne, mal Regen. Kaum tut sich etwas Licht über dem
Kleinmachnower Seeberg auf, verdunkeln auch schon wieder schwarze Wolken den
Horizont. Zuletzt war es die Idee eines Campus, der die Sinne all jener
erheiterte, die sich Gedanken um die Zukunft des grünen Plateaus am Machnower
See machen. Dass nun die Internationale Schule einen Teil dieses Campus
einzäunen will, trübt die Stimmung. Deshalb hat die Allianz „pro Seeberg“ am
Sonntag zum Ortstermin gerufen: An den markanten Stellen wollte ihr Sprecher
Mathias Schmitt-Gallasch zeigen, warum noch immer nicht eitel Sonnenschein
herrscht.
Da ist zum einen ein mit „WA2“
gekennzeichneter Abschnitt. Dabei handelt sich um ein am Fuße des Seebergs
gelegenes Waldstück, 13000 Quadratmeter groß und auf der aktuellen
Planungsskizze als „Bildungsnahes Wohnen“ überschrieben. Was das konkret
bedeutet, weiß keiner so genau. „Sinnlos“, nennt WIR-Gemeindevertreter John
Banhart den Titel. „Hundertprozentig ist das noch nicht definiert“, räumt
Herbert Franke, Chef des parlamentarischen Bauausschusses ein. Man spricht von
Wohnungen für Schulpersonal, doch so sicher ist man sich im „Baudorado“
Kleinmachnow nicht, ob letzten Endes nicht doch für ganz profanen Wohnungsbau
Bäume fallen sollen. „Ich wohne unweit der Eigenherd-Schule – das ist auch
bildungsnah“, illustriert der Elternsprecher der Eigenherd-Schule die
Schwammigkeit des Begriffs.
Überhaupt ist die Option, hier zu bauen, „ein arger Kompromiss“, wie
Gemeindevertreter Hubert Faensen von der UBK/WIR-Fraktion betont. Lange war die
Bebauung des Seeberges, der letzten grüne Oase der Gemeinde, tabu. Die Idee,
mit der Berlin Brandenburg International School (BBIS), der Walddorf-Schule-
und Kita sowie einer kommunalen Grundschule hier einen Bildungscampus zu
verwirklichen, ist schön aber teuer. Da die Telekom AG als Eigentümerin des
Seeberges mehr Geld verlangt, als BBIS und Waldörfer bezahlen können, würde die
Gemeinde selbst tief ins Portmonee greifen, ein Stück Wald zu Bauland erklären,
dieses dann zu Baulandpreisen von der Telekom kaufen und dort auf eigenes
Risiko Wohnhäuser bauen. Bei „WIR in Kleinmachnow“ will sich John Banhart gar
nicht ausdenken, was passiert, wenn das Geld knapp wird oder die Vermarktung
nicht läuft. „Wird man dann aus jedem Quadratmeter das Maximum herauspressen
und die Vorsätze vergessen, nur hochwertige Bebauung auf großen Grundstücken
zuzulassen?“ Kleinmachnows Volksvertreter werden am Donnerstag, wenn im
Ortsparlament über die Aufstellung eines B-Planes diskutiert wird, auch darüber
streiten, ob sie ein Maß der Bebauung festlegen sollen. „Wenn gebaut wird, dann
hochwertig“, fordert Faensen.
Der zweiten Haltepunkt der Sonntagswanderer befand sich unmittelbar an der
Stelle, wo die Internationale Schule der Idee eines Campus, wie ihn sich
Faensen vorstellt, einen Riegel vorschieben will. „Denn Campus“, so reflektiert
Faensen den Sinn des Wortes, „bedeutet freies Feld.“ Die BBIS jedoch will ihr
Schulgelände einzäunen. „Das verlangt der Sicherheitsstandard für internationale
Schulen“, begründet Burkhard Dolata. Der BBIS-Manager bedauert, dass offenbar
nicht schon bei Ankunft der Schule vor vier Jahren klar war, dass sie
irgendwann einen kontrollierten Zugang benötigen wird. Blöderweise will die
BBIS den Zaun quer über die Straße setzen, die über den Seeberg führt. Nach
NS-Vergangenheit und DDR-Zeit, in denen der Seeberg öffentlich unzugänglich
war, kommt es für den SPD-Politiker Jens Klocksin nicht in Frage, die
Kleinmachnower wieder nur über einen Zaun gucken zu lassen. „Ich verstehe die
harte Haltung nicht“, beklagt er die Kompromisslosigkeit der BBIS. Nach Jahren
des Streits ist die Kommune bereit, den Campus-Gedanken in einem Bebauungsplan
festzuschreiben. Mehr noch: Sie will selbst finanzielle Risiken übernehmen, ihre
Bebauungsblockade lockern und Waldorf- sowie Internationaler Schule erlauben,
im Landschaftsschutzgebiet zu bauen. „All dies ist zu rechtfertigen, setzt aber
Entgegenkommen der BBIS bei der Zaun-Frage voraus“, befindet Klocksin.
CDU-Fraktionschef Ludwig Burkardt sieht das etwas anders. Er sieht die Kommune
ziemlich weit gekommen im fast zehnjährigen Streit um den Seeberg, für den sie
zwar die Planungshoheit hat, der ihr aber nicht gehört. Von einem gigantischen
Telekom-Servicecenter mit 2500 Beschäftigten sowie über völlig unakzeptable
Architekturentwürfe habe die Gemeinde alle Begehrlichkeiten auf den nun
favorisierten Campus reduziert. Diesen nun aufs Spiel zu setzen, weil man sich
mit einem Zaun schwer tut, will Burkardt nicht einleuchten. „Für wen soll der
Seeberg an dieser Stelle denn eigentlich offen bleiben?“, fragte er sich
vorgestern angesichts der einsamen Wandergruppe, die an diesem
Sonntagnachmittag nahezu allein war auf dem Seeberg.
Beinahe scheint es so, als würde für einige der Farbtupfer, der mit der
Internationalen Schule auf der Kleinmachnower Visitenkarte erscheint, etwas
verwaschen sein. „Wenn die BBIS von Beginn an gesagt hätte, dass sie die Straße
über den Seeberg sperren will, hätte es nie ein Akzeptanz für ihre Ansiedlung
gegeben“, wagt Sozialdemokrat Klocksin zu behaupten. „Warum soll die Gemeinde
für eine private Schule Zugeständnisse machen, während sie ihre eigenen Schulen
reglementiert?“, fragt WIR-Vertreter Banhart.
Die Antwort müssen die Kleinmachnower Volksvertreter wohl selbst geben. Denn
auch BBIS-Manager fragt mehr denn je, „ob hier die Chance besteht, das Konzept
einer Internationalen Schule zu verwirklichen. Vielleicht gibt es ja am
Donnerstag ein reinigendes Gewitter.